Hundertprozentige Konzentration: Sven Liechti während eines Junioren-WM-Laufs in Krasnoyarsk. / Bild: zvg
Skicross: Mit dem Höhepunkt, der Junioren-Weltmeisterschaft in Russland, ging für den 19-jährigen Sven Liechti aus Röthenbach letzte Woche eine spezielle Saison zu Ende.
«Jetzt heisst es sich wieder vermehrt auf die Schule und die Arbeit konzentrieren», fasst Sven Liechti seinen Alltag nach der Skicross-Saison zusammen. Nach gut 100 Skitagen ging diese kürzlich zu Ende. «Es war meine erste Saison, in welcher ich mich vermehrt nur um den Sport kümmern konnte, nachdem ich letztes Jahr meine Lehre als Strassenbauer beendet habe.» Es sei eine spezielle Saison gewesen: Von 30 geplanten Rennen hätten sie nur acht fahren können, so Liechti. Viele Rennen in der Schweiz mussten wegen der Wetterkapriolen abgesagt werden und die Läufe in den benachbarten Ländern wie Italien, Frankreich und Österreich wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt.
Erwartungen mehr als erfüllt
Immerhin konnte der Höhepunkt der Saison für die jungen Skicross-Fahrer stattfinden: die Junioren-WM im russischen Krasnoyarsk. «Das war zwar nicht meine erste Teilnahme an einer Junioren-WM, aber es war mein erster Anlass in dieser Grösse», schwärmt Sven Liechti. Er durfte schon als Skicross-Küken 2019 in Österreich auf der Reiteralm seine ersten internationalen Erfahrungen an der Junioren-WM sammeln. Die diesjährige WM in Sibirien war aber viel spektakulärer: «Schon die Anreise war beeindruckend, wir waren gut 25 Stunden unterwegs, bis wir in Krasnoyarsk angekommen sind. Dazu kam ein ziemlicher Jetlag mit den sechs Stunden Zeitverschiebung», erzählt der gelernte Strassenbauer. Zum Glück sei der Zeitplan ziemlich grosszügig gewesen, sie hätten sogar einen Tag für Sightseeing zur Verfügung gehabt. «Spannend fand ich, dass in Russland Corona gar kein Thema mehr zu sein scheint. Dort liefen alle ohne Masken herum und die Restaurants waren überall offen», schildert Sven Liechti seine Impressionen. Auch an den Renntagen haben er und seine Mitstreiter eine richtig tolle Atmosphäre geniessen dürfen mit gut 2000 Zuschauern im Zielraum. Sportlich ist Sven Liechti auf jeden Fall zufrieden mit seinem Resultat: Rang 8 im WM-Rennen und Platz 4 beim Teamevent. Damit hat Sven Liechti eines seiner Ziele, die Selektionskriterien erfüllen für das C-Kader, erreicht. Nun hängt es bloss noch vom Entscheid des Verbands ab, ob der Röthenbacher kommende Saison mit dem nächst-besseren Kader unterwegs sein wird. Der Entscheid wird Ende April kommuniziert.
Rasante Fortschritte
Sven Liechti fährt seit der Saison 2017/18 Skicross. Er ist seit zwei Jahren im Sichtungskader von Swiss Ski und seit zwei Saisons im Europacup auf der Startliste. So rasant, wie der 19-Jährige bisher Fortschritte machte, so konkret sind auch seine weiteren Ziele, was den Sport anbelangt. Junioren-Schweizermeister, Junioren-Weltmeister, einen fixen Startplatz im Weltcup sind nur ein paar der mittelfristigen Ziele, die Sven Liechti erreichen möchte. Sogar mit einer Olympia-Teilnahme im 2026 liebäugelt er.
Dort, wo Klein-Sven erstmals auf den Brettern stand, begann auch die Karriere eines anderen Emmentalers. Wie Beat Feuz übte auch Liechti seine ersten Schwünge in Bumbach als Mitglied des Skiklubs Schangnau. «Ich fuhr Slalom und Riesenslalom, merkte dann aber ungefähr in der neunten Klasse, dass mir das Skifahren so nicht mehr viel Spass machte», erinnert sich Liechti. Er habe dann die Möglichkeit gehabt, bei einem Skicross-Training zu schnuppern, und daraus wurde gleich eine ganze Saison. Schon Anfang zweiter Saison nahm der Röthenbacher an den Sichtungstagen teil und wurde prompt im Kader akzeptiert. So hat alles seinen Lauf genommen.
Dreiviertel Jahr im Schnee
Sven Liechti gefällt das Leben des Skicross-Profis. Vom Juli bis November trainiert er in Saas Fee auf dem Gletscher, und dann gehts quer durch Europa, um an den verschiedensten Europacup-Rennen teilzunehmen. Ihm ist aber durchaus bewusst, was das alles kostet, und dass er auch an einem Plan B beziehungsweise an einem Leben danach arbeiten muss. «Skicross ist eine relativ junge Sportart. Derzeit können nur gerade die besten der Welt davon leben. Deshalb bin ich froh, habe ich bereits eine Ausbildung als Strassenbauer und einen 30-Prozent-Job bei der Kibag AG in Langnau. Zudem habe ich aktuell die Möglichkeit, innert zweier Jahre eine Sportschul-Berufsmaturität zu absolvieren.» Skifahren sei eine kostspielige Angelegenheit. Leider reichten ein paar Skis pro Saison nicht ganz, er brauche schon etwa drei bis vier Garnituren, zudem ein Paar Schuhe und mehrere Stöcke für eine Saison. Aber am meisten fallen natürlich die Reise- und Unterkunftskosten ins Gewicht. Sven Liechti ist es sehr wichtig, dass er soviel wie möglich von seinen Kosten selber stemmen kann. Mit Hilfe der Sponsoren, die er allesamt selber akquiriert hat, einem Teil seines Lohns und der Unterstützung seiner Eltern sei er diese Saison gut gefahren. «Ja, ich wohne noch daheim. Aber während der Saison bin ich ja sowieso selten da», gibt Sven Liechti mit einem Schmunzeln zu. «Meine Eltern haben mich von Anfang an unterstützt, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar.»
Nun hofft Sven Liechti auf einen positiven Entscheid vom Ski-Verband, damit er temporeich weiter an seiner Karriere bauen kann.