«Auf das Bauchgefühl hören»

«Auf das Bauchgefühl hören»
In Grosshöchstetten sorgt die Berner-Hunde-Security GmbH für Ruhe und Ordnung. Dank regelmässigen Patrouillen kann das Entstehen von unerwünschten Treffpunkten verhindert werden.

«Dodge» stellt die Ohren. Einen Moment verharrt der Hund und signalisiert so seinem Hundeführer, dass sich jemand hinter dem Gebäude befindet. Schon biegen zwei Jugendliche um die Hausecke und grüssen freundlich. «Mein Hund ist mein Frühwarnsystem – er hört oder sieht eine Person im Dunkeln, lange bevor ich sie wahrnehmen kann», beschreibt Manfred Nafzger die Reaktion seines Hundes. Der 53-Jährige ist der Inhaber der 2005 gegründeten Berner-Hunde-Security-GmbH und macht regelmässig seinen Rundgang durch die Gemeinde Grosshöchstetten. Im Auftrag der Gemeinde kontrolliert er Schulhausanlagen, Sportplätze und nach Absprache der BLS auch das Bahnhofareal. «Vor einiger Zeit hat sich das Schulhaus Rosig in den Abendstunden zu einem Treffpunkt entwickelt. Die Gemeinde erhielt immer wieder Rückmeldungen wegen Lärmbelästigungen. Seit wir das Gelände regelmässig kontrollieren, hat sich die Situation verbessert.» Auch der Bahnhof sei eine Art «Hotspot» gewesen. Es sei zu Vandalismus und Geleis-überquerungen durch Jugendlichen gekommen. Durch die regelmässige Berondung des Sicherheitsdienstes würden sich weniger Jugendliche vor Ort aufhalten, erklärt Nafzger, welcher die Diensthunde der damaligen Stadtpolizei Bern ausgebildet hat.



Auch die Jugendlichen schützen

Auf dem Sportplatz spielt eine Gruppe Jugendlicher Fussball. Sie rufen sich zu und feuern sich gegenseitig lautstark an. Manfred Nafzger führt den siebenjährigen «Doge» an kurzer der Leine dem Zaun entlang und grüsst die Sportler. Es sei wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen sich auch irgendwo aufhalten dürfen und nicht überall weggewiesen würden, ist Nafzger überzeugt. «Solange sie das Benützungsreglement einhalten, dürfen sie hier spielen. Wir möchten auch die Jugendlichen schützen und ihnen zu ihrem Recht verhelfen.» Besteht aber ein richterliches Verbot, dass den Aufenthalt ab 22.30 Uhr untersagt, kommen die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma zum Einsatz. Sie geben sich den Anwesenden als Sicherheitsfirma zu erkennen und stellen sich mit Namen vor. Zudem teilen sie mit, in wessen Auftrag sie arbeiten und weisen auf das Reglement hin. «Werden vom Auftraggeber die Personalien der Personen vor Ort gewünscht, informieren wir die Anwesenden darüber und bieten die Möglichkeit, sich uns gegenüber auszuweisen. Viele zeigen ihren Ausweis lieber uns als der Polizei, welche wir bei einer Verweigerung aufbieten», hat Nafzger die Erfahrung gemacht. Die Mitarbeitenden der Berner-Hunde-Security GmbH hätten nicht mehr Rechte als jeder Bürger. Wichtig sei, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Rechtslage kennten und wüssten, ab wann die Polizei eingeschaltet werden müsse. «Entscheidend ist, dass der Auftrag klar ist und man im Voraus weiss, welche Taktik man anwenden will. Nur so kann der Einsatz entsprechend geplant werden», weiss Manfred Nafzger. Hierzu werden die rund 50 Mitarbeitenden mit ihren Hunden regelmässig aus- und weitergebildet.



Eigenschutz hat Priorität

Nach jeder Patrouille wird ein Rapport erstellt, welcher der Auftraggeberin und der Kantonspolizei Bern zugestellt wird. «Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen. Wenn wir im Auftrag der Gemeinde ein zusätzliches Areal oder Gebäude zu kontrollieren, dann melden wir dies jeweils der Polizei», erklärt Nafzger. Wenn einer seiner Mitarbeiter Unterstützung bei einem Vorfall brauche, verfüge die Polizei bereits über die nötigen Informationen. Auch weiss der Geschäftsinhaber zu jeder Zeit, wo welcher Mitarbeiter im Einsatz steht. Wird Unterstützung oder Hilfe bei einem Einsatz benötigt, kann eine Kollegin oder ein Kollege in der Nähe dazu gerufen werden. Trotz aller Ausbildung, Planung und Absicherung kann ein Sicherheitsmitarbeiter in eine unangenehme oder gefährliche Situation geraten. «In der Aus- und Weiterbildung legen wir Wert darauf, dass sich die Hundeführerin und die Hundeführer bewusst sind, wie sie wirken möchten und wie ihr Auftritt beim Gegenüber ankommt. Strahlen sie Sicherheit aus oder nicht? Das Auftreten ist ein tragender Faktor», beschreibt Manfred Nafzger. Entscheiden sei auch, dass die Situation richtig eingeschätzt werde: Soll ich eingreifen? Oder ist in einem bestimmten Fall ein Rückzug der richtige Entscheid? «Sicherheitsdienst betreiben, bedeutet auf das Bauchgefühl zu hören. Eigenschutz hat absolute Priorität.»



Gewaltbereitschaft ist grösser

Manfred Nafzger trifft eine offenstehende Türe bei der Turnhalle an und bleibt stehen. Sofort legt sich der im Einsatz stehende «Dodge» hin und wartet. «Mein Hund hat einen ruhigen Charakter, aber wenn es darauf ankommt, ist er sofort einsatzbereit», beschreibt er den Malinois. Aus dem Gebäude tritt ein Mann und Manfred Nafzger spricht ihn an. «Darf ich Sie bitten, die Türe zu abzuschliessen, bevor Sie gehen?» Der Mann nickt und schwenkt den Schlüssel. «Wenn ich unsicher bin, ob jemand wirklich abgeschlossen hat oder der Platz tatsächlich geräumt wurde, dann gehe ich zu einem späteren Zeitpunkt nochmals einen Augenschein nehmen», verrät er. Grundsätzlich sei es nicht so, dass heutzutage mehr passiere als früher, «aber die Bereitschaft zur Gewalt und Brutalität sei um einiges höher». Der Rundgang in Grosshöchstetten ist für heute Abend beendet. «Dodge» springt in das Auto und streckt die Pfoten.



Den Kurzfilm zum Rundgang mit Manfred Nafzger und seinem Hund «Dodge» gibts auf www.wochen-zeitung.ch/WZ-TV

Mehr Sicherheit, aber ohne mehr Polizeipräsenz
Die Gemeinde Grosshöchstetten hat 2009 die Berner-Hunde-Security GmbH beauftragt, im Dorf regelmässige Patrouillen durchzuführen. «Es gab einige sogenannte ‹Hotspots› im Dorf, welche zu Unruhe und Reklamationen aus der Bevölkerung geführt haben. Wir wollten diese Situationen mit einem professionellen, aber niederschwelligen Angebot in den Griff bekommen», sagt Gemeindepräsidentin Christine Hofer. Mit den Rundgängen soll das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöht werden, ohne aber auf vermehrte Polizeipräsenz zu setzen. «Die Reaktionen aus der Bevölkerung sind positiv. Insbesondere Eltern, die ihre Kinder spät abends vom Bahnhof abholen, schätzen die regelmässige Präsenz des Sicherheitsdienst sehr.» 

Hinweisen rasch nachgehen Die Zusammenarbeit und der Austausch mit Hauswarten, Wegmeistern der Gemeinde sowie politischen Vertretern der Gemeinde sind wichtigee Faktoren, um rasch auf Situationen reagieren zu können. «Wenn wir den Hinweis erhalten, dass sich an einer bestimmten Stelle vermehrt Personen ausserhalb der gestatteten Zeiten aufhalten, leiten wir das der Berner-Hunde-Security GmbH weiter. Die Mitarbeitenden reagieren rasch und kontrollieren diesen Ort auf ihrem nächsten Rundgang», gibt Christine Hofer Auskunft. Die Bevölkerung sehe so, dass ihre Anliegen ernst genommen und umgesetzt werden. Aufgrund der Erfolge und der guten Akzeptanz in der Gemeinde habe sich der Gemeinderat entschieden, die Zusammenarbeit mit der Berner-Hunde-Security GmbH zu verlängern. Aktuell werden in Grosshöchstetten unter anderem der Rosig Schulhausplatz, die Primar- und Sekundarschule, der Jugendtreff und das Schwimmbad kontrolliert; in Schlosswil der Schloss-Bereich und die Brätli-Stelle. 

05.07.2018 :: Veruschka Jonutis (vjo)