Irgendwie Weihnachten

«Du, Grosi, die Lehrerin hat gesagt, im Advent warten wir auf das Christkind», sagte Zoé beim Mittagessen. «Ja, das ist so», gab ihre Grossmutter zur Antwort, «und an Weihnachten kommt es dann zu uns.» «Gell, das Christkind ist dasselbe wie das Jesuskind, das im Stall zur Welt kam.» «Jaja, manchmal sagt man Jesuskind und manchmal Christkind, das ist das Gleiche.» «Aber», warf die Enkelin ein, «das Jesuskind ist ja schon letzte Weihnacht zur Welt gekommen!» «Weisst du», sagte die Grossmutter, «zur Welt ist es schon vor 2000 Jahren gekommen. An Weihnachten feiern wir seinen Geburtstag.» «2000 Jahre! Das ist ja schon viel älter als du!» «Ja, und es ist auch schon lange gestorben, am Karfreitag. Und an Ostern auferstanden.» «Aber warum feiern wir seinen Geburtstag, wenn es nicht mehr da ist?» «Wenn man an es glaubt, ist es halt doch noch irgendwie da. Das ist wie bei Grossvati. Wenn ich an ihn denke, spüre ich irgendwie, dass er da ist, auch wenn er gestorben ist, als du noch ganz klein warst.» «Feiern wir seinen Geburtstag auch?» «Nein, aber an seinem Geburtstag denke ich ganz fest an ihn.» «Und dann bist du immer ein bisschen traurig, gell!» Die Grossmutter legte die Brille weg und wischte eine Träne aus den Augen. «Ja, es wäre so schön, wenn er noch da wäre. Aber ich habe ja dich und Mami und Papi.» «Und Grossvati ist ja auch irgendwie da, wenn du an ihn denkst. Und an Weihnachten denken wir an das Christkind, und dann ist es auch irgendwie da.» Die Grossmutter schnäuzte sich. «Ja, du hast Recht. An Weihnachten denken wir an das Christkind und denken auch ein wenig an Grossvati und feiern, dass wir alle einander noch haben.» «Und an Mimi!» «Ou ja, eure Katze, die überfahren wurde.» «Und dann feiern wir mit allen, die irgendwie und ganz bei uns sind!»

11.12.2025 :: Samuel Burger