Zwei Dampflokomotiven in Tägertschi um das Jahr 1930, kurz bevor der elektrische Betrieb auf-genommen worden ist. / Bild: zvg
Emmental: Die Bahnlinie Bern - Langnau - Luzern war ein Meilenstein für den Kanton Bern.
In den 1840-er-Jahren wurden im Kanton Bern erste Gedanken für eine Eisenbahn gesponnen. Der Grosse Rat wehrte sich jedoch lange gegen den Vorstoss; auch noch 1852 wollte man nichts davon wissen und sprach sich gegen eine allfällige Zinsgarantie aus. Der Blick zurück zeigt, dass extrem viele Hindernisse überwunden werden mussten.
«Volksbahn gegen Herrenbahn»
Erst das Konzessionsgesuch der Basler Centralbahngesellschaft zwang den Kanton Bern, die Debatte über Sinn und Zweck der Eisenbahn zu führen. 1857 wurden nämlich die Centralbahnstrecken Olten - Herzogenbuchsee - Biel und Olten - Herzogenbuchsee - Burgdorf - Bern eröffnet. Ab Wilerfeld musste man jedoch zu Fuss in die Stadt Bern laufen.
Der ehemalige Lehrer Werner Weber ist Co-Leiter des Museums «Alter Bären» in Konolfingen. Er stammt aus einer Eisenbahn-Familie, das Thema ist von klein auf sein Hobby und er weiss viel zu berichten. Unter dem Schlagwort «Volksbahn gegen Herrenbahn» und als Konkurrenz zur Centralbahn habe die Ost-West-Bahn eine Konkurrenzlinie von Zürich via Olten und Bern nach Ollon bauen wollen. «Schon 1857 erhielt man die Konzession für die Strecke von Bern bis zur Kantonsgrenze nach Kröschenbrunnen. Der Kanton Bern sprach sogar eine Subvention von zwei Millionen Franken». Vieles sei beim Planen jedoch schiefgelaufen und die Bahngesellschaft sei bankrott gewesen, ehe die Strecke fertig gebaut war. «Darum war der Kanton gezwungen, die unvollendete Linie zu kaufen und es entstand 1861 die Bernische Staatsbahn, die mit der Linie Neuenstadt - Biel - Zollikofen - Bern und Gümligen - Langnau die erste Staatsbahn der Schweiz wurde. Die Strecken Zollikofen - Bern und Bern - Gümligen waren Strecken der Centralbahn, die mitgenutzt werden konnten», erklärt Werner Weber. Zwei Berner waren massgeb-lich beteiligt und Förderer des Gedankens einer durchgehenden Linie von der Westgrenze des Kantons Bern bei La Neuveville bei Biel via Bern und Luzern nach Zürich. Einer der beiden war Bundesrat Jakob Stämpfli. Noch 1861 entschied der Kanton Bern, die bestehenden Lücken zwischen Gümligen und Langnau zu schliessen.
Es blieb kompliziert
Es war jedoch klar, dass die Linie nur rentieren konnte, wenn die Fortsetzung von Langnau nach Luzern folgen würde. Die-sen Plan versuchte die Centralbahn mit dem schliesslich unvollendeten Bau der Linie Langenthal - Wauwil zu verhindern. 1864 folgte die Betriebsaufnahme der Strecke Bern - Langnau. «Die Rendite blieb jedoch unbefriedigend und um Kosten zu sparen, wurde anstelle von Kohle in den Lokomotiven zwischenzeitlich Torf aus dem Seeland verfeuert», sagt Weber. Der produzierte Rauch sei jedoch unverhältnismässig gross gewesen und die Kosteneinsparung gering. «Es brauchte den Anschluss via Luzern zum Gotthard, der Grosse Rat schob den Entscheid über eine Kostenbeteiligung an der Gotthardbahn jedoch bis 1870 mehrfach hinaus». Gleichzeitig wurde die Konzession für das Teilstück Langnau - Kröschenbrunnen erteilt, trotz grossem Widerstand aus dem damaligen Amt Trachselwald, welches eine Bahnlinie via Sumis-wald, Huttwil und Willisau nach Wolhusen wollte. Es dauerte weitere zwei Jahre, ehe der Bahnlinie von Langnau durch das Entlebuch nach Luzern zugestimmt wurde. 1873 begannen die Erdarbeiten mit den ersten Sprengschüssen für den Bau des Tunnels bei Wiggen. Alle acht Tunnel auf der Strecke nach Luzern sind auf dem Gebiet des Kantons Luzern. «Das Sorgenkind war der 1100 Meter lange Zimmereggtunnel bei Luzern», sagt Weber. Die Bauleiter seien der Aufgabe nicht gewachsen gewesen, ein Wechsel wurde nötig. «Erst mit dem Durchbruch dieses Tunnels war es möglich, dass die Baulokomotive die Materialzüge bis nach Entlebuch führen konnten.»
Der Bau der Linie war zu teuer
1875 konnte der Betrieb von Langnau nach Luzern endlich aufgenommen werden. Auf eine Eröffnungsfeier wurde verzichtet. Von Bern nach Luzern und umgekehrt fuhren täglich fünf Züge, zwei davon waren Schnellzüge. «Die Freude war aber nur von kurzer Dauer. Der Bau der Linie Bern - Luzern war zu kostspielig gewesen und der Betrieb entwickelte sich nicht wunschgemäss. 1876 folgte der Konkurs.» 1877 ersteigerte sich der Kanton Bern die Gesellschaft für 8,5 Millionen Franken. Die Jurabahn führte den Betrieb der Strecke Bern - Langnau - Luzern weiter. Die Gesellschaft nannte sich Jura - Bern - Luzern-Bahn. Die mit dem Deutsch-Französischen Krieg verbundenen Änderungen im Grenzverlauf der beiden Staaten führte dazu, dass Basel nicht mehr französischer Grenzbahnhof war. Darum versuchte der Kanton Bern, diesen Verkehr an sich zu ziehen und die Linie Bern – Luzern bekam für den Kanton eine zentrale Bedeutung als Zubringer zum Gotthard. Nach einem schweren Unglück bei Münchenstein hatte das Schweizer Volk genug von den Schweizerischen Privatbahnen und stimmte 1898 der Schaffung der SBB zu. Die Linie wurde 1903 Teil des SBB-Netzes. «Die Strecke Bern - Langnau erhielt in weniger als 40 Jahren nicht weniger als sechs Konzessionäre und bildet ein einmaliges Abbild der Pionierzeit der schweizerischen Eisenbahngeschichte», sagt Werner Weber.
Die Bedeutung nahm rasch wieder ab
Mit dem Bau der Simplon- und später mit der Lötschbergbahn verlor die Linie Bern–Luzern rasch wieder an Bedeutung. Den Anschluss Berns an die Zentralschweiz gab man jedoch nicht auf und die SBB baute den Fahrplan im Laufe der Jahre kontinuierlich aus. Der wichtigste Schritt war die Elektrifizierung der Strecke im Jahr 1934. Die Spurbreite sei immer noch gleich wie vor 200 Jahren, erwähnt Werner Weber nebenbei. «1825 wurde die erste öffentliche Eisenbahn der Welt eingeweiht. Sie fuhr zwischen Stockton und Shildon im Norden Englands. Man stelle sich vor, die Autos müssten auf Wegen fahren, wie sie vor 200 Jahren erstellt worden sind», sagt Weber. Bis heute sei ein Hauptziel des Kantons Bern der Anschluss an die Nord-Süd-Achse. Die Linie von Bern über Langnau nach Luzern sei bereits länger nur noch lokal wichtig. «Dies deshalb, weil der Kanton für die Verbindung nach Süden den Weg via Lötschberg und Simplon durch das Berner Oberland gewählt hat und die SBB für die Einhaltung eines Stundentaktes zwischen Bern und Luzern für die Schnellzüge die sogenannte Kriegsschlaufe zwischen der West-Ost Achse (Rothrist) und der Nord-Südachse (Zofingen) ausgebaut hat». Am 17. und 18. Mai 2025 ist ein grosses Eisenbahnfest an verschiedenen Standorten geplant. Das Fest ist in erster Linie zu Ehren der Emmentalbahn (Solothurn - Burgdorf, ab 1881 bis nach Langnau). Dazu Werner Weber: «Die Strecke nach Luzern ist gleich alt und für die Region Langnau genauso wichtig wie die EB».