156 Mal auf den Napf gewandert

156 Mal auf den Napf gewandert
Ernst Lüthi lässt die Leserschaft teilhaben an seinen Erfahrungen. / Bild: zvg
Emmental: Eine Biographie, und doch wieder keine, ist das neuste Buch des Verlags Herrmann, interessant geschrieben vom Napfwanderer Ernst Lüthi aus Leimiswil.

Ernst Lüthi setzt in seinem Buch «Getragen» die Wanderbrille auf und blickt zurück auf sein Leben als Wanderer. Zeitlebens genoss er die Natur und verbrachte viel Zeit draussen, zuerst auf dem elterlichen Bauernhof und später auf zahlreichen Wanderungen, die ihn vom Kandel im Schwarzwald bis auf den Napf führten. Beim Wandern entdeckte er viele schöne Gegenden, die ihm reiche Erinnerungen bescherten.

Viele Ferientage verbrachte er mit seiner Familie im Schwarzwald. Dadurch, dass er immer wieder dort war, lernte er die Landschaft und deren Bewohner kennen und beobachtete über Jahre mit wachen Sinnen. Veränderungen fielen ihm auf, auch Überreste des Krieges.

Ernst Lüthi schreibt nicht nur, was er gesehen und erlebt hat, sondern ebenso seine Überlegungen dazu. Er stellt Fragen und beantwortet sie. Seine tiefsinnigen Gedanken regen die Lesenden an, selber weiter zu sinnieren. Er spricht sie direkt an, wie wenn er mit ihnen im Gespräch wäre.


Aufmerksam gehen

Von allen Richtungen herkommend bestieg Ernst Lüthi als Pensionierter den Napf; eigentlich kein anspruchsvoller Berg, und doch hat er seine Tücken mit steilen Abhängen und schroffen Felsen. Der Wanderer tue gut daran, aufmerksam zu gehen, so sein Rat, denn ungefährlich seien die Wege nicht. Lebendig beschreibt er die abwechslungsreiche Landschaft. Die prachtvolle Aussicht auf dem Gipfel und den Weitblick durfte Ernst Lüthi 156 mal geniessen. Da er nach jeder Wanderung einige Stichworte notierte, weiss er es genau. Wenn das Herz mitmachen würde, hätte er den Napf weitere Male erklommen.


Reich beschenkt

Getragen fühlt Ernst Lüthi sich durch all seine wunderbaren Naturbegegnungen, die ihm Kraft gaben und ihn auftanken liessen. Seine Wanderschuhe, die den Buchdeckel zieren, haben ihn auf allen Wegen durchgetragen und sind dementsprechend abgetragen. Beim Schreiben erfährt er, wie längst vergangene Erlebnisse in ihm wieder erwachen und sieht dankbar, wie reich er beschenkt wurde. Durch sein Staunen über die Natur entwickelte er eine tiefe Ehrfurcht vor dem Schöpfer. Im rückblickenden Schreiben geniesst er seine Wanderungen noch einmal. Gleiche Wege zu gehen, ist nie langweilig, denn sie zeigen sich immer wieder anders. Mal gibt es etwas Neues zu entdecken, ein anderes Mal etwas Fehlendes zu beklagen. Die Natur verändert sich. Sie überwindet Schäden und lebt weiter. Wer die Feinheiten wahrnimmt, wird beglückt.


«Getragen» von Ernst Lüthi, 25 Franken, erhältlich bei Verlag Herrmann, 3550 Langnau, 034 409 40 00, info@herrmann-druck.ch oder im emmentalshop.ch

05.08.2021 :: Sylvia Ammann (sal)