Pippo Pollina zeigte Temperament. / Bild: zvg
Walkringen: Letztes Wochenende begeisterte der sizilianische Musiker Pippo Pollina das Publikum im Rüttihubelbad mit Liedern und Geschichten aus seinem Leben.
Der Künstler aus Sizilien betritt die Bühne allein. «Nach all den Jahren hatte ich Lust, einmal allein aufzutreten», sagt er, «Solo in concerto», «Nell´attimo», im Augenblick. Trotz seiner 60 Jahre wirkt er jugendlich mit seinen halblangen, dunklen Haaren. Er versprüht italienisches Temperament im hellen Anzug mit einem dunklen Pulli. Pollina setzt sich ans Klavier, spä-ter begleitet er sich mit der Gitarre. Trotz schmächtiger Gestalt ist seine Stimme eindrucksvoll. Er beginnt erzählend mit sanften Tönen, auf der Leinwand wird der Auftritt mit Bildern und deutschem Text untermalt. «Im Himmel bin ich so frei wie ein Gedanke, wie eine Möwe über der Flut.» Er singt italienisch. Natürlich – wie könnte er sich besser ausdrücken als in seiner Muttersprache. Pippo Pollina hat eine Botschaft mitzuteilen. Er ist sozial-politisch engagiert, seit jeher, was in Sizilien nicht ungefährlich ist. Darum lebt er seit vielen Jahren in der Schweiz. Er singt für die Armen, die Alleingelassenen, die Betrogenen, denen nichts anderes übrigblieb, als die Emigration nach Amerika, Deutschland, Österreich oder in die Schweiz. Sein Tempo steigert sich nun in ein hitziges Crescendo, er wird leidenschaftlich und laut, verwirft die Arme. «Verzweifelte Menschen, überfüllte Schiffe und Züge, damals in den 50ern. Und heute wieder, in umgekehrter Richtung! Das gibt mir zu denken.».
Erinnerungen
Zwischen den Liedern erzählt er aus seinem Leben. Er war ein Spätzün-der, erst mit 15 begann er als Musiker. Ein Jahr später gründete er die Band «Agricantus» und machte Volksmusik. «Nicht so lustige, wie von den SVP-Bauern hier», sagt er. Die Bevölkerung litt nach dem Krieg und in Palermo entstand die Cosa-Nostra-Bewegung. Pollina sang und spielte auf Strassen und Plätzen, engagierte sich gegen die Kriminalität und musste die Heimat verlassen. Er begann eine ziellose Weltreise. Dabei machte er gute und schlimme Erfahrungen, lernte viele Leute kennen, trat mit zahlreichen Musikern auf. Darunter unter anderem mit Legenden wie Georges Moustaki oder Konstantin Wecker und mit Gruppen wie Patent Ochsner oder Stiller Has. Unvergessen ist sein «Mare, mare, mare» zusammen mit Giorgio Conte. Pollina lässt das Publikum an seinen Erinnerungen teilhaben und spielt Konzertausschnitte auf dem Bildschirm ab. Er feierte in vielen Ländern grosse Erfolge, erhielt Auszeichnungen. Der Bündner Liedermacher Linard Bardill holte ihn in die Schweiz, und zusammen gaben sie etliche Konzerte. Pollina blieb schliesslich in Zürich. Während der Pandemie entstand das Buch «Der Andere», aus welchem er an diesem Abend auch vorliest. Es ist, als hätte man während diesem Konzert den Musiker persönlich kennengelernt, so nah ist er, so herzlich. Zuletzt noch ein Lied für den Frieden, gegen den Krieg. «Denkt nicht, es nütze doch nichts. Künstler geben Visionen. Der Erfolg kommt langsam, man muss daran glauben», gibt Pippo Pollina allen mit auf den Weg.