Kunstprojekt «Die Kirche im Dorf» bietet etwas für Auge und Ohr

Kunstprojekt «Die Kirche im Dorf» bietet etwas für Auge und Ohr
Wie hier auf dem Friedhof in Hasle steht vor jeder der 15 Kirchen eine pyramidenförmige Stele mit Angaben zu den Glocken. / Bild: Ruedi Emmenegger (ers)
Biosphäre Entlebuch: Mit dem Kunstprojekt «Die Kirche im Dorf» improvisierte der Musiker Johannes Tschoni Bigler auf der Orgel der Pfarrkirche Hasle zu den Tönen der fünf Turmglocken.

Johannes Tschoni Bigler ist einer der vier Kunstschaffenden, die unter dem Namen Art Aentlebuch gemeinsame Ausstellungen organisieren. Ihre Zusammenarbeit entstand dadurch, dass sie alle ihr eigenes Atelier im Businesspark Aentlebuch haben. Mit dem aktuellen Projekt «Die Kirche im Dorf» widmen sich Ruedi Sorg, Kurt Erni, Nazir Amir und Johannes Tschoni Bigler den 13 katholischen und 2 reformierten Kirchen im Raum der Biosphäre Entlebuch.


Zwei Ausstellungsschwerpunkte

Einerseits zeigt das Künstlerquartett die Ergebnisse seiner bildnerisch-fotografischen Auseinandersetzung mit den Sakralbauten, andererseits ist vor jeder Kirche eine schlanke, turmförmige Stele platziert, auf der die dor­tigen Glocken mit Entstehungsjahr, Giesserei, Stimmung und spezieller Inschrift porträtiert sind. Mittels eines QR-Codes kann jedes Glockengeläute (Aufnahmen von Robin Marti) auch akustisch erlebt werden. Damit nicht genug: Vier Kurzkonzerte, elf öffentliche Proben von Vereinen, Gruppen und Einzelnen, Wort-Musik-Performances, eine Kunst- und eine Tanzveranstaltung laden während der Ausstellungszeit vom 12. bis 26. Oktober zu einem Besuch in den Kirchen der Region ein. An acht Standorten sind Biglers Orgel-Improvisationen zu den jeweiligen Glockentönen zu hören. Insgesamt ist das Projekt ein Vorhaben, das nicht nur die Künstler verbindet, sondern auch eine identitätsstiftende Wirkung für die Biosphäre Entlebuch anstrebt.


Die Orgel Hasle zuerst

Nachdem die Vernissage am vergange­nen Samstag viel Volk in die Kunstaus­stellung im Businesspark Aentlebuch gelockt hatte, begann am Sonntag der bunte Reigen der dezentralen Angebote. Den Anfang machte der Musiker Johannes Tschoni Bigler mit ei-ner Improvisation auf der Goll-Orgel in der Pfarrkirche Hasle. Im grünen Kirchturm hängen fünf Glocken, die zwischen 1503 und 1843 gegossen wurden und auf die Töne «es», «ges»,  «b», «es» und «ges» gestimmt sind. Punkt 12.00 Uhr holte der Organist den Klang der Mittagsglocke auf sein Instrument. Im ersten Teil der Improvisation band er alle fünf Glockentöne in eine Melodie ein, um dann anschliessend die einzelnen Glocken, von der kleinsten bis zur grössten, in freien Tonfolgen und wechselnden Rhythmen zu umspielen, mal in schnel­len Läufen oder Teilen einer Tonleiter, mal mit Bordun-Fundament, in einstimmigen Melodielinien ebenso wie in satten Akkorden. Zweimal mündeten seine Klangspielereien in einen fröhlichen Kilbi-Tanz.


In einer Kirche zur Ruhe kommen

In kurzen Zwischenkommentaren ging Bigler unter anderem auf die Glockeninschriften ein, darunter «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen». Dieses Ver­langen sei in seinen Augen hochaktuell und spreche ihn persönlich besonders an. Als Sohn eines Organisten, in unmittelbarer Nähe zur Bieler Stadtkirche aufgewachsen, bekräftigt er: «Kirchen sind öffentliche Wohnzimmer, wo man zur Ruhe kommen kann. Ich bin fast jeden Tag kurz in einer Kirche anzutreffen, egal, wo ich unterwegs bin – einfach, um ein wenig zu sein.»

17.10.2024 :: Ruedi Emmenegger (ers)