«Diesen Teamgeist vergesse ich nie wieder»

«Diesen Teamgeist vergesse ich nie wieder»
Jean Cusson baute nach seiner Eishockeykarriere mit seinen Brüdern eine Wurstfabrik auf. Er geniesst mittlerweile aber seine Pension. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: In zehn Tagen, am 30. Januar, feiert der Klub sein 75-jähriges Bestehen. Höhepunkt der Tigers-Geschichte war der Titelgewinn von 1976 unter Spielertrainer Jean Cusson.

Jean Cusson, rund 45 Jahre ist es her, da wurden Sie mit den Langnauern das erste und bisher einzige Mal Schweizermeister. An was erinnern Sie sich noch?

Da muss ich nicht lange überlegen – das war der Teamgeist. In meiner gesamten Karriere als Eishockeyspieler und Trainer habe ich nie einen Zusammenhalt wie in Langnau erlebt. Diesen Spirit werde ich mein Leben lang nie vergessen. Der war einzigartig und auch der Hauptgrund für den Titelgewinn.


Sie konnten aber auch die beste Spielergeneration der Klubgeschichte trainieren.

Das ist richtig. Ich habe vor- und nachher nie mit einer Mannschaft mit so vielen Talenten gespielt. Und das Aussergewöhnliche an der Geschichte war ja, dass die allermeisten Spieler waschechte Langnauer waren. Zusammen mit zwei, drei anderen Spielern war ich der einzige «Fremde». Und was man auch nicht vergessen darf – ich war der einzige Profi unter lauter Amateuren, die tagsüber arbeiteten. Der SC Langnau war in den erfolgreichsten Jahren seiner Klubgeschichte eine Dorfmannschaft, wie sie im Buche steht. Dies wertet die grossen Erfolge der Siebzigerjahre noch zusätzlich auf.


Sie waren Spieler und Trainer der Meistermannschaft, eine Doppelfunktion, die heute undenkbar wäre. 

Nicht nur Teamgeist und Talent haben damals gepasst, sondern auch die Führung der Mannschaft. Hans Brechbühler unterstützte mich in den Trainings und während der Spiele so gut wie er nur konnte. Wir verstanden und ergänzten uns sozusagen blindlings. Wir brauchten nicht viele Worte, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er blieb auch in den hektischsten Augenblicken die Ruhe selbst. Nur dank ihm konnte ich mich auf meine Rolle als Spieler konzen-
trieren.


Und Hans Brechbühler hat ja im Nachwuchsbereich auch die talentierteste und erfolgreichste Langnauer Spielergeneration aufgebaut.

Ja, die Konstellation hätte zu meiner Zeit in Langnau nicht besser sein können. Ich war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Es hat alles gepasst, was für die Erfolge passen musste. Und ich kann nicht genug betonen – Hans Brechbühler hat enormes Verdienst an den «Goldenen Jahre» mit dem Titelgewinn als Höhepunkt.


Nach dem dritten Rang in Ihrer ersten Saison 1974/75 wagten Sie in den Ausblicken auf die Meisterschaft 1975/76 die Prognose, um den Titel mitspielen zu wollen. Woher nahmen Sie diese Zuversicht und diesen Mut?

Nun, ich hatte ganz einfach das Bauchgefühl, dass mit dieser Mannschaft noch mehr möglich sei. Es wäre auch ein Fehler gewesen, nach dem Bronzemedaillengewinn nicht noch mehr zu fordern. Ich hatte mich nicht getäuscht. Die Mannschaft rückte noch ein wenig mehr zusammen, sie war bereit für den nächsten Schritt in die richtige Richtung, zum Meistertitel.


Verfolgen Sie eigentlich immer noch das Schweizer Eishockey?

Nein und selbst das Interesse an der NHL ist sehr gering. Nach meiner Sportlerkarriere und der Rückkehr in meine Heimat konzentrierte ich mich zusammen mit meinen Brüdern zu hundert Prozent auf den Aufbau unserer Wurstfabrikation. Ich war dreizehn Saisons in der Schweiz, aber damals verdiente man als Profi bei weitem nicht so viel, dass man sich nach der Karriere in den Lehnstuhl setzen konnte. So oder so bin ich der Meinung, dass man sich im Leben immer auf eine Sache konzentrieren sollte, aber dafür zu hundert Prozent.


Die Goldmedaille, die Sie mit Langnau gewonnen haben, ist aber nicht in einer Kartonschachtel und auf dem Estrich gelandet, oder?

Nein, sie hat einen Ehrenplatz erhalten, sie hängt im Wohnzimmer neben der Bronzemedaille, die ich mit der kanadischen Nationalmannschaft an der WM 1967 in Wien zusammen mit Paul-André Cadieux’ Bruder Raymond gewonnen habe.

Jean Cusson – vom Meister zum Wurstfabrikanten

Der 78-jährige Kanadier Jean Cusson lebt heute in der Nähe von Montreal und ist seit einigen Jahren pensioniert. Während insgesamt 13 Saisons war er Spielertrainer und Trainer bei Servette (1969 bis 74), dem SC Langnau (1974 bis 76), La Chaux-de-Fonds (76 bis 79), Lugano (79 bis 81) und Ambri (82/83). Mit Servette wurde er Vizemeister (71) und gewann ein Jahr später den Schweizer Cup. 

Am meisten Erfolg hatte er mit dem SC Langnau: Bronze 1975 und Meister 1976. Nach Beendigung seiner Karriere und der Rückkehr nach Kanada baute er zusammen mit seinen beiden Brüdern das bedeutendste Wurstfabrikations-Unternehmen der Provinz Quebec mit 35 Abnehmern auf, das heute von einem der beiden Söhne geführt wird. In den langen und eiskalten Wintermonaten verlässt Jean Cusson die Provinz Quebéc, um im amerikanischen Sonnenstaat Florida Golf und Tennis zu spielen. Wegen Corona ist dies aktuell aber nicht möglich.

21.01.2021 :: Werner Haller (whz)