Den Entlebucher Hexen auf der Spur
Schüpfheim: Das Entlebucherhaus in Schüpfheim lud am 30. April zur Walpurgisnacht ein. Neben Speis und Trank aus der Hexenküche beschäftige man sich auch mit Hexen und Hexer aus dem Entlebuch.
Gut zwei Dutzend Frauen und ein paar Männer trafen sich am Freitag-
abend vor dem Entlebucherhaus. Be-
grüsst wurden sie mit zwei Hexentränken. Über einem Holzfeuer duftete es verheissungsvoll aus einem schwarzen Kochtopf. Im Haus wurde dann das Geheimnis gelüftet. Die beiden Hexengetränke bestanden aus Schlüsselblumensirup und aus einem in Alkohol angesetzten, mit Honig gesüssten und mit Gewürzen verfeinerten Lebenselixier aus Johanniskraut. Sandra Limacher Hofstetter hatte sie nach alter Überlieferung zubereitet, genauso wie das anschliessend servierte Bärlauchbrot und die schmackhafte Hexensuppe. Spuren der Hexenmedizin seien bis in die heutige Zeit nachweisbar, wusste sie zu erzählen. Eine wichtige Überlieferungsquelle sei die Paracelsus-Medizin, die auch altes Wissen einbeziehe. Dieses Wissen besassen auch die Hexen, jene Frauen, die sich in der Kunst des Heilens mit Heilkräutern auskannten. Heutzutage erlebt die Kräutermedizin eine Renaissance. Auch Stefan Wiesner aus Escholzmatt, der sich selber Hexer nennt, sucht für seine Küche Kräuter aus der Natur.
Brauchtum wird gepflegt
Wieder entdeckt wurde auch der Brauch der Walpurgisnacht, obwohl im Entlebuch Reste dieses Brauchtums bis in die Gegenwart erhalten geblieben sind; so etwa das Legen von Sägemehlspuren zwischen den Häusern von verliebten Paaren und das Verschleppen von Gegenständen in der Nacht zum 1. Mai. Der Ursprung der Walpurgisnacht liegt im germanischen Fest der Maigöttin, die für Freiheit, Fruchtbarkeit und ungezügelte Lebensfreude stand. Der Name geht auf die heilige Äbtissin Walburga zurück, die im 8. Jahrhundert das Kloster Heidenheim in Mittelfranken leitete. Ihr Gedenktag wird am 1. Mai gefeiert. Hat wohl die Kraft starker Frauen in der patriarchaischen Gesellschaft jene Ängste ausgelöst, die dann zur Hexenverfolgung führten?
Schybi gestand unter Folter
Alte Chroniken belegen, dass im Entlebuch mehrere Personen der Hexerei bezichtigt wurden. Auch Chris-
tian Schybi sei ein Hexer gewesen, jener berühmte Anführer der Luzerner Truppen im Bauernkrieg, dessen Denkmal in Escholzmatt in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes von Stefan Wiesner steht. Schybi gestand unter Folter, Vögel gemacht zu haben, eine typische Hexertätigkeit. Seine Geschichte veranlasste Rita Kuster, die Präsidentin des Vereins Entlebucherhaus, zur Durchführung der Walpurgisnacht. Berühmtheit erlangte das Hexenkind Katharina Schmidlin aus Romoos durch das Buch «Die Vogelmacherin» von Eveline Hasler. Penny Frei las einige Passagen daraus vor.Im Turm zu Luzern sollte das Kind den Herren vom Gericht zeigen, wie es aus Ton lebendige Vögel machen könne. Es ging mit grossem Ernst ans Werk. Die Herren, die gespannt auf das Ergebnis warteten, welches sich nicht einstellen wollte, begannen derweil mit den Händen zu rudern wie Vögel mit ihren Flügeln. Das brachte den herbeigeeilten Geistlichen zur Überzeugung, ein Hexenkind vor sich zu haben, das zwar keine Vögel erschaffen, aber offenbar die gnädigen Herren verhext hatte.
Hexenwahn auch heute?
Zuletzt formulierte Rita Kuster noch einige Fragen. Gibt es Aberglauben nicht auch heute noch? Gehören Hexenwahn, Folterungen und Hexenverbrennungen der Vergangenheit an? Erlitten die Juden im Zweiten Weltkrieg nicht auch dasselbe Schicksal wie die Hexen? Stoff für weiterführende Gespräche bei Kaffee und Kuchen gab es somit genug. Das Holzfeuer vor dem Haus loderte jedenfalls noch bis weit in die Nacht hinein.
Rita Studer begrüsst die Gäste zur Walpurgisnacht.
06.05.2010 :: Bernadette Waser-Unternährer (wbe)