Die Nonnen lassen auf der Moosegg die Puppen tanzen

Die Nonnen lassen auf der Moosegg die Puppen tanzen
Fünf Nonnen sind noch quietschfidel, nun müssen sie Geld auftreiben für vier Beerdigungen. / Bild: Simon Schwab
Moosegg: Das Freilichttheater feierte die Premiere des Broadway-Musicals «Non(n)sens». Der künstlerische Leiter Simon Burkhalter glich das Stück dem heutigen Zeitgeist an.

Seit es Klöster gibt, beflügeln sie die Fantasie der Menschen, wie es wohl hinter den dicken Mauern zugehen mag. Viele Gerüchte und Witze kursieren, die der US-Komponist und Autor Dan Goggin in seinem Musical «Nunsense» aus dem Jahr 1986 auf die Spitze treibt. Das Freilichttheater Moosegg mit Regisseur Martin Schurr nahm sich diesen Broadway-Erfolg vor, um ein facettenreiches Musikstück auf die Waldbühne zu bringen. 


Ein verseuchtes Fondue

Die Handlung ist schnell erzählt: Das Käsefondue erwies sich als Salmonellencocktail, sodass es 52 Schwestern des Klosters dahingerafft hat. Doch fünf Nonnen sind noch quietschfidel, weil sie im Nachbar-Kloster Poker gespielt haben, als das verseuchte Fondue serviert wurde. Das gewonnene Geld reichte immerhin für 48 Beerdigungen, doch die restlichen verblichenen vier Schwestern lagern noch in einer Kühltruhe. Um das fehlende Geld aufzutreiben, veranstalten die Mutter Oberin (Martina Loy), Schwester Hubert (Linda Trachsel), Schwester Robert-Anne (Stefanie Verkerk), Schwester Leo (Helen Hefti) und Schwester Amnesia (Simon Burkhalter) ein Benefizkonzert.  

Das Publikum hatte an der Premiere alle Ohren und Augen voll zu tun, um alle Anspielungen mitzubekommen. Doch die dicht gesäten Lacher bewiesen, dass hier nicht der Nonnenwitz, sondern ausgefeiltes, professionelles Musical-Können seine Wirkung zeigte. Jede der Schwestern träumt, einst auf der Bühne zu stehen. Demgemäss bringen sie sich mit ihrem sonst gut verborgenen Talent in die Benefiz-Gala ein. Mutter Oberin schnüffelt gar am Klosterfrau-Melissengeist-Fläschchen und verliert herrlich die Kontrolle. 


Ein verjüngtes Musical

Der künstlerische Leiter und Schwester-Amnesia-Darsteller Simon Burkhalter griff zusammen mit Regisseur Martin Schurr in die Urfassung ein. «Das Original war darauf aus, niemanden zu verletzen und kam recht brav daher», erzählt Burkhalter in einem Gespräch. Verletzt werde in der Moosegg-Version auch niemand, dafür seien Passagen aber dem Zeitgeist angepasst worden. «Es ist heute glücklicherweise nicht mehr möglich, über ‹Hottentotten› zu schwadronieren, deshalb haben wir diese Teile rausgenommen», erklärte er. Zudem würden in der Goggin-Version allzu viele Nonnenwitze erzählt. Einzig dieser Witz blieb: Eine Nonne schiebt einen Kinderwagen. Fragt jemand: «Klostergeheimnis?» Sagt die Nonne: «Nein, Kardinalsfehler!»


Eine männliche Schwester

Die Rolle der Schwester Amnesia mit einem Mann zu besetzen, habe sich bei der Bearbeitung entwickelt, so Burkhalter. Weil ihr einst ein Kruzifix auf den Kopf gefallen war, steht die Gute etwas neben sich. Doch bei der Benefiz-Gala kommen die Erinnerungen wieder. Schwester Amnesia erzählt der Mönchshandpuppe Klibylius (in Anlehnung an Kliby und Caroline) in einer Ballade, dass sie sich von Herzen gewünscht hätte, auf der Reeperbahn in Hamburg eine gefeierte Dragqueen zu werden – so wie Olivia Jones. Und sie weiss wieder, wie sie wirklich heisst: Maria Paul! Zum Schluss passt der Originaltext wieder, denn Mutter Oberin ruft: «Bei Gott ist alles kunterbunt! Seid ihr bereit dazu?»

23.06.2022 :: Christina Burghagen (cbs)