Die Trocknungsanlage wurde demontiert und auf Lastwagen verladen. Sie soll im Ausland noch gebraucht werden. / Bild: Anne-Käthi Flükiger (akf)
Röthenbach: Die Trocknungsanlage hat ausgedient, sie wurde letzte Woche demontiert. Während sie viele Jahre auf Hochtouren lief, nahm die Nachfrage in letzter Zeit ab.
Letzte Woche ging in Röthenbach die Ära der Trocknungsanlage zu Ende. 64 Jahre «Grasdeeri» sind nun endgültig Geschichte. Keine weithin sichtbare Wasserdampfsäule mehr, kein feiner Geruch mehr nach getrocknetem Gras. 1956 taten sich in Röthenbach rund zehn Aktionäre zusammen und gründeten die Trocknungsanlage Röthenbach. Der einzige noch lebende Aktionär und Gründungsmitglied ist der heute 91-jährige Ernst Aeschlimann. Er erzählt: «Das Grundstück konnten wir Walter Stucki abkaufen und im Frühling 1956 mit dem Bau beginnen. Schon im Herbst konnte die Anlage, mit einem Trocknungsofen der Firma Seiler aus Zürich, in Betrieb genommen werden. Der erste Anlagenführer war damals Armin Bürki, ich war der Sekretär der Aktiengesellschaft.» Von Anfang an sei die Grastrocknungsanlage auf Hochtouren gelaufen, oft Tag und Nacht. Die Bauern hätten Fuder um Fuder Gras gebracht, damals noch mit den Pferden. «Nicht selten mussten sie daher Wartezeiten vor Ort in Kauf nehmen, die sie dann meist im Gasthof Rössli verbrachten», erinnert sich Ernst Aeschlimann. Später wurde ein zweiter Ofen eingebaut, die Pferdefuhrwerke wurden weniger und die Traktoren und Ladewagen nahmen zu. Das Geschäft florierte und die Aktionäre konnten sich jedes Jahr einen gemeinsamen Ausflug gönnen. Aber Ernst Aeschlimann sagt auch: «Die Zeiten änderten sich und die Leute auch.»
Immer weniger Futter getrocknet
1987 kaufte Beat Schmied den Aktionären die ganze Liegenschaft samt Trocknungsanlage ab, baute einen richtig grossen Ofen und Häcksler ein und konnte so die Anlage im Frühling unter seinem Namen in Betrieb nehmen. Da hatte er aber mit der zu geringen Stromzufuhr zu kämpfen. Ein neuer Trafo war nötig. In den folgenden Jahren wurden in Röthenbach unter Vorarbeiter Anton Flückiger jährlich bis zu 600 Tonnen Trockenwürfel produziert, davon etwa 15 Prozent Mais.
Mit der Zunahme der Heubelüftungen und dem Silieren, aber auch wegen immer weniger Landwirtschaftsbetrieben, wurde je länger je weniger Futter getrocknet. «Auch war es oft mit der Zahlungsmoral so eine Sache», wie Beat Schmied sagt: «Zuerst musste eine Bäuerin einen Eber kaufen, ein anderer Bauer das neue Gebiss für den Vater bezahlen. So musste ich halt noch länger auf mein Geld warten.» Das ist nun vorbei. Die ganze Liegenschaft hat er an die einheimische Firma Mosimann Leitungsbau verkauft, sie wird zur Lagerhalle. Ein grosser Pneukran hob den Brenner mit Trocknungsofen von 14 Tonnen und die riesige Dreiweg-Trommel mit 17 Tonnen Gewicht aus der Halle auf Lastwagen. Die Maschinen sollen schlussendlich im Ausland wieder zum Einsatz kommen.
Reparaturen als Haupterwerb
Beat Schmied betreibt seit 2001 auch die Grastrocknungsanlage in Konolfingen, wo bisher jährlich bis zu 1400 Tonnen Trockenwürfel, nebst Gras und Mais auch Getreide, produziert werden. Ab 2021 möchte er dort, mit Vorarbeiter Anton Flückiger, während 24 Stunden trocknen. Sein Haupterwerb bleibe aber nach wie vor schweizweit die Reparaturen von verschiedensten älteren und alten Maschinen, von denen es keine Ersatzteile mehr gibt, erklärt er. Als gelernter Huf- und Fahrzeugschmied findet er auch da stets eine Lösung.