Wege, die man mit dem E-Velo schafft und eine tolle Landschaft bieten: Das will die Herzroute. / Bild: zvg
Emmental: Die Herzrouten sind bei den Gästen beliebt. Ab April laden zwei neue «Schlaufen» zum Velowandern ein. Geeignete Routen zu finden, ist gar nicht so einfach.
Paul Hasler ist quasi der Erfinder der Herzrouten. Er hat sämtliche dieser Rundstrecken geplant. «Ich mache das im Mandat für die Herzroute AG und bin natürlich selber begeisterter Velowanderer», sagt Hasler. Die Routen sind für Leute konzipiert, die mit E-Velos gemütlich unterwegs sein wollen. Heuer werden die «Herzschlaufe» «Langnau» und «Gotthelf» eingeweiht.
Ein Jahr später als geplant
Ursprünglich sei geplant gewesen, «Langnau» 2022 in Betrieb zu nehmen und «Gotthelf» in diesem Jahr. Aber: Der Planer musste bei der «Herzschlaufe Langnau» im wahrsten Sinn des Worts einen Umweg nehmen. Diese wird nun von Langnau über Eggiwil, Linden, Freimettigen bis nach Gysenstein führen und dann via Oberthal und Signau zurück zum Ausgangspunkt. Vorgesehen war, dass die Velos von Langnau her auch die Gemeinde Bowil durchqueren und dann via Siglisbach nach Oberhünigen gelangen. Dagegen hatte sich der Gemeinderat Oberhünigen ausgesprochen. «Eingangs der Dorfstrasse, wo sich mehrere Landwirtschaftsbetriebe mit Gebäuden auf beiden Seiten der Strasse befinden, ist die Situation zu unübersichtlich», sagt Oberhünigens Gemeindepräsident Bruno Stalder. Deshalb habe der Gemeinderat eine neue Variante vorgeschlagen: Via Wildeney durch den Toppwald nach Oberhünigen. «Besonders an heissen Tagen wäre es sicher angenehm, ein Stück weit durch den Wald zu radeln», sagt Stalder. «Dagegen sprach sich aber der Kanton Bern aus, dem der Wald gehört.» Es sei schade, dass keine andere Lösung gefunden werden konnte, sagt Bruno Stalder.
Streckenplaner Paul Hasler erklärt die neue Route, die nun insgesamt zehn Kilometer länger ist: Sie führt nicht mehr über Bowil, sondern via Mühleseilen, Linden, Barschwand, Holz nach Freimettigen.
Zu reden gab und gibt noch ein zweiter Abschnitt der «Herzschlaufe Langnau»: Eggiwil-Dorf bis Gätzistiel. Als im vergangenen Herbst Arbeiter des kantonalen Tiefbauamts auf dieser Strecke die Wegweiser der «Herzschlaufe» montierten, wunderten sich einige Anwohner, zumal die Strasse einer Weggenossenschaft gehört. Diese wird finanziell von der öffentlichen Hand massgeblich unterstützt. Daher gilt die Verbindung als «öffentliche Strasse», wie der Gemeinderat Eggiwil die Genossenschafter orientierte. Dass die Leute, die an dieser Strasse wohnen, nichts von den Plänen wussten, war indes einer internen Informationspanne geschuldet.
Kritik einzelner Genossenschaften
Im November dann haben Vertreter der Herzrouten AG und des Gemeinderats Eggiwil die Weggenossenschaft informiert, wie Paul Hasler bestätigt. Dort wurden Bedenken wegen der Routenwahl der «Herzschlaufe» geäussert: Die Strasse sei viel zu schmal, ein grosser Traktor fülle sie praktisch aus. Dadurch sei es für die Landwirte schwierig, mit den Fahrrädern zu kreuzen. Gefahr drohe auch von Steinen, die von der Nagelfluh runterfallen. Streckenplaner Paul Hasler hat weniger Bedenken: Auf vergleichbaren Strecken habe es keine Probleme gegeben beim Kreuzen von landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Velos. Die Radwanderer seien ja auch gemütlich unterwegs.
Der Weg zu einer neuen Herzroute
Mitte Januar hat nun der Gemeinderat Eggiwil verfügt, dass die «Herzschlaufe» wie geplant verlaufen soll. Weil es sich um eine «öffentliche Strasse» handelt, liege der Entscheid in der Kompetenz des Gemeinderats, wie aus der Verfügung hervorgeht. Weiter weist der Gemeinderat darauf hin: «Die Strasse der Weggenossenschaft Dorf–Gätzistiel ist bereits heute für Velos uneingeschränkt benützbar.»
Kommenden Montag werde die Weggenossenschaft entscheiden, ob sie gegen die Verfügung beim Regierungsstatthalteramt Emmental eine Beschwerde einreichen wolle, erklärt eine Anwohnerin auf Anfrage.
Meist keine Widerstände
Hat der Herzrouten-Planer oft mit Widerständen zu kämpfen? «Ganz selten», bilanziert Paul Hasler. Eine Strecke von rund 70 Kilometer zu planen daure rund zwei Jahre. «Zuerst werden jeweils die Gemeinden angefragt. Gemeinsam schaut man, ob die vorgeschlagene Route in Ordnung wäre», sagt er. «Viele Gemeinde kommen auch auf uns zu, weil sie möchten, dass der Weg durch ihr Gebiet führen soll.» Dass Weggenossenschaften oder Privatwegbesitzer betroffen seien, komme immer wieder vor. «In Signau war der Besitzer einer Privatstrasse sofort offen für die Herzroute», berichtet Hasler. «Die Gemeinde hat sich sogar bereit erklärt, künftig einen Beitrag an den Unterhalt dieses Kiesweges beizusteuern.» Was passiert, wenn es doch ein Schlagloch hat und ein Velowanderer verunfallt? «Dann muss sich der Wegbesitzer keine Sorgen machen. Er haftet nur bei Grobfahrlässigkeiten», sagt Paul Hasler. Er betont aber auch, dass die Eigentümer der Strassen und Wege keine Entschädigung erhalten. «Die Fahrräder beanspruchen die Strassen nur minimal.»
Wenn Hoflädeli «aufploppen»
Hingegen können die Anstösser der Radwanderrouten profitieren: «Ich habe schon mehrfach beobachtet, dass entlang neuer Routen plötzlich neue Hoflädeli ‹aufploppen›», sagt die Leiterin von Emmental Tourismus, Isabelle Hollenstein. «Die Leute, welche auf den Herzrouten radwandern, nehmen sich Zeit für solche Angebote und kehren auch mal ein.»
Planer Paul Hasler versucht daher, die Route an Gaststätten vorbeizuführen. Oft werde dort auch ein so genannter Stromhügel aufgebaut, wo der Akku des E-Velos wieder aufgeladen werden könne. «Und der Gast kann seine Batterien im Restaurant wieder füllen.» Generell sei es das Ziel, landschaftlich schöne, abwechslungsreiche Strecken zu gestalten. «Das Emmental ist aussergewöhnlich gut geeignet. Daher wundert es nicht, dass Leute von weit herkommen, um durch diese Landschaft zu radeln.» Ein zweites Plus sei sicher, dass das Emmental eine reiche Baukultur – schöne Ortsbilder und prächtige Einzelbauten – aufweise.
Hindernisfrei und nicht zu steil
Verständlicherweise hat Paul Hasler auch auf verkehrstechnische Aspekte zu achten. Eine Naturstrasse dürfe nicht zu steil sein. «Sonst kann es beim Bergabfahren gefährlich werden», hat er die Erfahrung gemacht. «Die Gemeinde Rüderswil hat deswegen extra einen Abschnitt mit Betonplatten verfestigt.» Weiter werden grosse Strassen mit Tempo 80 gemieden und die Wege sollen hindernisfrei sein, es soll also keine Kuhgatter haben. Er sei selber viel auf den Routen unterwegs und erhalte auch von den Gästen Rückmeldungen. «Wenn eine Stelle immer wieder kritisiert wird, versuchen wir, dies zu verbessern», sagt Hasler. So werde die Herzroute 99 Burgdorf–Langnau anders gestaltet (siehe Kasten). «Hauptsache es läuft dann wieder rund.»