Dene wos guet geit, giengs besser…

Mein Königspudel Kibo und ich waren nun längere Zeit in Nordafrika unterwegs. Mit unserem kleinen VW Caddy reisten wir durch die Wüstengebiete Marokkos. Unendliche Weiten und beinahe unvorstellbare Stille waren während fünf Wochen unsere Begleiter. Immer wieder wurden wir überrascht von der unwirklichen Schönheit der kargen Landschaft. Kunstvolle Felsstrukturen wechselten ab mit unerwarteten, tiefen Schluchten. Mehrfach trafen wir mitten im Nirgendwo der Sahara auf Brunnen. Meist lag ein Trinkbecher bereit, den jedermann benutzen darf. Sobald irgendwo etwas mehr Wasser vorhanden war, bereicherte das satte Grün von Palmen die goldene Farbe des Sandes, das Schwarz der Felsen und das unwirkliche Blau des Himmels. Selbstverständlich blieben wir zwei nicht unbemerkt: Eine blonde Frau, allein mit einem grossen Hund unterwegs, erregte Interesse. Immer war das Interesse freundlich und offen. Menschen, die sonst Angst vor Hunden haben, fragten scheu, ob Kibo denn nicht beisse und ob sie ihn streicheln dürften. Was mir an ihrem Land gefalle, wollte man wissen. Man bot mir Hilfe an, wenn ich sie benötigte, schenkte mir auch mal einfach so einen Apfel oder lud mich zum Essen in die Familie ein. Weite und Offenheit prägten meinen Reisealltag.

Dann kehrte ich nach Nador, einer Hafenstadt im Nordosten von Marokko, zurück. Von dort fuhr meine Fähre Richtung Südfrankreich. Nador ist eine lebendige Stadt mit bunten Märkten und Geschäften. Auch hier durfte ich nur positive Erfahrungen machen. So machte mir der Inhaber eines kleinen Kolonialwarenladens ein Geschenk, weil er das, was ich eigentlich suchte, nicht in seinem Sortiment hatte. Nador ist bekannt durch seine Nachbarschaft zur spanischen Enklave Mellila. Nador und Mellila würden eigentlich zu einem Ganzen verschmelzen. Wäre da nicht die gewaltige Grenzbefestigung. Die 13,4 Quadratkilometer spanischer Boden sind durch eine Grenzanlage von Marokko abgeschottet, wie ich sie zuletzt zwischen dem damaligen West- und Osteuropa erlebt habe. Was ich vorher an Offenheit und Weite erleben durfte, wird hier auf extreme Art und Weise konterkariert. Und ich fragte mich: Wollen wir wirklich so leben? Wollen wir uns wirklich mit Mauern und Stacheldraht abgrenzen? Wovor meinen wir uns abgrenzen zu müssen? Vor Menschen? Doch unsere Wirtschaft ist auf Immigranten angewiesen. Haben wir Angst davor, von unserem Reichtum abgeben zu müssen? Mani Matter schrieb seinerzeit: «Dene wos guet geit, giengs besser, giengs dene besser wos weniger guet geit.»

10.04.2025 :: Beatrice Keck (keb)