Langnau: Eintauchen in die Vergangenheit und von verflossenen Zeiten träumen, konnte man an der ersten Emailschilder- und Werbeartikelbörse in der Kupferschmiede Langnau.
Die Halle in der Kupferschmiede ist voll mit Tischen, die beladen sind mit Raritäten von Emailschildern, Blechdosen, Glasflaschen, Plakaten, Ansichtskarten und vielen anderen Kuriositäten. Die Händler warten erwartungsvoll auf Kundschaft, und man taucht plötzlich ab in eine Epoche aus längst vergangener Zeit. Man fühlt sich in die 60-er Jahre versetzt, als die Emailschilder ganze Strassen, Lauben, Restaurants und Tante-Emma-Läden zierten. Wer kennt sie nicht, die Maggi-, Nestlé-, Suchard-, Milka-, Henkel-, Persil- oder Knorr-Werbetafeln, meist zwei- oder dreifarbige? Unter den Sammlern sind jene Emailschilder von besonderem Interesse, die herstellungsbedingt eine gewölbte Form haben. Die Dreidimensionalität der Farben entsteht durch die verschiedenen Brennvorgänge (Schablonierverfahren). Schilder mit Absplitterungen der Farbe stören die Sammler nicht, was sie nicht haben mögen, sind schlecht restaurierte oder übermalte Tafeln.
In der Halle herrscht ein buntes Treiben aus Anbieten, Feilschen, Handeln und Tauschen der Artikel. Da ist Anna, die eben ein Serviertableau mit der Aufschrift «Queen Anna» ergattert hat, oder Hoegy aus dem Elsass, der für sich ein heimatbezogenes Schild kauft, oder der leidenschaftliche Sammler Andreas aus Bolligen, der sich überlegt, seine Sammlung zu verkaufen. Auch hört man immer wieder Zwischenrufe von Händlern, die einander mit witzigen Kommentaren zum Verkaufen der Ware anfeuern.
Die Schilder haben ihren Wert Alex aus Möhlin möchte mit einer Besucherin ins Geschäft kommen. Sie zeigt grosses Interesse an seiner Werbetafel «Black Cat». Trotz grosser Anpreisungskünste kommt der Handel nicht zustande. Diese Tafel soll einen fünfstelligen Betrag wert sein – einfach zu teuer für den Geldbeutel der interessierten Besucherin. Und so entsteht ein lustiges Geplänkel zwischen den beiden – nächstes Jahr wollen sie weiterfeilschen. Zum ersten Mal mit seinen Raritäten an einer Ausstellung ist Paul aus Stettlen, seit 35 Jahren ein leidenschaftlicher Sammler von Blechdosen. Die ersten Dosen stammen aus England. Ungefähr 3500 Exemplare zählt seine Sammlung. Auch Peter aus Römerswil, Philippe aus Zürich, Jürg aus Langnau und noch viele mehr freuen sich über verkaufte Artikel und interessante Gespräche mit Besuchern, Händlern und Sammlern.
Die Sammler finden ihre Ware übers Internet, an Brocanten, durch Hausräumungen, in Restaurants, die schliessen müssen, oder eben an Börsen wie derjenigen in Langnau. «Die Sammler sind ein Volk für sich», sagt Ueli aus Schaffhausen, der zusammen mit Eveline einen Stand eingerichtet hat. Seit 20 Jahren sind die beiden an Antiquitätenmessen anzutreffen.
Inzwischen ist es bald vier Uhr nachmittags, Ueli und Evelyne haben verkauft und gekauft, packen zusammen – auf sie wartet die nächste Ausstellung. Auch Mathias Flück, Organisator der Emailschilder- und Werbeartikelbörse, verstaut seine Ware. Als passionierter «Sammler und Jäger» ist er immer dankbar für Tipps und Hinweise über vorhandene Emailschilder-Raritäten.
Die nächste Emailschilder- und Werbeartikelbörse in Langnau ist für Samstag, 16. August 2014, geplant.
Die Vorbereitung dauerte gut ein halbes Jahr
Der gebürtige Langnauer Mathias Flück ist der Initiant der ersten Emailschilder- und Werbeartikelbörse im Emmental. Als Sammler von Emailschildern und Reklametafeln spielte er schon lange mit dem Gedanken, eine Börse zu veranstalten. Seine Sammeltätigkeit begann vor zirka 15 Jahren, und inzwischen schmücken die farbigen Emailschilder die Wände in der Rauchküche seines Bauernhauses. Gut ein halbes Jahr war er am Organisieren und Planen dieser Ausstellung. Er war im Kontakt mit Händlern und Sammlern aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz. An der Börse waren 25 Aussteller anwesend, die ihre Ware auf 40 Tischen präsentierten. Es wurden Emailschilder, Blechschilder, Plakate, Büchsen, Flaschen, Gläser und andere Werbeartikel angeboten.
Die ersten Emailschilder wurden 1890 produziert und waren bis in die 1960-er Jahre weit verbreitet. Die Technik des Emaillierens besteht darin, farbiges Glas auf Edelmetalle oder Eisen zu überziehen und diese dann bei Temperaturen von bis zu 1000 Grad zu brennen. Schon damals war dies ein kostspieliges Verfahren. Noch heute wird für ein begehrtes Bild ein vier- oder gar fünfstelliger Frankenbetrag bezahlt. Grosse Grafiker auf dem Gebiet des Emails waren unter anderen: Charles Kuhn, Leonetto Cappiello, Joseph Husson, Emil Cardieux, Luigi Taddei, Ludwig Hohlwein, Iwan Erwin Hugentobler, Karl Bickel.