Landschaftsschutz versus Handyempfang

Landschaftsschutz versus Handyempfang
Eine von über 10’000 Schweizer 5G-Antennen. Ob auf «Ober Rislau» eine weitere gebaut werden darf, ist offen. / Bild: Markus Zahno (maz)
Langnau: Bei der Lüderenalp soll eine 5G-Antenne gebaut werden. Die Hälfte der Anwohner wehrt sich dagegen. Das Spezielle: Die Antenne stünde in einem Landschaftsschutzgebiet.

Viele kennen die Wanderung von der Lüderenalp in Richtung Napf. Die BLS preist sie sogar als «Höhenwanderung der Superlative». An diesem Weg, etwa 500 Meter östlich der Lüderenalp, ragt ein Bauprofil in die Höhe. Es zeigt an, was hier dereinst entstehen soll: eine 5G-Mobilfunkanlage, ein Mast mit Antennen und der dazugehörenden Technik. Bauherrin ist die Swisscom.

«Ober Rislau» heisst der Standort. Kaum war das Baugesuch publiziert, begann letzten Herbst der Widerstand: Die Interessengemeinschaft «Lüderen ohne 5G» reichte eine Kollektiveinsprache ein. Unterschrieben haben 20 Anwohnerinnen und Anwohner – das sei rund die Hälfte der Anwohnerschaft, erklärt Jürg Ingold von der Einsprechergruppe. Ihre 14 Seiten dicke Eingabe enthält viele Argumente. Da sind zum einen die bei 5G-Antennen üblichen Kritikpunkte wie: die starke Strahlung, der Mensch und Tiere ausgesetzt seien, die Grenzwerte, die in der Schweiz zu hoch seien, oder «das Chaos in der 5G-Planung des Bundes».


«Keine Alternative»

Das Hauptargument ist aber ein anderes: Die geplante Mobilfunkantenne stünde im Landschaftsschutzgebiet Napfbergland, Eintrag 1311 im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). Es dürfe doch nicht sein, dass «die intakte Silhouette der Hügelkrete» mit einer Antenne derart beschädigt werde, argumentieren die Gegnerinnen und Gegner.

Der Standort befindet sich nur knapp im BLN-Gebiet, keine 500 Meter vom Rand entfernt. Ausserhalb des Perimeters gebe es viele andere Hügel, finden Jürg Ingold und seine Mitstreiter. «Da stellt sich die Frage, warum die Swisscom ausgerechnet auf diesem Standort besteht.»

Swisscom-Mediensprecherin Annina Merk beantwortet die Frage wie folgt: «Der geplante Standort ist mehrheitlich für die Versorgung des BLN-Gebietes vorgesehen, da auch hier die Kunden eine gute Mobilfunkversorgung benötigen.» Aktuell sei der Empfang im besagten Gebiet schlecht, die Region sei ein «identifiziertes Problemgebiet». Laut eigenen Angaben hat die Swisscom Alternativstandorte innerhalb wie ausserhalb des Landschaftsschutzgebietes geprüft, aber keinen anderen passenden Ort für die Antenne gefunden.


Noch kein Entscheid

An der Baukommission der Gemeinde Langnau ist es nun, über das Gesuch der Swisscom zu entscheiden. Das Baureglement verbietet zwar grundsätzlich Antennen in Landschaftsschutzgebieten. «Zur Wahrung der Kommunikationsfreiheit» und wenn die Antenne «gut in die Landschaft integriert» ist, können in Absprache mit den zuständigen Amtsstellen aber Ausnahmen bewilligt werden.

Die Antworten der Amtsstellen sind bereits bekannt. Das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung etwa hat die Antenne für genehmigungsfähig erklärt. Auch das Amt für Wald und Naturgefahren, das wegen der beantragten Unterschreitung des Waldabstandes angefragt wurde, ist einverstanden. Wie die Baukommission letztlich entscheidet, ist aber noch offen. Laut Patrick Schwab, Bauinspektor bei der Gemeinde Langnau, wird der Entscheid voraussichtlich in den nächsten Tagen ausgestellt.

Falls die Baukommission die Antenne bewilligen würde, könnten die Einsprechenden Beschwerde bei der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern einreichen. Jürg Ingold gibt sich kämpferisch: «Keine Frage, die Antenne verschandelt die geschützte Landschaft. Die Swisscom hat keine einzige Standortalternative evaluiert», sagt er.

Bald besserer Empfang im Dorf Langnau

Wegen der Baupläne der Post wurde die bestehende Mobilfunkantenne an der Bahnhofstrasse in Langnau demontiert. Seither ist der Empfang im Dorf deutlich schlechter geworden (die «Wochen-Zeitung» berichtete). Doch nun zeichnet sich diesbezüglich eine Verbesserung ab: Die Ersatzantenne auf dem Emmi-Areal ist inzwischen nämlich rechtskräftig bewilligt. «Der Ersatzstandort ist in der Realisierung und wird voraussichtlich Ende August in Betrieb genommen», erklärt Swisscom-Sprecherin Annina Merk auf Anfrage.

Weil die Swisscom beim Ersatzstandort mit Verzögerungen gerechnet hatte, wollte sie in der Zwischenzeit eine temporäre Antenne auf dem Zeughausareal aufstellen. Diese ist mittlerweile ebenfalls rechtskräftig bewilligt. Da es auf dem Emmi-Areal keine weiteren Verzögerungen gebe, könne nun aber auf diese temporäre Antenne verzichtet werden, kündigt die Swisscom an.

04.07.2024 :: Markus Zahno (maz)