Passend und abschreckend zugleich: Die Ausstellung wurde im ehemaligen Untersuchungsgefängnis eingerichtet. / Bild: Bettina Haldemann-Bürgi (bhl)
Trachselwald: Eine neue Ausstellung im Schloss Trachselwald wirft ein Licht auf das Täufertum im Emmental – mit vielen Bezügen zur Gegenwart.
Die Räume, in denen die Ausstellung präsentiert wird, sind alles andere als einladend. Das frühere Untersuchungsgefängnis mit seinen sieben Zellen und dem engen Gang wirkt eng, kalt und bedrückend. Trotzdem zeigt sich Hanspeter Jecker, Leiter der Ausstellung und Präsident des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte, zufrieden. Das Schloss Trachselwald eigne sich gut als Erinnerungsort, weil viele Täuferinnen und Täufer hier gefangen gehalten und verhört worden seien.
Regionaler Bezug
Wie stark die täuferische Gesinnung im Oberemmental verbreitet war, zeigt der Historiker auf einer Karte im Korridor der Ausstellung. 280 täuferisch gesinnte Höfe sind hier eingezeichnet mit den Namen der Menschen, die in der Zeit von 1650 bis 1730 in Konflikt mit dem Gesetz gerieten. In der Gemeinde Langnau waren es 40 Höfe, beispielsweise die Altenei (Widmer) und der Gibel (Neuenschwander, Bürki, Grimm). Einige der Höfe sind zusätzlich gelb markiert, beispielsweise die «Dürsrüti» und die «Ey». Bei diesen handelt es sich um Täufergut, das konfisziert wurde. Schliesslich sind auf der Karte fünf Namen zu lesen, die auf den Galeeren ums Leben kamen. «Hans Lüthi» beispielsweise vom Hof Schaufelbühl in der Gemeinde Lützelflüh und «Niklaus Baumgartner vom Hof Buchschachen in der Gemeinde Trub.
Das Leid, das den Täufern in früheren Zeiten angetan wurde, ist auch in der Fortsetzung der Ausstellung Thema. Emmentaler Täufer kommen zu Wort, die von ihrer Gefangenschaft berichten, von ihrer Flucht oder davon, warum sie trotz Widrigkeiten zu Hause geblieben sind. Eine dieser Schlüsselfiguren ist die Täuferin Katharina «Trini» Bieri von Hopferen im Heimisbach, die mit ihren drei Buben Daniel (8), Caspar (6) und Hans (4) auf Schloss Trachselwald eingesperrt war und 1711 ohne ihre Kinder ausgewiesen wurde. Auf einer Schautafel ist ihre aktenkundige Geschichte nachzulesen, in einem Audiobeitrag erzählt sie von ihrer misslichen Lage in der Zelle auf Schloss Trachselwald. Im gleichen Raum ist der Auszug eines Täufermandats aufgehängt. Der Text ist stark vergrössert, so dass man ihn lesen kann (wer die Frakturschrift beherrscht) und dabei eine Ahnung bekommt, wie sehr die Berner Obrigkeit die Täufer hasste.
Die Bibel, das Buch der Freiheit
Die Ausstellung klagt nicht nur an, sondern sie erklärt, was den Täuferinnen und Täufern Halt gab. Wichtige Schriften des Täufertums werden vorgestellt. Allen voran die Froschauer-Bibel, die sowohl bei den Reformierten wie bei den Täufern beliebt war. In grossen Lettern sind Ausschnitte aus der Bergpredigt (Matthäus, 5) abgebildet, Sprüche wie «Selig sind die verfolgt werden, um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich», Verse, welche eine zentrale Rolle in der täuferischen Theologie spielen. Der Märtyrerspiegel, der Ausbund (Liedersammlung) und ein Zirkularschreiben der niederländischen Täufer an die bernischen Brüder und Schwestern sind weitere Texte, die stark vergrössert zur Lektüre einladen.
Gut ein halbes Dutzend Lieder werden im Verlauf des Rundgangs vorgestellt. Per Knopfdruck erklingen neben historischen Täuferliedern auch zwei aus dem 20. und 21. Jahrhundert. Ein Raum ist ganz dem Singen gewidmet. Auf einer Schautafel steht: «Loben, das heisst in der täuferischen Welt seit Jahrhunderten singen.» Fotos von singenden Täufergemeinden illustrieren die Singfreude von heute. Viele Täufer komponierten Lieder während ihrer Gefangenschaft. Einer von ihnen war Bänz Brechbühl (1666-1720) aus Ranflüh. Seine Biographie und sein Lied «Schabab» haben Eingang in die Ausstellung gefunden.
An vielen Stellen schafft die Ausstellung den Sprung in die Gegenwart. Das gelingt ihr einerseits, indem sie auf Literatur wie die «Furgge» von Katharina Zimmermann hinweist. Andererseits beschreibt die Ausstellung Heutiges, wo einzelne Täuferinnen und Täufer Unmögliches möglich machen und die Welt zum Guten verändern.
Seit dem Täuferjahr 2007 stehen die Mennoniten mit dem Kanton Bern und der Reformierten Kirche im Dialog. An der Vernissage begrüsste Lukas Amstutz, Co-Präsident der Konferenz der Mennoniten der Schweiz, Regierungsrat Christoph Neuhaus und Synodalratspräsidentin Judith Poerksen. Die reformierte Pfarrerin betonte in ihrer Rede die Gemeinsamkeiten der beiden Kirchen und erwähnte die «ungeheure Kraft des Geistes Gottes». Von dieser Kraft legt die Ausstellung eindrücklich Zeugnis ab.
«Wege zur Freiheit», von April bis Oktober täglich geöffnet, 8.00 bis 18.00 Uhr; Eintritt frei, freiwilliger Betrag willkommen. Informationen: www.wege-zur-freiheit.ch