Die Schriftstellerin Therese Bichsel las in der Bibliothek Biglen. / Bild: Markus Wehner (wmb)
Biglen: Auf Einladung der Schul-und Gemeindebibliothek kam Therese Bichsel nach Biglen und las aus ihrem neusten Roman «Unter der Linde».
Therese Bichsel wurde 1956 in Hasle bei Burgdorf geboren. Sie studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Bern, arbeitete zehn Jahre als Journalistin und anschliessend als Redaktorin und Autorin. Heute lebt sie in Unterseen.
Die Linde, von der ihr Roman handelt, ist über 800 Jahre alt und mit einem Stammumfang von elf Metern gilt sie als der mächtigste Baum im Aargau. Der Roman greift sieben Schicksale aus verschiedenen Zeiten auf: 1348 und 1668 fanden Magda-lena und Samuel in den Pestzeiten Schutz und Trost unter dem Baum. Die Magd Elsbeth, ledig und schwanger, suchte dort 1708 nach einem Ausweg. Hans Jakob versammelte 1817 seine Auswanderer unter der Linde. Hier lernte Lili 1923 ihren Mann kennen. Jürg hilft 1979 bei der Baumsanierung und Susann besucht den Baum in der Gegenwart 2021.
Baum als zentrales Motiv
Gestern wurden Samuels Frau Anna und sein Sohn Sämi auf dem Friedhof bei der Kirche Bözberg zu Grabe getragen. Nun ist er auf dem Weg zur Linde und erhofft sich hier Trost. Als er den Baum erreicht, fühlt er sich leichter. Er steht vor dem grossen Baum und fragt sich: «Was suche ich hier?» Er erhält keine Antwort auf diese Frage. Die Linde und ihre Kraft – das ist alles Unsinn für ihn. Es zählen nur Tatsachen für Samuel in dieser schrecklichen Zeit. Hans Jakob steht mit dem Rücken zur Linde, an den Stamm gelehnt, um Klarheit zu finden. 1816 war ein schlimmes Jahr. Schnee überzog die Hügel bis weit in den Frühling. Der Winterweizen reifte nicht, Luzerne und Klee auf den Brachfeldern gediehen nicht. Die Kartoffeln waren zum Teil nur kirschgross. Man nannte das Jahr «das Jahr ohne Sommer». Zurück in seinem Haus eröffnet er seiner Frau, nach Nordamerika auszuwandern. Er setzt seinen Plan in die Tat um und 57 Personen schliessen sich ihm an. Unter der Linde nehmen alle zusammen von ihrer alten Heimat Abschied. Susann ist mit ihrem gemieteten E-Bike zum Wochenmarkt nach Brugg unterwegs. Sie fährt weiter an die Aare, die hier viel weiter ist als in ihrem Wohnort Interlaken. Sie folgt den Wegweisern nach Linn zur Linde. Susann ist neugierig und bewundert den Baum, der bei der Gründung der alten Eidgenossenschaft schon als kleiner, zäher Baum hier stand. Unter anderem las die Autorin noch von Lili, der Lehrerin, die den Bauern Max heiratet und sich stark für die Rechte der Bäuerinnen engagiert. Dabei findet sie immer wieder Trost bei der Linde. Gegen Schluss des Romans schliesst sich der Kreis; wir befinden uns im Jahr 2022 und Susann trifft sich bei der Linde mit einem alten Freund.