Die Deckeli zeigen Sujets aus der ganzen Schweiz, die Sammler stammen auch aus allen Regionen. / Bild: Rebekka Schüpbach (srz)
Zollbrück: Sammlerinnen und Sammler von Kaffeerahmdeckeli treffen sich monatlich zum Tauschen und Reden. Sie teilen eine Leidenschaft, die inzwischen selten geworden ist.
Heute ist es wieder einmal so weit: Im Restaurant «zur Brücke» Zollbrück treffen sich die «Deckeler», wie sie sich nennen. Aus der ganzen Schweiz ist rund ein Dutzend von ihnen angereist. Man kennt sich, die meisten sind pensioniert und sammeln schon seit 30, 40 Jahren Kaffeerahmdeckeli. Ihre Wege kreuzen sich immer mal wieder an einem der Treffen an verschiedenen Orten im Land. «Durchs ‹Deckelen› haben wir die ganze Schweiz kennengelernt», erzählt der mit 88 Jahren älteste Teilnehmer, der mit seiner Frau aus Liestal angereist ist. Schon als er noch berufstätig gewesen sei, habe er Kaffeerahmdeckeli aus der ganzen Schweiz gesammelt und getauscht. Viele sind durch die Arbeit in einem Restaurant dazu gekommen oder wurden von jemand anderem mit dem Sammlervirus angesteckt.
Sozialer Aspekt ist wichtig
«Es ist ein Hobby, das ich zu Hause ausüben kann und das keinen Lärm macht», erklärt eine Frau aus Freiburg, die zu Hause ihren kranken Mann unterstützt. Ausserdem seien die Deckeli lehrreich. Darauf entdecke man Pflanzen oder Sehenswürdigkeiten, die man ohne das Sammeln vermutlich nicht kennenlernen würde. Auch ihre Kinder hätten früher gerne in den Sammelordnern geblättert. Zu Hause füllten die Ordner ein ganzes Büchergestell. Mehrere Taschen voller Ordner mit Deckeli zum Tauschen hat die Sammlerin nach Zollbrück mitgenommen. Die Treffen seien eine gute Plattform zum Austauschen – und natürlich auch einfach zum «Brichten». Wie bei ihr, scheint für die meisten Anwesenden der soziale Aspekt fast wichtiger zu sein als das «Deckelen» selbst. «Wir essen bei den Treffen jeweils gemeinsam zu Mittag am langen Tisch», schwärmt ein Mann. Das sei wie in einer grossen Familie.
Nur noch zwei Rähmli-Produzenten
Dennoch wird vor und nach dem Essen getauscht und gehandelt. Selten, und deshalb sehr begehrt, ist die «Blick»-Serie der Burra AG aus dem Jahr 1979. «Artfremde» Werbung war damals eigentlich auf den Rähmli noch verboten. Deshalb verschwanden diese bald nach ihrem Erscheinen wieder vom Markt. Die Deckeli aber blieben und kosteten zeitweise viel Geld, erinnert sich der Sammler aus Liestal. Heute jedoch macht niemand mehr Gewinn mit diesem Hobby. Oft wird getauscht, vereinzelt für wenig Geld gehandelt. Ziel vieler Sammler ist es, möglichst vollständige Serien zu besitzen. Damit ist man nie fertig, denn jedes Jahr kommen neue Serien hinzu. Zum Bedauern vieler gibt es inzwischen nur noch zwei Abfüller von Kaffeerähmli: Emmi und die Migros. Somit ist die Vielfalt wesentlich kleiner. In den 90er-Jahren, der Blütezeit der Sammler, war das ganz anders. Nicht nur grosse, sondern auch kleinere Käsereien produzierten eigene Rähmli und sorgten damit für eine grosse Auswahl an Deckeli.
Zurück zu den Kännchen ist im Trend
Gut ersichtlich ist die Entwicklung an den dünner werdenden Katalogen, die der «Club Kaffee-Doppelcrème» jedes Jahr an seine Mitglieder verschickt. Darin sind die neu herausgekommenen Serien abgebildet. Den Club gibt es seit 1986. Alle Teilnehmenden am heutigen Treffen sind Mitglied, auch die Organisatorin und fast einzige Emmentalerin in der Runde, Käthi Wüthrich. Im Club fehle es an Nachwuchs. Das Interesse bei den Jungen sei gering, beobachtet Wüthrich. Aus Umweltschutz-Gründen verzichteten Firmen vermehrt auf die Herstellung oder die Verwendung der kleinen Rähmli. Stattdessen werde der Kaffeerahm wieder vermehrt in kleinen Kännchen angeboten oder in grösseren Gebinden.
Vorläufig ist kein Ende dieses Trends in Sicht. Schaut man auf den Verkaufsplattformen im Internet, scheinen zum Verkauf ausgeschriebene Sammlungen kaum auf Interesse zu stossen. Gewinn bringen sie schon gar nicht ein. So machen sich die Sammlerinnen und Sammler keine Illusionen, wie es mit ihrer Kollektion mal weitergeht. Ihr spiele es keine Rolle, was ihre Kinder einmal damit machten, sagt die Frau aus Freiburg. Sie geniesse einfach ihr Hobby und das Zusammensein mit Gleichgesinnten. Und wer weiss: Vielleicht kommt es irgendwann wieder in Mode, das «Deckelen».