Die Sterndeuter folgen auf dem Weg nach Bethlehem dem besonderen Stern am Himmel. / Bild: Jakob Hofstetter (jhk)
Konolfingen: Die Weihnachtsgeschichte erlebt: Mehrere hundert Leute begaben sich zu Fuss
auf die Reise nach Bethlehem zu Maria, Joseph und dem Christkind aus Fleisch und Blut.
«Der Stern geht immer voraus», instruiert die Pfarrerin und Mitinitiantin Christina Marbach die vor ihr versammelte Menschenmenge. Dicht gedrängt und warm eingepackt warten die Leute vor dem Kirchgemeindehaus und freuen sich auf ein besonderes Abenteuer. Ein Abenteuer, zu dem die Kirchgemeinde Konolfingen eingeladen hatte. «Wir wurden inspiriert durch die Aufführungen der Kirchgemeinde Kirchdorf und wollten die Weihnachtsgeschichte erlebbar machen», verrät die Pfarrerin. Wegen der unsicheren Corona-Lage soll das Ganze unter freiem Himmel stattfinden. Das Drehbuch geht auf, allen Unsicherheitsfaktoren zum Trotz. Es fand nämlich nur eine einzige Probe mit allen statt, und wie das Wetter sein würde, wie viele Leute kommen und ob die Tiere und die Technik mitspielen würden, wusste bis kurz vor Beginn am letzten Samstagabend niemand.
«Es fühlt sich an wie echt!»
«Vor 2000 Jahren», leitet die Pfarrerin nun zur Geschichte über, «gab es auf Anordnung von Kaiser Augustus eine Volkszählung.» Um sich registrieren zu lassen, habe damals jeder zum Heimatort seines Stammes reisen müssen, so auch Joseph vom Stamm David. Also machte er sich, zusammen mit seiner schwangeren Verlobten Maria, auf den langen Fussmarsch von Nazareth nach Bethlehem.
Einer Völkerwanderung ähnlich, setzt sich nun auch die beachtliche Menschenmenge vor dem Kirchgemeindehaus in Bewegung, angeführt vom leuchtenden Stern, von der Pfarrerin, vier Blasmusikanten und Ruth Meinen als Erzählerin und Evangelistin. Musikalisch abgerundet wird jede Szene vom Kirchenchor, der zusammen mit Drittklässlern passende Weihnachtslieder zum Besten gibt.
Halt an mehreren Stationen
Der Weg führt an Josephs Werkstatt vorbei. Ihm erscheint ein Engel mit der Botschaft, dass Marias ungeborenes Kind Gottes Sohn sei und er es Jesus taufen solle.
Auf dem Weg nach Bethlehem merkt Maria, dass die Geburt naht. Sie und Joseph suchen eine Herberge. Ob sie auch hier durchgekommen seien, fragt eine Station weiter die Erzählerin einen Wirt. Ja, bestätigt dieser. Doch leider sei er total ausgebucht, habe aber dem Paar einen kleinen Stall zur Verfügung stellen können, um das Kind zur Welt zu bringen. Diesen Stall gilt es nun zu finden.
Leicht aufwärts geht die Wanderung, als plötzlich am Horizont, mitten auf einem Feld, drei edel gewandete Gestalten im Scheinwerferlicht erscheinen. Ihre Umhänge flattern im Wind, als sie sich mit zwei Kamelen und deren Führer der wartenden Menge nähern. Offenbar hatte es mit dem Verladen der Tiere in den Transporter geklappt. Noch ein paar Stunden vor deren Auftritt verriet Christina Marbach, dass die Tiere aus Gysenstein etwas launisch seien und deshalb ihr Erscheinen nicht ganz gesichert.
Der Auftritt der drei Sterndeuter aus dem Morgenland, wie sie sich nennen, ist einer der Höhepunkt des Abends. «Es fühlt sich für mich an wie echt!», sagt eine Zuschauerin begeistert.
Jesus im Schneeanzug
Echt sind auch die Schafe, die, von ihren Hirten betreut, kurz vor dem Ziel am Lagerfeuer ruhen. Auch ihnen verkündet der Engel die frohe Botschaft. Schliesslich ist es so weit: Die Sterne – inzwischen sind es zwei, denen die Menge folgt – bleiben über einem Stall stehen: Doch so einfach ist es nicht, einen Blick auf die heilige Familie mit dem Christkind zu erhaschen. Der Andrang dürfte vor 2000 Jahren kaum grösser gewesen sein. Doch mit etwas geduldigem Anstehen klappt es. Auch die Hirten mit ihren Schafen sind zugegen und Maria hält ihr Kind auf dem Arm. Glücklicherweise ist dieses nicht nur in Windeln gewickelt, sondern schön warm in einen neuzeitlichen Schneeanzug eingepackt worden.
Langsam aber sicher kriecht die Kälte in die Kleider. Gut, dass warmer Punsch bereit steht, und wer rechtzeitig ist, ergattert dazu ein Weihnachtsringli. Auch die Kinder haben sich eine Stärkung verdient. «Am besten hat mir das Singen gefallen», sind sich die meisten der jungen Sängerinnen und Sänger einig. Ein Vater hingegen anerkennt besonders den durch die Organisatoren betriebenen Aufwand.
Auch wenn infolge des grossen Andrangs vermutlich – trotz Mikrofon und Lautsprecher – nicht alle jede Szene gleich gut mitbekommen haben, zeigen sich alle Befragten begeistert von diesem Aufbruch nach Bethlehem. Ein guter Auftakt zum baldigen Weihnachtsfest.