Die Gemeinde Langnau erhält ein Geschenk mit Tiefgang

Die Gemeinde Langnau erhält ein Geschenk mit Tiefgang
An der Übergabefeier (v. l.): Niculin Christen, Marc, Rudolf und Klaus Blaser, Martin Lehmann und Reto Mettler / Bild: Christina Burghagen (cbs)
Langnau: Der 98-jährige Geologe und Kunstmaler Rudolf Blaser überreichte letzte Woche Vertretern der Gemeinde Langnau vier Gemälde aus seinem umfangreichen Gesamtwerk.

Lockende Farben wie Smaragdgrün, zartes Orange oder leuchtendes Blau nehmen den Betrachtenden von Rudolf Blasers Gemälden sofort gefangen. Die warmen Töne kommen zudem äusserst dekorativ daher. Doch schon beim zweiten Blick offenbaren sich Botschaften, denn zum Idyll schieben sich von unten Zacken, Schichten oder tosende Wellen nach oben als drohendes Unheil. 

Die vier Werke mit Tiefgang, die Rudolf Blaser nun der Gemeinde Langnau schenkt, gehören zu einem Gesamtwerk von rund 500 Gemälden, die überwiegend in Uebeschi im Berner Oberland entstanden und eingelagert sind. Dorthin zog es Blaser nach seiner Pensionierung, nachdem er Jahrzehnte in Den Haag verbrachte, wo er als Geologe für die Erdölindustrie arbeitete. 


Schon der Brief ein Kunstwerk

Gemeinderat Martin Lehmann (SP) erzählte in seiner Laudatio, wie vor knapp einem Jahr ein handgeschriebener Brief auf dickem, festem, edlem Papier beim Kuturbeauftragten der Gemeinde Langnau, Samuel Buri, eingetroffen sei. Schon allein dieser akkurate und in schönster Handschrift verfasste Brief sei ein Kunstwerk gewesen. In diesem Schreiben erklärte Blaser, dass er in Herisau geboren, aber Bürger von Langnau sei und der Gemeinde nun einige Bilder schenken möchte. Briefwechsel, Telefonate mit Rudolf Blaser und seinem Sohn Marc seien gefolgt. Ausserdem habe es Besuche im Burgergut Steffisburg gegeben, wo der Betagte seit einigen Jahren wohnt. Bei diesen Treffen, so Martin Lehmann, habe er einen begnadeten, sensiblen, wachen und liebenswürdigen Mann kennengelernt – den man wohl als den bestdokumentierten Menschen der Welt bezeichnen könne. Denn der Grossteil des Büchergestells im Burgerheim Steffisburg sei mit Tagebüchern gefüllt, in die er sein Leben und seine nächtlichen Träume schreibt. 


Qual der Wahl

Bei einem Besuch in Uebeschi habe dann eine Delegation des Gemeinderats die Qual der Wahl gehabt, Bilder auszuwählen. Welche passen nach Langnau? Welche passen zusammen? Welche passen in unsere Zeit? Diese und weitere Fragen stellten sich. 

Als Geologe wisse Rudolf Blaser, wie fragil der Untergrund sei, auf dem unsere als sicher empfundene Zivilisation stehe, führte Lehmann aus. «Die Bilder haben etwas Mahnendes, sie erinnern an die Verantwortung von uns Bewohnenden, manchmal scheint auch etwas Apokalyptisches durch – gibt es eine aktuellere Thematik?», schloss Martin Lehmann seine Laudatio. 


Appell an unsere Verantwortung

Reto Mettler von der Kulturkommission Langnau prophezeite in seiner Rede, dass die künstlerische Sichtweise Rudolf Blasers als promovierter Geologe später von grosser Bedeutung sein werde. Geprägt von der Kunst des Malers Marinus Van der Neut habe sich Blaser eine ganz eigenständige Handschrift erarbeitet. «Man darf diese Bilder durchaus als Appell an unsere Verantwortung gegenüber dieser schönen, blauen Erdkugel verstehen», betonte Mettler an der Übergabefeier.

Stimmig improvisierte der Musiker Niculin Christen auf dem Akkordeon zu den ausgestellten Gemälden. Zwei der Bilder hängen jetzt im Sitzungszimmer, eins im Eingang der Bauverwaltung und das grösste Bild prangt nun im Sitzungszimmer des Verwaltungsgebäudes im obersten Stock. 

Rudolf Blaser hat die Hände nicht in den Schoss gelegt. Sein Sohn Klaus Blaser, der ebenso wie dessen Bruder Marc zum Anlass gekommen war, schrieb das Buch «Die alte Katze und der Himmel», das sein Vater reich illustrierte. Marc Blaser geht seit über 20 Jahren ganz in seinem Waldgarten «Jardin Intramuros» im Innenhof der Johanniterkomturei in Fribourg auf, in dem er Wildpflanzen bewahrt und pflegt.

16.06.2022 :: Christina Burghagen (cbs)