Eine Reise durch zwei total verschiedene Welten

Eine Reise durch zwei total verschiedene Welten
Das Velo und Gepäck von Toni Zulauf kurz vor dem Aufstieg zum Kyzyl-Art-Pass in Tadschikistan. / Bild: zvg
Zollbrück: Toni Zulauf radelte in fünf Wochen gute 1500 Kilometer auf dem Pamir Highway durch wunderschöne Land­schaften. Sein Höhepunkt seien definitiv die Menschen gewesen.

«Als ich auf dem letzten Pass vor Osh stand, war ich einfach nur glücklich.» Toni Zulauf aus Zollbrück denkt gerne an sein Abenteuer in Tadschikistan und Kirgistan zurück. «Ich wusste zu Beginn nicht, ob ich die Tour am Ende wirklich schaffen werde.» Es habe Momente gegeben, in denen es sehr anstrengend war, etwa die heissen Temperaturen von mehr als 50 Grad in einer Ebene auszuhalten, die Höhe von über 4000 Metern über Meer zu bewältigen oder auch auf dem schlechten Belag der Strasse mit dem schwer beladenen Velo zu fahren. Zulauf betont, dass das Piniongetriebe und der Titanrahmen seines Velos von grossem Vorteil gewesen seien mit dem vielen Staub und den Steinen auf den Strassen. Somit habe er glücklicherweise nie ein mechanisches Problem gehabt. Trotz aller Strapazen habe er während seiner gesamten Reise nie die Freude daran verloren.


Unästhetisch, aber wunderschön

Die Idee, einen Teil der südlichen alten Seidenstrasse zu befahren, sei im Frühling aufgekommen, kurz nachdem er im Februar pensioniert wurde. «Ich wollte etwas Neues machen, etwas voller Überraschungen», sagt Toni Zulauf. Da es ihm das Gebiet in Zentralasien schon immer angetan habe, sei die Entscheidung schnell gefällt gewesen. Mitte Juli ging es für Zulauf mit einem Flug Richtung Dushanbe, Hauptstadt Tadschikistans, los. Er habe sich mit Trainingsfahrten in der Schweiz vorbereit, erzählt er, damit ihm das Fahren dann auch Spass bereite. Nach mehreren Erledigungen in Dushanbe nahm der 65-Jährige die 1500 Kilometer lange Strecke in Angriff. Von Anfang an packte ihn die Naturszenerie. «Ästhetisch ist es dort zwar überhaupt nicht», meint Toni Zulauf schmunzelnd, «jedoch liegt für mich die Schönheit in der Schroffheit der Berge und der kargen und abweisenden Landschaft.» Zwischen den menschenverlassenen Abschnitten gebe es immer wieder bewohnte Siedlungen. Meist seien diese im Tal und an Flüsse gebaut, damit genug Wasser für die Menschen, Tiere sowie auch für die Bewässerung der Äcker vorhanden sei, weiss Zulauf nun. Er hat fast immer in Hostels oder Homestays übernachtet, nur viermal packte er sein Zelt aus. Ungefähr alle drei Tage traf er

auf andere Reisende mit dem Velo. Obwohl es eine sehr einsame, aber friedliche Gegend sei, gebe es auch Unschönes zu beobachten: «Die Bauarbeiten der neuen Seidenstrasse haben begonnen», sagt Toni Zulauf, «die unberührte und schöne Natur wird keine zehn Jahre mehr so bestehen bleiben.» Für alle, die diese Route fahren möchten, empfiehlt er, in den nächsten Jahren zu gehen.


Gras, Jurten und wilde Pferde

Toni Zulauf machte noch einen Abstecher durch den Wakhan-Korridor. Der Fluss Panj markiert dort die Grenze von Tadschikistan und Afghanistan. Nach der Passage durch das Tal führte der Weg nordwärts wieder auf die offizielle Route bis zum Kyzyl-Art-Pass, welcher Tadschikistan von Kirgistan trennt. Schon nach wenigen hundert Höhenmetern Abfahrt nach der Passhöhe nahm Zulauf eine starke Veränderung der Landschaft wahr. Kirgistan habe die viel weicheren Züge mit den sanften, mit Gras überzogenen Hügeln, vielen wilden Pferden sowie Jurten. Kulinarisch seien jedoch die Erfahrungen in beiden Nationen nicht so überzeugend gewesen wie erhofft, erzählt der Emmentaler. Beispielsweise sei es eine Seltenheit gewesen, ein Stück Fleisch in der Suppe vorzufinden. Dies, weil die wenigen Tiere dort oftmals nicht zur Fleischproduktion verwendet werden können. Es sei ihm bewusst geworden, was für ein Luxus ein feines und kreatives Menu eigentlich sei.


Die Menschen als Highlight

Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen auf seiner gesamten Reise seien wahnsinnig gross gewesen, dies ist Toni Zulauf wichtig zu betonen. Die Begegnungen mit den Einheimischen seien sein Highlight der Velotour gewesen. «Es war unglaublich zu erleben, dass auf der Strasse alle grüssten und ein grosses Vertrauen zueinander vorhanden war», meint Zulauf. Nach insgesamt knapp fünf Wochen kam er in Osh, der zweitgrössten Stadt in Kirgistan, an. «Es war definitiv meine schönste Reise bisher.»

05.12.2024 :: Zora Stifel (zsl)