Sommerserie "Klingt gut!": Mit einer Lautstärke von bis zu 120 Dezibel sollte der Dudelsack einst die Feinde einschüchtern. Heute bereitet das alte Holzblasinstrument Freude – sowohl den Spielern als auch dem Publikum.
Lauscht man dem Dudelsackspiel, fühlt man sich in das schottische Hochland versetzt. Selbst wer noch nie in Schottland war, verbindet das Instrument mit dem nördlichsten Landesteil von Grossbritannien. Früher wurden die Great Highland Bagpipes in Schlachten mit ihrer beachtlichen Lautstärke zur Einschüchterung der Feinde geblasen. Eine schottische Erfindung ist der Dudelsack entgegen der verbreiteten Annahme jedoch nicht. Bereits im Mittelalter gab es auf der ganzen Welt Sackpfeifen. Bis in die Schweiz haben sie den Weg gefunden. Der Pfeiferbrunnen in Bern zeugt davon (siehe Kasten).
Beerdigung als Schlüsselerlebnis Ueli Blaser (67) ist für das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) viel in der Welt herumgekommen. Als UNO-Militärbeobachter und Logistiker hat er viele Länder bereist und eine Menge Leute kennengelernt. Auch musikalische Paraden gab es dabei immer wieder. Dudelsackklänge waren ihm stets eine besondere Freude. Die Sackpfeifen sind nicht überall die gleichen, ähneln sich aber vom Ton und von der Spielweise her. Die Piping-Szene spannt sich über den ganzen Globus. An die erste Begegnung mit Dudelsäcken erinnert sich Ueli Blaser ganz genau, obwohl diese mittlerweile 55 Jahre zurückliegt: Als 13-jähriger Bursche sah er bei Bekannten die Beerdigung von John F. Kennedy im Fernsehen. Der Trauerzug wurde von den besagten Klängen begleitet. Eigentlich hätten ihn diese Töne nie mehr losgelassen, sagt der Langnauer. Dennoch habe er mit dem Spielen 50 Jahre zugewartet, erzählt er. Beginne man erst mit 60 Jahren, sei der Aufwand umso grösser. übe man aber fleissig, könne man bald einmal jemandem damit eine Freude bereiten, schwärmt er. Seine Begeisterung für dieses Instrument ist ungebrochen. Fast zwei Jahre übe der Anfänger auf einer übungsflöte ohne Sack. Dabei werde in erster Linie die Fingertechnik trainiert, erklärt Ueli Blaser. Diese Practice Chanter, wie die übungsflöte genannt wird, ist deutlich weniger laut und eignet sich deshalb für das Spiel in kleineren Räumen. Erst wenn Fingertechnik und erste Stücke beherrscht werden, wechselt der Anfänger auf den Dudelsack. Es vergeht kaum ein Tag, an dem Ueli Blaser nicht zum Instrument greift. Als er noch berufstätig war, hat er bereits am Morgen um
5 Uhr geübt. Heute geniesse er den Ruhestand und übe, wo und wann es ihm passe. Manchmal irgendwo auf einem Hügel, umgeben von Weiden mit Kühen – manchmal in Bumbach an der Emme. Das Instrument passe gut in die Natur, sagt Ueli, the Piper, der Mitglied der «City of Berne Piping Society» ist.
Auftritt mit der Musikschule Heute jedoch trainiert er zusammen mit seinen Kollegen, mit welchen er sich den Unterricht an der Musikschule Oberemmental teilt. Die kleine Gruppe bereitet sich auf einen Auftritt vor. Geübt werden nicht nur die Melodien, der ganze Auftritt will geprobt sein. Dazu gehören Einmarsch, Präsentation auf der Bühne und der Abgang. Unter den klaren, englischen Anweisungen des Pipe Majors Guido Kunz, Lehrer für Dudelsack an der Musikschule Oberemmental, übt die Gruppe. Alles hat seine Ordnung: Der Pipe Major ist der Chef der Gruppe und gibt den Takt an. Das erste Kommando überhaupt? «Air the bags!» Jetzt muss Luft in die Säcke. Dann geht es los: Das bekannte Stück «Scotland the Brave» ertönt.
Ueli Blaser freut sich auf den Auftritt. Extra für die «Wochen-Zeitung» hat er den typischen Kilt angezogen. Auch hier sind die Regeln streng, jedes Accessoire sitzt genau. Von der Kopfbedeckung bis zu den Schuhbändeln hat alles seine Ordnung.
Klingt gut – Wir stellen nicht ganz alltägliche Instrumente vor, beispielsweise nächste Woche das Marimbaphon. Bereits erschienen sind Beiträge über die Oboe, das Cajon und die Bambusflöte, nachzulesen unter: wochen-zeitung.ch/klingtgut