Langnau: 40 Jahre lang hat Madlen Wüthrich Hauswirtschaft unterrichtet. In diesem Jahr wird sie pensioniert. Vor allem die Tischgespräche werden ihr in bester Erinnerung bleiben.
«Eigentlich wollte ich nur zwei, drei Jahre in Langnau bleiben. Ich bin in der Umgebung von Bern aufgewachsen und das Emmental kam mir anfangs furchtbar abgelegen vor», erinnert sich Madlen Wüthrich. Geworden sind es fast auf den Tag genau 40 Jahre. «Ich habe die bodenständige Art der Emmentaler schnell schätzen gelernt. Schon bald einmal wollte ich gar nicht mehr weg.» So kam es, dass Madlen Wüthrich in Langnau 40 Jahrgängen das Kochen und Hauswirtschaften beigebracht hat. Als sie zu unterrichten anfing, warf das Fach Hauswirtschaft hohe Wellen. Damals war klar, dass in Zukunft auch die Knaben Kochen lernen sollten. «Das gab einen ziemlichen Aufruhr und es wurden einige böse Leserbriefe geschrieben. Am Anfang gab es ein paar Jungen, die dachten, dass sie den Chef spielen können und die Mädchen hinter ihnen aufräumen. Das habe ich natürlich nicht durchgehen lassen», betont Madlen Wüthrich. Schon bald sei es aber ganz normal geworden, dass auch die Knaben Hauswirtschaft belegen.
Zu Tisch mit den Schülern Vor allem die Tischgespräche sind Madlen Wüthrich in besonderer Erinnerung. Beim gemeinsamen Essen öffneten sich die Schüler mehr als in anderen Fächern. «Es kam nicht selten vor, dass ich über manche Schüler mehr gewusst habe, als die Klassenlehrkraft.» Besonders gefreut hat sich Madlen Wüthrich, wenn die Schüler zu Hause etwas nachgekocht haben. «Viele haben mir voller Stolz erzählt, wie gut es der Familie geschmeckt habe. Das hat mich besonders aufgestellt.» Neben vielen gelungenen Gerichten gab es aber auch einige Missgeschicke. «Eine Gruppe hatte mir eine wunderbar angerichtete Süssmostcreme präsentiert. Voller Vorfreude haben die Schüler das Dessert gekostet und sich sofort beklagt, dass es furchtbar schmecke. Als ich probiert habe, war mir schnell klar, dass sie Salz und Zucker verwechselt haben. Das Resultat war natürlich völlig ungeniessbar.»
Neben vielen schönen Momenten gab es auch Herausforderungen. Zum Beispiel Allergien und spezielle Ernährungsweisen. «Im letzten Jahr hatte ich in einer einzigen Klasse Schüler mit Laktose-, Fructose- und Glutenunverträglichkeit und dazu eine Veganerin und eine Diabetikerin. Die Vorbereitungen waren somit sehr aufwendig.» Auch auf verschiedene Kulturen musste Madlen Wüthrich Rücksicht nehmen. «Im Moment ist zum Beispiel Ramadan. Da dürfen gläubige Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts essen. Das war für die Kinder manchmal streng. Die meisten haben trotzdem mitgemacht und das Essen manchmal sogar mitgenommen, um es nach Sonnenuntergang zu verspeisen.»
Abschied nehmen «Der Schritt in die Pension ist ein Prozess. Wenn ich einen interessanten Artikel über Ernährung lese, denke ich immer noch: Das ist etwas für den Unterricht.» Trotzdem freut sich Madlen Wüthrich auf die Pension. Das Thema Essen und Kochen wird sie auch weiter begleiten. «Ich werde mich bei der Organisation ‹Tischlein deck dich› engagieren. Ausserdem freue ich mich darauf, ausgiebig zu reisen und fremde Küchen kennenzulernen.»