Bei Forschungsprojekten arbeitet die Biosphäre Entlebuch oft mit Studierenden zusammen / Bild: zvg
Biosphäre Entlebuch: Kernpunkt einer Unesco Biosphäre ist auch die Forschung. Mit dieser hat das Entlebuch die Alpabfahrt kommerzialisiert – und eine weltweite Forschungslücke geschlossen.
Die Forschung in der Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE) diene als «anregende, beschreibende und beobachtende Grundlagenaktivität auf dem Weg in Richtung nachhaltige Entwicklung», schreibt die UBE dazu. So hat sie seit der Gründung 25 Forschungsprojekte abgeschlossen.
Mindestens eines davon zeigt noch heute seine Wirkung: Zwischen 2002 und 2006 habe ein Forscherteam die Bewirtschaftungsformen im Entlebucher Sömmerungsgebiet untersucht, erklärt Florian Knaus, der die Forschung in der Biosphäre koordiniert. Es habe sich gezeigt, dass die Beweidung der Alpen mit Rindern das Landschaftsbild und die Biodiversität zwar positiv beeinflusse, die Beweidung aber nur mit Finanzhilfen der öffentlichen Hand aufrechterhalten werden könne. «Bezüglich der kulturellen Werten entstand in der Begleitgruppe des Projekts die Idee, dass der Alpabzug am Leben erhalten werden könnte, wenn man ihn in Szene setzt und populärer macht», erzählt Knaus. So sei die touristische Vermarktung der Alpabfahrt entstanden.
Weltweite Wissenslücke geschlossen
Die Forschungen in der UBE würden aber nicht nur das Entlebuch, sondern auch die wissenschaftliche Arbeit weiterbringen, fährt Knaus fort. In einem Fall sei sogar eine weltweite Lücke geschlossen worden. So sei im Entlebuch untersucht worden, was eine Biosphäre monetär bringe. «Das wurde erst in wenigen Gebieten erforscht», sagt Knaus. «Der Aspekt, wie viel Wertschöpfung durch Regionalprodukte entsteht, wurde weltweit sogar noch gar nie untersucht; diese Resultate erhielten demnach grosse Resonanz.» Viele andere Pärke – nicht nur in der Schweiz – hätten dann die Methodiken aus der Entlebucher Forschung anwenden können, etwa für Wertschöpfungsstudien.
«Das Einzigartige an der Forschung durch die Biosphäre ist, dass wir kein Forschungsinstitut wie eine Universität sind», sagt Florian Knaus. Dort würden Professoren wechseln und Studien könnten nicht über eine lange Zeit angelegt werden, sagte er. Die Biosphäre könne aber Forschungen wiederholen, Resultate vergleichen oder, wenn gewollt, gar über mehrere Jahrzehnte anlegen. Geplant sei etwa ein Projekt zu den Folgen des Klimawandels auf die Moore. Mit automatischen Messungen bei Hochmooren von nationaler Bedeutung solle untersucht werden, wie es ihnen heute, in 20 oder in 30 Jahren gehe.
Technologie ins Entlebuch gebracht
Florian Knaus ist seit zwölf Jahren wissenschaftlicher Koordinator. Inhaltlich hätten sich die Projekte nicht gross verändert, sagt er. Zu Beginn seien aber mehr Projekte mit der Bevölkerung ausgeheckt worden. «Das soll wieder stärker in den Fokus rücken in den kommenden Jahren.» Geplant ist ein grösseres Forschungsprojekt über verschiedene Disziplinen zum Thema Kultur. Es soll über mehrere Jahre laufen und die Bevölkerung miteinbeziehen. Zu Beginn habe die Forschung vor allem dabei geholfen, dass die Technologie den Weg ins Entlebuch gefunden habe, sagt Knaus. So konnten die Gemeinden früh auf Daten und Auswertungen etwa aus den geografischen Informationssystemen zurückgreifen. Das half ihnen bei der Planung gewisser Projekte.
Zusammenarbeit mit Universitäten
Eigene Forscherinnen und Forscher hat die Biosphären aktuell nicht angestellt. «Wir überlegen uns, welche Fragen interessant sind und versuchen, diese zusammen mit Institutionen zu bearbeiten», sagt Florian Knaus, der auch Wissenschaftler an der ETH am Institut für Terrestrische Ökosysteme ist. Oftmals würde die Forschungsfrage dann in Form einer Master- oder Bachelorarbeit beantwortet. Oder es laufe umgekehrt, und die Biosphäre werde von Studierenden oder Instituten für Projekte angefragt. «Die Projekte müssen der Biosphäre etwas bringen», sagt Knaus. Wie die Vermarktung der Alpabfahrt. Aktuell laufen fünf Projekte. So will etwa die Universität Bern die wichtigsten Aspekte der Lebensqualität für Menschen in Pärken erfassen und aufzeigen, wie diese verbessert werden kann. Die ETH Zürich ermittelt die sozialen Netzwerke in der Landwirtschaft sowie ihre Veränderung. Schliesslich will die Universität Innsbruck (Österreich) abschätzen, ob und was Biosphärenreservate zu einer grünen Wirtschaft beitragen können. Zur Forschung gehört auch das Monitoring. So werde etwa beobachtet, wie sich die Population der Feldhasen entwickelt, erklärt Knaus. Daraus könne dann gefolgert werden, wo es welche Massnahmen brauche.
Finanziert wird die Forschung durch Gelder aus dem Schweizerischen Nationalfonds, von Stiftungen sowie durch Gemeinden, Kanton und Staat. Zu forschen gibt es immer etwas. «Jedes Forschungsprojekt produziert wieder fünf neue Forschungsfragen», sagt Florian Knaus.
20 Jahre Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE): Zum Jubiläum beleuchten wir in einer Serie verschiedene Aspekte der UBE. Im nächsten Beitrag legen wir den Fokus auf die Moorlandschaft.