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Flag Football: Kein Körperkontakt, viel Dynamik

Flag Football: Kein Körperkontakt, viel Dynamik
Eine typische Spielsituation: Die Passempfänger (orange) versuchen, sich freizulaufen und Abstand zwischen sich und die Verteidiger (blau) zu bringen – damit der Quarterback (rechts) sie anspielen kann. / Bild: zvg
Flag Football: Seit 2022 spielen die Aemme Buzzards in der Flag-Football-Meisterschaft mit. Der aus dem American Football entstandene, kontaktlose Sport wird 2028 olympisch sein.

Die Schweizer Flag-Football-Nationalmannschaft der Männer hat kürzlich Geschichte geschrieben: An der Weltmeisterschaft gewann sie überraschend Bronze – als Welt-Nummer 14. Während unseres Trainings-Besuchs bei den Aemme Buzzards in Walkringen war die Schweiz noch relativ weit vom Medaillen-Gewinn entfernt – just während des Trainings fand im finnischen Lahti das WM-Achtelfinale gegen Panama statt. Für die Aemme Buzzards und deren Präsidenten, Ivan Bill, ist derweil klar: Man will sich entwickeln und bald in die zweite Liga aufsteigen. Der Fahrplan stimmt, denn man steht in den Playoffs. Der Verein spielt gleich mit zwei Teams in der tiefsten Mixed-Liga; eine reine Herren-Liga existiert nicht. «Im Winter feilen wir in der Halle an Kraft, Ausdauer und Kon­dition. Eine Dreifach-Turnhalle mit freien Trainingsplätzen ist im Moment nicht zu finden, um auch in der kalten Jahreszeit Flag Football spielen zu können.» Aufs nächste Sommerhalbjahr seien dann jedoch zwei Aussentrainings pro Woche geplant.


Weltweit ein riesiger Boom

Die Flag-Football-Szene in der Schweiz ist noch klein. «Unsere Spieler kommen fast aus dem ganzen Kanton Bern zu den Trainings, einer reist sogar aus Meiringen an», sagt Ivan Bill. Der Verein sei 2021 aus einer Bieridee heraus entstanden, zusammen mit neun Kollegen. Im Kanton Bern gibt es mittlerweile schon vier Vereine mit acht Erwachsenen-Teams und der Boom ist beachtlich: Innert dreier Jahre hat sich die Anzahl Lizenzierter in der Schweiz mehr als verdoppelt – auf 900. Weltweit wird der Sport von 20 Millionen Menschen in über 100 Ländern gespielt. Flag Football wächst parallel zur National Football League (NFL), Amerikas beliebtester Zuschauersportart. Die NFL ist eine US-amerikanische Profiliga im Tackle Football, auch bekannt als American Football. Der Aufschwung beim Flag Football dürfte anhalten, denn der Mannschaftssport wird 2028 in Los Angeles olympisch sein.


Kontaktloses Spiel ohne Fouls

Der grundlegende Unterschied zum Tackle Football ist, dass man kontaktlos spielt. Blocken, Tacklen (das Zu-Boden-Bringen des Ballträgers) oder Halten ist ebenso wie das Kicken des Balls nicht erlaubt. Es wird versucht, den Ball (Football-Ei) innerhalb des markierten Spielfelds in die gegnerische Endzone zu tragen oder darin zu fangen und so einen Touchdown und somit Punkte zu erzielen. Dabei hat ein Team für eine bestimmte Anzahl an Versuchen das Angriffsrecht. Nach einer erfolgreichen oder erfolglosen Serie von Angriffsversuchen wechselt der Ballbesitz. Der Gegner versucht wiederum, dem ballführenden Spieler eine der Flaggen (Bändel à ca. 5 × 40?cm), die an einem Gürtel befestigt sind, zu ziehen. Auf dem Feld kommen immer fünf Spielende zum Einsatz. Frauen könnten problemlos mitmachen, sagt Ivan Bill. «Es müssten mal ein, zwei Frauen den Anfang machen. Die Einstiegsschwelle ist relativ gering, man muss einfach Nockenschuhe haben». Den Spass am Sport merkt man den Spielern jedenfalls an. Die Stimmung ist locker, es wird gelacht, während der Spielzüge ist man konzentriert bei der Sache. «Ein Ritual fehlt nie, nämlich unser Schlachtruf; dabei treffen wir uns im Kreis und jeder weiss, dass jetzt die volle Aufmerksamkeit gilt.»


Aus ganz verschiedenen Sportarten

«Die olympischen Spiele werden plötzlich zum Ziel für Leute, die bis anhin nicht im Ansatz von einer Olympia-Teilnahme geträumt haben», sagt Ivan Bill. Spielertrainer Michael Fuchs (Nummer 70), der aus dem American Football komme, sei für den Verein das Mass aller Dinge in Sachen Coaching. Fuchs bringe das Team enorm weiter und er schaffe es, dass sich jeder Spieler individuell steigern könne. Die Spieler fänden querbeet aus verschiedensten Sportarten zu den Aemme Buzzards, sagt Bill. Ein Training mit vielen Sprints dauert zwei Stunden, zwischendurch gibt es Kurzpausen mit taktischen Anweisungen. «Das technische Element ist wichtig und das Verletzungsrisiko ist gering. Dank der verschiedenen Positionen hat es fast für jeden einen Platz. Wir haben einen Spieler, der kleiner als 1,60 Meter ist, jedoch wendig. Auch für kräftigere Spieler hat es eine passende Position, Erfolgsfaktoren sind die Schnellkraft und Explosivität.» Denkbar wäre gemäss Bill auch, jemanden mit eingeschränktem Hörvermögen im Team zu haben. Dies deshalb, weil der Quarterback (der Kapitän des Angriffs) im Büchlein, das an seinem Arm befestigt ist, den nächsten Spielzug anzeigt. «Die verschiedenen Farben zeigen den Laufweg jedes Spielers. In der ange­stammten Position verringert sich die Komplexität etwas. Wir haben die Spielzüge von anfänglich 45 auf 20 reduziert, denn weniger ist manchmal mehr.» Vieles spiele sich im Kopf ab und man sei stets gedanklich damit beschäftigt, wie die Defensive des Gegners ausgehebelt werden könne. Entscheidend sei vielfach, ob der Quarterback die Überlegungen des Gegners lesen könne, schon bevor der Ball ins Spiel komme. Das Training unter Spielertrainer Michael Fuchs zahlt sich offensichtlich aus: Seit Ende August absolvierte das Team 1 fünf Spiele, das Punkteverhältnis lautet 221:45. Ähnlich erfolgreich war das Team 2, deren zwei Spiele mit einem total von 40:13 endeten. Natürlich sei keiner ihrer Spieler auf Olympia-Niveau – was ja auch nicht wirklich das Ziel sei, sagt Ivan Bill. Die nächsten Olympischen Spiele sind aber bekanntlich erst in vier Jahren. Mit Bronze an der diesjährigen WM rechnete ja auch niemand.

Nationale Playoff-Finals in Biglen

Am 21. September 2024 organisieren die Aemme Buzzards in Biglen die nationalen Playoff-Finals sämtlicher Harwy NFFL Ligen. Es duellieren sich die besten Flag Football Teams der Schweiz. Mehr Infos: www.buzzards.ch

19.09.2024 :: Remo Reist (rrz)