Auf dem Weg in den Kirchturm. / Bild: Pedro Neuenschwander (pnz)
Linden: Das Glockengeläut der Kirche ertönt seit letztem Montag in einem neuen Klang. Die bestehenden Glocken wurden saniert und eine neue, kleinere aufgezogen und eingebaut.
Letzten Montag transportierte eine grosse Schar Kinder eine besondere Fracht auf einem Wägelchen. Sie zog die neue Glocke über die letzten Meter vom Dorfplatz zur Kirche, wo sie mit einem Pneukran in Anwesenheit vieler Schaulustigen zum Glockenturm gehievt wurde. Seit dem Baujahr 1849 schlagen im Turm der Kirche Linden zwei Glocken Tag und Nacht zu jeder Viertelstunde oder sie läuten im Zweiklang jedes Wochenende und an Feier- und Trauertagen. Pünktlich zum 175-Jahr-Jubiläum der Kirche wurde nun eine dritte Glocke aufgezogen. «Die Idee für eine neue Glocke ist während der Corona-Pandemie entstanden», sagt Giancarlo Voellmy, Pfarrer von Linden. Sie hätten während dieser Phase die Bevölkerung mittels des Geläuts zum Gebet aufgerufen. Dabei sei der Wunsch nach einem volleren Klang aufgekommen. Zudem seien er und seine Familie von der Schwarzenegg, und dort habe es immer drei Glocken gehabt, erklärt Voellmy. So sei das Projekt entstanden.
Aufwändige Arbeit
Eine kleine Lindener Delegation reiste am 7. Juni nach Innsbruck, um den Glockenguss bei der Firma Grassmayr mitzuerleben. Seit 1599 oder 14 Generationen giesst diese Familie Glocken. Bis eine Glocke im Turm
ertönt, braucht es viel Vor- und Nacharbeit. Die Form wird vorerst mit einem Lehmmodell erstellt. Nach dem Trocknen des Lehms wird die «falsche» Glocke zerschlagen, so dass das Metall in den Hohlraum hineingegossen werden kann. Am besten tönt eine Legierung aus 80 Prozent Kupfer und 20 Prozent Zinn. Wenn diese genau 1150 Grad heiss ist, wird gegossen. «Am 7. Juni um 14.50 Uhr war es so weit: Die Lindener Glocke wurde mit fünf anderen für Kirchen in Bosnien, Deutschland und Italien gegossen», führt der Pfarrer aus. Anwesende Priester segneten die Glocken in drei Sprachen. Zurück kam die Delegation noch ohne Glocke, aber mit viel Vorfreude auf den neuen Dreiklang.
Harmonischer Klang
Die Glocke heisst Orate (Betet). Das ganze «Unser Vater» ist darauf abgegossen. Die Glocke ergänzt das bestehende Geläut mit den Tönen G (tief) und B (hoch) um das noch höhere D, was einen Moll-Dreiklang ergibt. «Der neue Dreiklang im Geläute bietet verschiedene Möglichkeiten», erklärt der Pfarrer. Die Viertelstunden werden in Zukunft von den beiden höheren Glocken geschlagen, die Stunde von der tiefen Glocke. Die kleine Glocke macht auch im Vollgeläut mit und sie läutet zum Gebet (Montag, 20 Uhr) und zur Beisetzung (Totenglocke).
Akzeptiertes Geläut
Das Kirchengeläut habe in der Lindener Bevölkerung eine gute Akzeptanz, sagt Giancarlo Voellmy. «Viele sagen, das Geläut gehöre zum Dorfleben dazu.» Die Kirchgemeindeversammlung vom 23. Juni 2023 hatte
einen Investitionskredit von 120´000 Franken für die Revision des bestehenden Läutwerks und den Einbau der neuen Glocke beschlossen. Davon entfallen rund 70´000 Franken auf die Revision, zirka 30´000 Franken kostet der Einbau und rund 20´000 Franken die Herstellung der 250 Kilogramm schweren Glocke. «Die Kosten werden ohne fremde Finanzhilfe vollumfänglich von der Kirchgemeinde Linden getragen», sagt Jakob Stucki, Kirchgemeindepräsident.
Die neue Glocke Orate wird am Bettag, also am 15. September, feierlich eingeweiht werden. Am selben Tag wird auch das 175-Jahr-Jubiläum gefeiert.