Christina Imhasly hat viel über die Hautpflege bei Neurodermitis gelernt / Bild: Oliver Menge
Serie «Eingeschränkt leben»: Seit der Kindheit leidet Christina Imhasly an Allergien und Asthma. Sie musste lernen, mit ihrer Krankheit zu leben.
«Sie sind prädestiniert für einen allergischen Schock.» Diesen Satz hörte die damals 20-jährige Christina Imhasly von ihrem Allergologen. Die junge Frau hatte sich aufgrund ihrer vielfältigen Allergien und ihres Asthmas einer Reihe von Tests unterzogen. «Diese Bemerkung des Arztes war für mich irritierend. Ich fragte mich, wie diese Aussage von anderen Menschen mit Allergien aufgenommen wird», erinnert sich die heute 42-jährige Luzernerin. Sie selber liess sich davon nicht beirren und war sicher, dass ihr dies nie passieren werde.
Schon als Kleinkind traten bei ihr erste Symptome auf. Mit drei Jahren litt sie an falschem Krupp, welcher zu Atemnot führte und sich später zu einem Asthma entwickelte. «Als Kind hatte ich oft Angst, zu ersticken. Ich weiss noch, wie meine Mutter jeweils stundenlang an meinem Bett sass und versuchte, mich zu beruhigen», berichtet sie. «Bei ersten Tests wurde nebst dem Asthma eine Katzen- und Hundehaarallergie festgestellt. Ich erhielt einen Sirup, der zwar bei den Allergien half, aber nicht bei der Atemnot.» Die Diagnose sei für sie als Kind schwer gewesen, hiess dies doch, von Tieren Abstand zu halten. Ihre Grosseltern hatten Katzen und sie musste jeweils in einem separaten Zimmer übernachten – was aber keine Sicherheit vor Reaktionen bot. «Natürlich durften wir keine Haustiere halten, was für mich eine grosse Einschränkung war. Auch meinen Brüdern gefiel das nicht, aber immerhin konnten sie in den Ferien auf den Bauernhof, worauf ich verzichten musste», sagt Christina Imhasly.
Gehen im eigenen Tempo
Leider wurden die Beschwerden nicht weniger. In der Jugendzeit wurden zusätzlich diverse Nahrungsmittel-Allergien festgestellt. «Dazu kam die Neurodermitis, eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, welche sich auf meinen Händen, in den Kniekehlen und Armbeugen zeigte. Auf meinen Augenlidern hatte ich Ausschläge und die Augen waren rot und verquollen», blickt sie zurück. Das liess sich schlecht mit Make-up kaschieren, zudem hätte dies die Haut noch mehr gereizt und alles noch verschlimmert. «Ich entschied mich, eine Kur zu machen und verzichtete auf Roggen, Weizen und Milchprodukte. Dies brachte zwar eine Entlastung für mein Körpersystem und ich fühlte mich insgesamt besser, aber gegen die Ekzeme half es kaum.» Die Krankheit zwang die junge Frau dazu, vermehrt auf ihren Körper zu hören und dessen Grenzen zu akzeptieren. «Als ich während eines Lagers des Blaurings an einer Wanderung teilnahm, stellte ich fest, dass ich eher einen Asthma-Anfall erlitt, wenn ich hinter der Gruppe herlief und nicht mein eigenes Tempo bestimmen konnte. Wir einigten uns darauf, dass ich vorabgehen kann.» Heute kennt Christina Imhasly ihren Körper so gut, dass sie auch auf Sport nicht verzichten muss. Wichtig sei, die Anstrengung möglichst konstant, ohne grosse, abrupte Tempowechsel zu halten.
Lehrmeister riet zum Abbruch
Nach der Schulzeit entschied sich Christina Imhasly für eine Ausbildung zur Drogistin. Zu Beginn der Lehrzeit ging alles gut, die Allergien machten sich kaum bemerkbar. Aber dann: «Beim Mischen der hauseigenen Tees bekam ich Probleme, meine Haut reagierte stark. Es wurde so schlimm, dass mein damaliger Lehrmeister mir riet, die Ausbildung abzubrechen.» Doch das kam für sie nicht in Frage; sie zog die Lehre durch. Dies auch dank der Unterstützung ihrer Arbeitskollegen, welche die für sie heiklen Arbeiten übernahmen. Zwei weitere Jahre arbeitete die Luzernerin noch in ihrem Beruf, bis sie endgültig aufgeben musste. «Die Neurodermitis war so schlimm, mein ganzes Gesicht und die Hände inklusive der Unterarme waren voller schmerzhafter Ekzeme», denkt sie an diese Zeit zurück. Verzweifelt und ohne Vorstellung, wie es weitergehen soll, verreiste sie für einige Zeit ins Ausland. «Es hat mich hart getroffen, dass ich meinen Traumberuf wegen der Krankheiten aufgeben musste. In dieser Auszeit versuchte ich herauszufinden, welche beruflichen Alternativen für mich in Frage kommen könnten.» Sie entschied sich, sich zur medizinischen Masseurin ausbilden zu lassen – ein weiterer Fehlentscheid, wie sich später herausstellen sollte. «Im Laufe der zweijährigen Ausbildung achtete ich darauf, welche Öle ich verwendete, damit ich nicht in Kontakt mit Allergenen kam. Trotzdem geschah es immer wieder, dass ich nach der Behandlung gewisser Patienten rote, juckende Hände hatte», erzählt sie. Sie konnte sich lange keinen Reim darauf machen, aber die Ausschläge wurden stärker und gingen schlussendlich nicht mehr weg. Sie fand heraus, dass die betreffenden Personen Haustiere hatten, auf deren Hautschuppen sie reagierte. Nach zehn Jahren Berufstätigkeit blieb ihr nichts anderes übrig, als erneut den Beruf zu wechseln. Nach einem kurzen Abstecher in den Verkauf trat sie eine Ausbildung zur Spital- und Arztsekretärin an und arbeitet heute bei einer Krankenkasse.
Heute kaum noch Beschwerden
Heute gehe es ihr gut, sie hat ihre Allergien und das Asthma gut im Griff. «An einem Kurs im Inselspital Bern habe ich viel über die Hautpflege bei Neurodermitis gelernt. Ich habe die Tipps umgesetzt und seither habe ich kaum mehr Beschwerden», sagt die Mutter einer zwei Monate alten Tochter. Interessanterweise sei auch das Asthma seit ihrer Schwangerschaft nicht mehr aufgetreten. Bei der Ernährung achtet Christina Imhasly auf die Inhaltsstoffe. «Ich kann zum Beispiel nicht einfach ein Müesli aus dem Regal nehmen. Ich vergewissere mich zuerst, ob allenfalls Nüsse, Weizen oder Leinsamen enthalten sind.» Auf viele Produkte müsse sie daher verzichten. Diese Einschränkungen, welche für viele unvorstellbar wären, sind für sie alltäglich geworden. Auch bei einem Besuch im Restaurant müsse sie erst wissen, welche Produkte ein Gericht enthält, bevor sie bestellen könne. Das schränke die Auswahl an Speisen für sie erheblich ein. «Besonders heikel sind Erdnüsse. Bereits ihr Duft kann ausreichen, dass es mich im Hals zu jucken beginnt», hat sie die Erfahrung gemacht. Sollte sie versehentlich ein paar Erdnüsse essen, schwillt ihr Halsbereich bedrohlich an und es kann zu Atemnot kommen. «Das wäre lebensgefährlich und ich müsste umgehend ins Spital.»
Als Mutter mache sie sich schon Gedanken, ob sie ihre Allergien ihrer Tochter vererbet habe. Darum verzichtet sie bei der Babypflege auf Öle mit Zusatzstoffen und hofft, dass das Immunsystem des Kindes durch die Muttermilch gestärkt werde. «Aber ich lebe nicht in ständiger Angst vor den Allergien. Ich denke, es ist wichtig, diese als einen Teil von mir zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen.»