Das Porträt von Carl Schenk im Regionalmuseum Chüechlihus in Langnau. / Bild: zvg
Signau: Vor 200 Jahren ist einer der bedeutendsten Signauer zur Welt gekommen. Johann
Carl Emanuel Schenk. Er hat sich einen Namen als Bundesrat gemacht – aber nicht nur.
Nur ein Wahlgang war nötig, als Carl Schenk 1863 zum 13. Bundesrat des noch jungen Bundesstaates gewählt wurde. 32 Jahre war er im Amt, war sechs Mal Bundespräsident, wechselte mehrere Male das Departement und starb im Jahr 1895 an den Folgen eines tragischen Unfalls. Geboren wurde Carl Schenk am 1. Dezember 1823 in Bern als eines von 14 Kindern des aus Signau stammenden Erfinders Christian Schenk. Seine Mutter verlor er als Siebenjähriger, vier Jahre später starb auch sein Vater. Den grössten Teil seiner Schulzeit verbrachte er im württembergischen Kornthal und in einer Internatsschule bei Ludwigsburg. Nach dem Schulaustritt ermöglichte ihm die Heimatgemeinde Signau den Eintritt ins Gymnasium Bern.
Grosse Verdienste als Regierungsrat
Als 19-Jähriger schloss Carl Schenk die Matura ab und studierte anschliessend an der Universität Bern Theologie. In dieser Zeit begann er, sich für Politik zu interessieren, wandte sich dem radikalen Liberalismus zu und nahm als Fahnenträger des Studentencorps am zweiten Freischarenzug teil. Nach dem Studium wirkte er als Vikar in Schüpfen und wurde später Pfarrer in Laupen und in Schüpfen. In dieser Zeit heiratete er die Lehrerin Elise Kähr, die Schwester eines Freundes aus der Studienzeit. Auf Vorschlag einer Gruppe von liberalen Mitgliedern des Grossen Rates wurde Schenk als 32-jähriger in den Berner Regierungsrat gewählt und bereits zwei Jahre später auch in den Ständerat. Als Regierungsrat übernahm er die Verantwortung für das Armenwesen, einer damals dringenden politischen Herausforderung. Missernten, der Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft und der Zusammenbruch des Handwebereigewerbes begünstigten die Armut. Die Armen wurden aus den Städten in ihre Heimatgemeinden abgeschoben, was viele ländliche Gemeinden beinahe in den Ruin trieb. Schenk schuf das erste Bernische Armengesetz und ordnete darin das Armenwesen völlig neu. Die Kosten wurden neu gemeinsam von den Wohnsitzgemeinden und dem Kanton nach einem Verteilschlüssel übernommen. Für diese Armenreform verlieh ihm die Uni Bern die Ehrendoktorwürde.
Das grösste Bauprojekt der Welt
1863 wurde Carl Schenk zum Ständeratspräsidenten gewählt und fünf Tage später – als Nachfolger von Jakob Stämpfli – in den Bundesrat. Er stand mit Ausnahme der Präsidialjahre mehrheitlich dem Departement des Innern vor, dessen Aufgabenbereich sich immer mehr erweiterte. Kurz vor der zweiten Amtszeit als Bundespräsident starb seine Ehefrau Elise. Insgesamt sechsmal amtierte Schenk als Bundespräsident. Als solcher stand er, wie damals üblich, dem Politischen Departement vor und war somit Aussenminister. Drei Jahre war er Vorsteher des Eisenbahn- und Handelsdepartementes. In diese Zeit fiel der Bau des Gotthardtunnels, dem damals grössten Bauprojekt der Welt. Carl Schenk trug wesentlich zur Realisierung dieses Projektes bei und nahm 1882 an der Eröffnungsfeier teil. Er musste aber auch Niederlagen einstecken, so scheiterte er unter anderem beim Versuch zur Vereinheitlichung von Massen und Gewichten oder zur Schaffung eidgenössischer Vorgaben im Bildungswesen.
Feier und Gedenkschrift
Auch als Bundesrat fand Carl Schenk immer wieder Zeit für seine Lieblingsbeschäftigung, das Wandern. Im Sommer 1872 zog er mit seinen Söhnen vom Genfersee über Grenoble nach Marseille. Auf dem Rückweg über Genua, Mailand und den Grimselpass lernte er die Witwe Rosette Engel kennen, die er im folgenden Jahr heiratete.
Als Carl Schenk am Morgen des 8. Juli 1895 beim Bärengraben in Bern einem taubstummen Bettler Almosen geben wollte, wurde er von einer herannahenden Kutsche überfahren. Zehn Tage später erlag er seinen Verletzungen. Schenk wurde auf dem Bremgartenfriedhof beigesetzt. Die Gotthardbahngesellschaft ehrte den Verstorbenen mit einem Grabstein aus Gotthardgranit. Das Grabmal wurde später der Heimatgemeinde Signau übergeben, sie hat ihm zu Ehren im Jahr 2022 den Bundesrat-Carl-Schenk-Platz errichtet. Morgen, am 1. Dezember, jährt sich Carl Schenks Geburtstag zum 200. Mal. Zu diesem Anlass organisiert die Gemeinde Signau um 18 Uhr einen Gedenkanlass in der Kirche. Und es erscheint eine Gedenkschrift, die Alex Fabel im Auftrag des Gemeinderates verfasst hat.