Für die Freilichtspiele auf der Moosegg ist in zwei Jahren Schluss

Für die Freilichtspiele auf der Moosegg ist in zwei Jahren Schluss
2023 überraschte die Moosegg mit der schillernden Inszenierung «Heute Abend: Lola Blau» von Georg Kreisler. / Bild: Simon Schwab
Emmenmatt: Dieses Theater strahlt weit über die Region hinaus. Doch nun haben die Freilichtspiele Moosegg überraschend angekündigt, ihren Spielbetrieb übernächstes Jahr zu beenden.

Kindgrosse Hasen, Männer mit Zöpfen, Nonnen ausser Rand und Band, herzzerreissende Liebesszenen, hasserfüllter Streit und köstlicher Humor: Kaum etwas hat das Publikum auf der Waldbühne der Moosegg in 28 Jahren nicht gesehen. Beim Schauspiel war oft Heimatdichter Jeremias Gotthelf dabei. Es begann 1997 mit Franz Matter, der zweimal inszenierte. Dann führte Pesche Leu 20 Jahre lang die Freilichtspiele, bis Simon Burkhalter 2017 die künstlerische Leitung übernahm und selbst während Corona passende Produktionen auf die Beine stellte. Diesen Sommer beeindruckten Ulrich S. Eggimann mit dem «Beindlichrämer» und Martin Schnurr mit «Nonnsense 2». Bald soll all dies vorbei sein, obwohl der besondere Moosegg-Mix mit dem Profi und Laienensemble aus der Theaterlandschaft kaum wegzudenken ist?


Gründer reagiert gelassen

Nach fast 30 Jahren Theatertradition auf der Moosegg haben die Verantwortlichen entschieden, die Aufführungen im Sommer 2026 mit einem gebührenden Abschluss enden zu lassen. «Die letzten beiden Saisons werden mit grosser Leidenschaft und Motivation gestaltet, um dem Publikum noch einmal unvergessliche Theaterabende zu schenken», heisst es in der Medienmitteilung. Peter Leu, der die Freilichtspiele zusammen mit Livia Anne Richard gegründet hat und lange Taktgeber des Trägervereins war, reagiert gelassen: «Die Moosegg wird auch ohne Theater weiterbestehen.» Er freue sich auf die Abschlussfeier und habe sich den Termin schon rot im Kalender angestrichen.

Mit dem Moosegg-Sommer 2026 gehen also die Theaterlichter aus. «Das war keine Kurzschlussentscheidung», versichert Simon Burkhalter. Er plane konsequent im Voraus und habe überlegt, wie man eine Tradition schmerzarm und elegant zu Ende bringen könne. «Das 30-jährige Bestehen erschien mir ein guter Zeitpunkt», so der künstlerische Leiter. Es habe weder Streit noch Geldnot gegeben. Doch habe sich das Verhalten des Publikums nach der Pandemie grundlegend geändert. Tickets würden spontan gekauft statt Wochen vor der Aufführung. Und das unberechenbarere Wetter habe allen zugesetzt. Nicht zuletzt bedienen rund 30 Freilicht-Spielbetriebe im Kanton Bern theaterbegeisterte Menschen üppig.


Schluss mit Gotthelfs Kindern

Dass für die Bühne im Wald jedes Jahr eine Bewilligung vom Kanton eingeholt werden musste, sei oft mühsam gewesen, doch nur ein «Nebengeräusch» bei der Entscheidung, sagt Burkhalter. Der Vorstand habe längere Zeit über den Ausstieg diskutiert. Auch über eine Nachfolge der bisherigen Crew. Doch eine solche zu finden, schien den Verantwortlichen nicht machbar. «Die Moosegg zu leiten, ist ein Jahresjob», weiss Simon Burkhalter, der künftig im Landschaftstheater Ballenberg mitarbeiten wird. «Ausserdem möchte ich selbst verstärkt spielen und singen wie jüngst im Berner Stadttheater», verrät er seine Zukunftspläne. Zum Abschluss wird 2026 das Mu­sical «Gotthelfs Kinder» von Paul Steinmann und Bruno Leuschner uraufgeführt. Dann folgt als letztes Schauspiel «Hansjoggeli!», eine Neuinterpretation Burkhalters von Gotthelfs «Hansjoggeli der Erbvetter». Für den Chef des Hotels Moosegg, Daniel Lehmann, kam der Entscheid nicht überraschend: «Wir wussten, dass Simon Burkhalter nicht ewig weitermacht», teilt er mit. Es sei eine wunderbare Zeit gewesen mit all den tollen Geschichten auf der Bühne. Künftig könnten die Gäste des Hotels das Areal im Wald als Erholungsort geniessen «Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht», erklärt der Hotelier. Nun würden er und sein Team sich erstmal auf die letzten zwei Jahre mit dem Freilichttheater freuen.

Höhepunkte auf der Waldbühne

In 28 Jahren zeigten die Freilichtspiele Moosegg 35 Produktionen. Stolz ist Peter Leu auf die geschichtsträchtigen Uraufführungen: zum Beispiel «Ungnädig» 1999 über den Bauernkrieg, «Verdingt» 2007 über das Verdingkinderwesen und «Täuferjagd» 2005 über die Verfolgung der Täufer. Auch an seine erfolgreiche Dialektfassung von Gerhard Polts «Die Exoten» 2006 erinnert sich Leu gerne. Simon Burkhalter, der 2017 das Zepter übernahm, trotzte 2020 Corona. Die Freilichtspiele Moosegg spielten als eines der einzigen Freilichttheater schweizweit Woody Allens «Eine Mittsommernachtssexkomödie» – alles auf Abstand in einem riesigen Setzkasten. Auch 2021 musste umdisponiert werden und das Seiltänzerstück «Katharina Knie» wurde als Maskenspiel gezeigt. 2023 kam es zu einer Sensation, als Georg Kreislers «Heute Abend: Lola Blau» dank einer Sondergenehmigung der Erben Kreislers gespielt werden durfte. Damit brachte Simon Burkhalter erstmals ein queeres Stück auf die Bühne der Moosegg.

07.11.2024 :: Christina Burghagen (cbs)