Ich liebe es, an warmen Sommertagen draussen vor dem Haus zu essen. Während ich Pouletschenkel mit Bratkartoffeln und Salat geniesse, sehe ich eine Radfahrerin mit Helm auf dem Kopf die Kirchentreppe hochsteigen. Wie schön, dass sie nicht nur die Wasserflasche am Dorfbrunnen füllt, sondern sich eine Pause im Gotteshaus gönnt, um ihre Seele aufzutanken. Doch bereits nach einer knappen Minute öffnet sich die Kirchentüre wieder und die
Frau hüpft leichtfüssig die Treppe hinab, steigt auf ihr Velo und fährt los. Erstaunt frage ich mich, wie es jemand schafft, in 50 Sekunden eine Kirche zu besichtigen. Sich einmal um die eigene Achse drehen, einen Blick zur Kanzel, zum Kreuz an der Wand und dem gestickten Teppich auf dem Abendmahlstisch. Das wars schon. Absitzen liegt nicht drin; falls ein Gebet, dann höchstens im Instant-Stil: «Hier bin ich Gott, amen.» Die Bedeutung von «Instant» wird im
Duden beschrieben mit «sofort, ohne Vorbereitung zur Verfügung stehend (zum Beispiel Instantkaffee).» Zu einer Instant-Gesellschaft gehört dann wohl auch ein Instant-Kirchenbesuch mit einem Instant-Gebet, und schon geht die rasende Fahrt durchs Leben weiter. Während ich diesen Gedanken nachhänge, höre ich meine Frau sagen: «Hast du heute ein Tempo beim Essen!» Tatsächlich, während sie kaum begonnen hat, ist mein Teller bereits leergefegt bis auf die abgenagten Knochen. Willkommen im Instant-Club. Ich bin gerade dabei, eine entspannte Beziehungszeit mit
meiner Frau zu verpassen. Oft geht es mir auch mit Gott so. Während dem Beten schweifen meine Gedanken ab zu den Aufgaben des Tages. Eine Zeiterscheinung? Ich schmunzle, als ich später in der Bibel lese, wie Jesus seine Jünger aufforderte: «Kommt jetzt mit, ihr allein! Wir suchen einen ruhigen Platz, damit ihr euch ausruhen könnt.» Denn es war ein ständiges Kommen und Gehen, sodass sie nicht einmal Zeit zum Essen hatten.