Zahlreiche Zäziwilerinnen und Zäziwiler genossen am letzten warmen Abend ihr Siegerfest. / Bild: Rebekka Schüpbach (srz)
Zäziwil: «Dorf des Jahres» wird man nicht alle Tage. Ob Zäziwil von diesem Titel profitieren kann, wird sich zeigen. Trub zieht als schönstes Dorf 2019 eine positive Bilanz.
«Wir waren schon ziemlich überrascht, als der Anruf kam», erklärt der Gemeindepräsident Urs Hirschi gleich nach Bekanntgabe des Sieger-Dorfes auf Anfrage. Er selbst habe nämlich auch Schüpfheim mit seiner Alpabfahrt grosse Chancen eingeräumt. Doch offensichtlich war die abstimmende Leserschaft der Schweizer Illustrierten angetan von der Brächete, seit 1955 das bedeutendste Zäziwiler Dorffest. Es findet jeweils am letzten Mittwoch im September statt und lässt in der 1600 Seelen Gemeinde alte Bräuche und Handwerk wieder aufleben. Insbesondere die aufwändige Verarbeitung von Flachs zum Leinenstoff können die Besucherinnen und Besucher mitverfolgen, wovon das Brechen des Flachses ein wichtiger Arbeitsschritt ist. Zur Brächete fanden sich früher ganze Dorfgemeinschaften zusammen, bevor die Baumwolle und andere günstigere Fasern den traditionellen Leinen verdrängten und somit auch der Flachs weitgehend aus den Emmentaler Hügeln verschwand.
Kommen heuer mehr Gäste?
Auch in diesem Jahr werden die Besucher nicht nur zuschauen, sondern auch durch den dazu gehörenden Märit schlendern können. «An unserem Stand mit Hofprodukten hören wir jeweils auch Französisch und Italienisch», verdeutlicht Urs Hirschi die Bekanntheit der Brächete. Ob wegen der neuen Auszeichnung als Dorf des Jahres mehr Leute kommen werden, könne er nicht sagen. «Das wäre Kaffeesatz lesen», meint er. Möglich wärs, doch die Brächete sei ja zum Glück sowieso auf viele Besucher ausgerichtet. Deshalb brauche es keine zusätzlichen Massnahmen von Seiten der Gemeinde, wie etwa mehr Parkplätze. Und was bedeutet der Titel den Einwohnern? «Es ist vor allem ein Schulterklopfen für alle fleissigen Helferinnern und Helfer, die solche Feste jeweils auf die Beine stellen», ist Hirschi der Meinung. Finanziell dürfte es aber langfristig kaum einen Einfluss haben, weil Zäziwil ja nicht auf Tourismus ausgerichtet sei.
Positiver Effekt – auch nach Jahren
Jemand, der schon mehr Erfahrung mit dem Titel «Dorf des Jahres» hat, ist der Truber Gemeindepräsident, Peter Aeschlimann. Trub wurde 2019 zum schönsten Dorf der Schweiz gekürt, was vier Jahre später immer noch einen positiven Effekt habe. Im Gästebuch ihres Ausstellungsgebäudes könne er jeweils nachlesen, woher die Besucher gekommen sind und aus welchen Gründen. «Das ist immer hoch interessant!» Trub war unter anderem auch Drehort für mehrere Schweizer Filme, was bis heute nachhalle. Die Bezeichnung «schönstes Dorf» hat Trub sogar im Ausland bekannt gemacht. Es schmückt seit Kurzem eine Schweizerisch-Koreanische Briefmarke (die «Wochen-Zeitung» berichtete). Finanziell sei der Erfolg zwar eher bescheiden und beschränke sich im Dorf vor allem auf die Restaurants. Dennoch sei es ein Gewinn für die ganze Region. «Wer uns besucht, geht vielleicht noch zu Kambly oder umgekehrt», macht er ein Beispiel.
Es musste schnell gehen
In ein paar Jahren wird auch Urs Hirschi aus Zäziwil Bilanz ziehen können. Nun gings aber erst mal ums Siegerfest. «Zum Glück konnten wir viele Helferinnen und Helfer aus unseren Vereinen rekrutieren», freut sich der Gemeindepräsident. Nur zwei Wochen blieben den Organisatoren, um alles auf die Beine zu stellen. Durchaus mit Erfolg, wie sich am letzten Freitag Abend herausstellte.