Campieren in geordnete Bahnen lenken

Campieren in geordnete Bahnen lenken
Dieser Stellplatz von Strahms auf der Gartegg ist bei Campern bleibt. / Bild: Symbolbild: Nomady
Kanton Bern: Camping auf dem Bauernhof ist beliebt. Eine neue Regelung soll das Angebot ­fördern. Nicht alle Landwirte, die Stellplätze anbieten, können davon profitieren.

«Einen Tisch mit Bänken – viel mehr braucht es gar nicht», erklärt der Landwirt Ueli Strahm aus Langnau. Er steht auf dem beliebtesten seiner vier Stellplätze auf der Gartegg: eine Wiese am Waldrand mit Sicht auf die Hügellandschaft des Emmentals. Heute steht hier kein Wohnmobil, doch schon am Samstag werden die nächsten Gäste erwartet. So wie bisher jedes Wochenende während der Sommersaison von Mai bis Oktober.

Zusammen mit seiner Familie em­pfängt der Bauer bereits das dritte Jahr Campingfans aus der ganzen Schweiz: «Zu uns kommen Leute von Stadt und Land und aus allen Schichten. Das gibt manchmal sehr interessante Gespräche», schwärmt er und erzählt, wie alles begann.

Aus der Not geboren

Geboren ist die Idee aus einer Not heraus. «Während Corona kamen viele Leute aufs Land. Auf den Feldwegen war kaum mehr ein Durchkommen wegen der parkierten Autos und nicht wenige stellten ihr Fahrzeug in einer Wiese ab», erinnert sich Ueli Strahm. Bei allem Verständnis für das Bedürfnis der Leute sei dies ärgerlich gewesen und hinderlich für die Feldarbeit. Strahms erhielten mehr und mehr Anfragen von Leuten, die auf der Suche nach einem Stellplatz waren. «Wenn dir der Wind entgegenbläst, stelle Windmühlen hin», zitiert Strahm aus einem Sprichwort.

Jemand erzählte ihm von ­«Nomady», der Buchungsplattform für natur­nahes Camping bei privaten Gastgebern. Die Plattform koste zwar etwas, dafür übernehme sie die ganze Büroarbeit, von der Werbung bis hin zur Zahlungsabwicklung, erklärt Strahm. Eine Win-Win-Situation, wie auch auf der Webseite von Nomady zu lesen ist. Offensichtlich stimmt das Konzept auch für die Gäste – jedenfalls was Strahms Stellplatz mit Aussicht angeht: «Absoluter Hammerplatz!», liest man da etwa, oder: «Sehr herzliche und hilfsbereite Gastgeber!» Ähnlich klingt es umgekehrt. Die Gäste hinterliessen die Plätze sehr sauber, Probleme habe es noch nie gegeben, betont Strahm.

Es braucht nicht immer Bewilligung

Alles perfekt also? Nicht ganz, denn Strahms erhielten im Juni dieses Jahres Post von den Gemeindebehörden, weil sie kein Baugesuch eingereicht hatten. Seit diesem Jahr sind zwar Stellplätze auf Bauernhöfen im Kanton Bern während der Sommersaison bewilligungsfrei erlaubt, allerdings nur unter gewissen Bedingungen: Entweder bietet man nur einen Platz an oder bis zu drei, letzteres aber während maximal zwei Jahren. Zudem müssen die Stellplätze befestigt sein und sich auf dem Hofareal befinden – ohne zusätzliche bewilligungspflichtige Anlagen.

Die Direktion für Inneres und Justiz des Kantons Bern schrieb in einer Information vom März, dass viele der von Privaten angebotenen Stellplätze «nicht baubewilligt und unter planungs- und umweltrechtlichen Gesichtspunkten zudem häufig ungeeignet» seien. Deshalb brauche es Lösungen, um die gestiegene Nachfrage nach Wohnmobilstellplätzen in geordnete Bahnen zu lenken. Die neue Regelung ist eine dieser Massnahmen. Sie geht auf eine Motion von zwei Vertretern der SVP zurück und hat zum Ziel, den Tourismus anzukurbeln, dem gestiegenen Bedürfnis nach Stellplätzen nachzukommen und dem Wildcampen vorzubeugen.

Neue Regelung passt nicht

Ueli Strahm begrüsst dies zwar, begründet aber, weshalb die neue Regelung bei ihm kaum umsetzbar wäre: «Die Leute wollen doch ihre Camper nicht neben unseren Schweinestall stellen!» Zudem laufe ab fünf Uhr morgens die Melkmaschine und auch Traktorenlärm sei nicht zu vermeiden. Deshalb wird er nun ein Gesuch einreichen, damit er seine Stellplätze behalten kann. Denn, auch wenn das Einkommen durch diesen Betriebszweig bescheiden sei, so sei es doch ein Mehrwert für die Region, ist er überzeugt. «Wir rechnen Kurtaxe ab und geben den Gästen Tipps, wo sie gut essen oder wo sie einen schönen Ausflug machen können.» Deshalb wünsche er sich mehr Toleranz von Seiten der Behörden, was innovative Ideen angeht.

In Luzern gelten ähnliche Regeln

Grundsätzlich seien Stellplätze ausserhalb der Bauzone bewilligungspflichtig, schreibt der Kanton Luzern auf seiner Webseite. Es brauche eine Ausnahmebewilligung für nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe mit engem sachlichem Bezug zur Landwirtschaft. «Handelt es sich jedoch um lediglich einen Stellplatz im bestehenden Hofareal ohne zusätzliche Bauten und Anlagen mit weniger als 30 Tagen Nutzung pro Saison, ist dies bewilligungsfrei.»

27.07.2023 :: Rebekka Schüpbach (srz)