«Fällt ein Mitarbeiter plötzlich aus, braucht er ein Auffangnetz»

«Fällt ein Mitarbeiter plötzlich aus, braucht er ein Auffangnetz»
Philipp Brun (links) und Reto Portmann freuen sich über den IV-Award (im Knitter-Look), den die Elektrisola Feindraht AG empfangen durfte. / Bild: Gody Studer (gse)
Escholzmatt: Die Elektrisola Feindraht AG wurde für ihr Enga­gement bei der Eingliederung von Menschen mit Beeinträch­tigungen mit dem Luzerner IV-Award 2024 ausgezeichnet.

Die Invalidenversicherung WAS IV Luzern engagiert sich unter dem Grundsatz «mit Menschen für Mitmenschen» für die berufliche Wiedereingliederung von Menschen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Seit zehn Jahren vergibt sie einen IV-Award an Unternehmen, die in ihrem Betrieb nach diesem Grundsatz handeln. Nun durfte die Elektrisola Feindraht AG aus Escholzmatt den mit 10´000 Franken dotierten Preis 2024 in Empfang nehmen. 


Spezialdrähte für High-Tech-Produkte

Die Elektrisola Feindraht AG (EF) ist eines von neun weltweit aufgestellten Werken der deutschen Elektrisola-Gruppe und zuständig für die Entwicklung und Produktion von besonders dünnen Lackdrähten. Mit 215 Mitarbeitenden ist die EF eine der bedeutendsten Arbeitgeberinnen der Biosphäre Entlebuch. Seit 1968 werden in Escholzmatt Spezialdrähte
hergestellt, welche in High-Tech-Produkten der Elektro- und Textilindustrie Anwendung finden. Das Unternehmen bietet nicht nur Stellen im gesamten Wertschöpfungsprozess an, es bildet auch Lernende in sechs verschiedenen Berufen aus. «Uns ist es wichtig, ein verantwortungsvoller und verlässlicher Arbeitgeber zu sein», erklärt Philipp Brun, Leiter Finanzen und Personal der EF. Dazu gehöre, dass auch Mitarbeitende mit einer Beeinträchtigung beschäftigt werden könnten. «Es ehrt und freut uns, dass unser Engagement mit dem IV-Award belohnt wird», sagt Brun.


Treue Mitarbeitende

Die Belegschaft der EF rekrutiert sich zu 60 Prozent aus der Gemeinde Escholzmatt-Marbach, respektive rund 90 Prozent stammen aus der Region. Weil man sich im ländlichen Umfeld näher kennt als im urbanen Gebiet, ist das Betriebsklima kameradschaftlich, fast familiär. Darum erstaunt es nicht, dass Mitarbeitende im Durchschnitt 14 Jahre der EF treu bleiben. «Auf das Know-how langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen zu dürfen, ist das Erfolgsrezept unserer Arbeitgeber-Kultur», betont Personalchef Brun. Aus diesem Grund wolle man wenn immer möglich nicht auf Mitarbeitende verzichten, die krankheits- oder unfallbedingte Beeinträchtigungen hinnehmen mussten. 

Mit Geduld und Durchhaltewillen Reto Portmann, HR-Experte, hat während vieler Jahre gute Kontakte zur IV sowie den Privatversicherungen aufgebaut und eine Vertrauensbasis schaffen können. «Wenn ein Mitarbeiter durch Unfall oder Krankheit plötzlich ausfällt, braucht er ein solides Auffangnetz», sagt Portmann. Jeder Fall sei individuell, brauche umfangreiche Abklärungen und oft viel Geduld, aber vor allem auch Durchhaltewillen bei den betroffenen Personen. Aus Erfahrung weiss Portmann, dass die Wiedereingliederung eines Menschen am Arbeitsplatz auch grosses Verständnis der Arbeitskollegen erfordert.


Wiedereingliederung vor Rente

In den letzten Jahren waren bei der EF hauptsächlich Angestellte betroffen, die durch einen Unglücksfall oder eine Krankheit mit Einschränkungen am Arbeitsplatz umgehen musste. Vereinzelt konnten auch externe Personen erfolgreich in den Betrieb eingegliedert werden. 

Die Verantwortlichen der EF schätzen es, dass man bei der IV auf ein eigenes, erfahrenes Team für Eingliederung zählen kann. Die Strategie «Wiedereingliederung vor Rente» habe sich bewährt und gebe Vertrauen für die Arbeitnehmerschaft im Bewusstsein, dass dies der Betrieb mitsamt den Vorgesetzten mittrage. So will EF das Preisgeld für einen Mitarbeiteranlass einsetzen, wo man Wiedereingliederung thematisieren und der ganzen Belegschaft für ihren Beitrag dazu danken will.

30.05.2024 :: Gody Studer (gse)