Die Mutter blickt in Albert Ankers Bild aus dem Fenster; sie darf nach damaligem Brauch das Haus noch nicht verlassen. / Bild: zvg
Lützelflüh: Vor den Mitgliedern des Vereins Gotthelfstube referierte Professor Martin Sallmann über die Taufe im Laufe der Geschichte und in Gotthelfs Schwarzer Spinne.
In der Haupterzählung der Schwarzen Spinne schildert Gotthelf, wie der Teufel seinen Lohn begehrt für den Dienst, den er den unterdrückten Sumiswaldern erwiesen hat: Ein ungetauftes Kind will er haben. Dreimal rettet der Pfarrer ein Neugeborenes vor den Klauen des Bösen, indem er es durch eine Nottaufe mit seinen «heiligen Waffen» – dem Weihwasser, dem Kreuzeszeichen, der Hostie und den drei heiligen Namen – schützt.
Von der Erwachsenen- zur Kindertaufe
Martin Sallmann, Professor an der Theologischen Fakultät der Universität Bern, in Lützelflüh wohnhaft und selber Mitglied des Vereins, legte dar, wie sich das Ritual der Taufe vom Urchristentum bis in die Zeit nach der Reformation verändert hat. In den ersten Jahrhunderten war die Taufe meistens eine Erwachsenentaufe, und der Bischof tauchte den Täufling in einem Becken unter. Man schrieb der Taufe eine magische Wirkung zu: die Reinigung von allen Sünden. «In der westlichen Welt setzte sich mit der Glaubenslehre des heiligen Augustin die Kindertaufe durch, weil Augustin die Überzeugung vertrat, der Mensch sei von Geburt auf mit der Erbsünde behaftet und müsse möglichst früh durch die Taufe davon befreit werden», erklärte Sallmann. Die Reformation brachte ein neues Verständnis der Taufe: Sie wurde zum blossen Zeichen für die Zuwendung Gottes und zu einem öffentlichen Bekenntnis der Eltern zu einer bewussten christlichen Lebensführung. Das war auch Gotthelfs Ansicht. Er wehrte sich gegen den allzu frühen Kirchgang mit den Säuglingen und trat der Auffassung, dass ungetaufte Kinder auf ewige Zeiten verloren seien, vehement entgegen.
Das magische Denken lebte weiter
In der Rahmenerzählung der Schwarzen Spinne legt Gotthelf aber dar, wie weit im Volk der Glauben an die Magie noch immer verbreitet war. So wurde darauf geachtet, dass man das Kind zu Fuss zur Kirche trug, damit es nicht ein Leben lang träge bleibe, oder dass eine Gotte nie nach dem Namen des Kindes fragen dürfe, weil es sonst übermässig neugierig werden könnte. Der Vortrag von Martin Sallmann machte Lust, sich Gotthelfs Novelle wieder einmal zu Gemüte zu führen.