Hilfsprojekt für ein ukrainisches Dorf

Hilfsprojekt für ein ukrainisches Dorf
Weil mit dem ersten Transport nicht alle Hilfsgüter mitgenommen werden konnten, folgt im Frühling eine zweite Fahrt. / Bild: zvg
Grosshöchstetten: Was als Sammelaktion für eine ukrainische Schule startete, entwickelte sich zu einem Hilfsprojekt für ein ganzes Dorf. Eine aussergewöhnliche Weihnachtsbescherung.

In den vergangenen Monaten besuchten zwei geflüchtete Jungen aus der Ukraine die Schule Alpenweg in Grosshöchstetten. Die beiden integrierten sich trotz sprachlicher Hürden gut. Im September zwang sie das Heimweh aber wieder zurück in die Heimat und in die alte Schule. Eine Schule, die schon vor dem Krieg arm war und kaum Material für die Kinder zur Verfügung hatte. Dank engagierten Lehrpersonen und einer grossen Sammelaktion soll sich dies nun aber ändern.


Glück mit Gastfamilie und Schule

Sie habe ein Inserat der Gastfamilie gesehen, sagt Natalia Savka, die Tante der beiden Jungen. Sie lebt in der Schweiz, spricht Deutsch und stellte den Kontakt zur Gastfamilie in Grosshöchstetten her. Ihre eigene Wohnung wäre nicht gross genug gewesen, um ihre Neffen und ihre Mutter aufnehmen zu können. Vladyslav und Rostyslav flüchteten nämlich zusammen mit ihrer Grossmutter aus dem Kriegsgebiet in die Schweiz. 

Nicht nur mit der Gastfamilie hatten sie grosses Glück. Auch in der Schule wurden Vladyslav und Rostyslav gut aufgenommen. Deutschlehrerin Claudia Siegenthaler hatte jeweils sechs Lektionen pro Woche Unterricht mit den beiden. «Sie kannten bereits die Buchstaben unseres Alphabets. Das war eine grosse Erleichterung.» Ausserdem sei mit technischen Hilfsmitteln einiges möglich. «Die Lehrpersonen konnten einen Text ins Handy sprechen und das wurde dann automatisch ins Ukrainische übersetzt», erzählt Siegenthaler ein Beispiel. Untereinander kommunizierten die Kinder vor allem mit Händen und Füssen. 

Die beiden Jungen haben darüber gestaunt, was es in der Schule in Grosshöchstetten alles gibt. Anders als in ihrer Heimat hatte es hier Computer, viele Lernmittel, einen Pausenplatz mit Spielsachen und eine Turnhalle. Und nun haben die zwei diesen Luxus wieder hinter sich gelassen und sind zurück zu ihren Eltern in die Ukraine gezogen. Zurück in die Schule, in der es zwar acht Schulzimmer gibt, aber nur in einem davon eine Wandtafel.


Hilfsgüter ins Kriegsgebiet  

Die Grosshöchstetter Lehrpersonen haben sich über diese Verhältnisse lange Gedanken gemacht, denn sie stehen bis heute in Kontakt mit den beiden Jungen und auch in der Klasse wird noch viel über sie erzählt. Als sie dann in der Schule acht verstaubte Hellraumprojektoren fanden, die nicht mehr in Gebrauch waren, kam ihnen eine Idee. Per Zufall lasen sie kurz darauf einen Text über die Organisation «Mammutli hilft». Dieser gemeinnützige Verein aus Blumenstein lieferte bereits mehrfach Material und Hilfsgüter ins Kriegsgebiet. 

Claudia Siegenthaler nahm Kontakt auf mit den Verantwortlichen des Hilfswerks. Damit begann die grosse Sammelaktion. Plötzlich kam nicht nur Schulmaterial zusammen. In der Gemeinde tauchten alte Pflegebetten auf, die nicht mehr genutzt wurden. «Diese Betten kommen jetzt zum Arzt in dem ukrainischen Dorf», erklärt Siegenthaler. Neben Hygieneartikeln, Laptops, medizinischem Material und warmen Kleidern wurden auch Wolle und Stricknadeln gesammelt. «Vor allem Frauen in Alters- und Pflegeheimen haben momentan keine Aufgabe. Es herrscht Krieg und sie können ihrem Dorf nicht helfen.» Nun sollen sie wenigstens für ihre Leute stricken können und sie so mit warmen Sachen versorgen.


Es fehlte an Autos für den Transport

Dank diesem Engagement und der Unterstützung von «Mammutli hilft» soll den Menschen in dem Dorf Vybranivka ein schönes Weihnachtsfest beschert werden. Doch nicht alle Güter gelangen Anfang Dezember in das Heimatdorf der beiden Jungen. «Fahrer hätten wir genügend gefunden, aber es fehlte an grossen Autos», sagt Claudia Siegenthaler. Damit aber auch die restlichen Sachen den Weg in die Ukraine finden, soll im April eine zweite Ladung geschickt werden.

22.12.2022 :: Lisa Willener (lwh)