Thomas Sempach schreitet auch 2024 wieder zur Tat. / Bild: Barbara Loosli (blo)
Schwingen: Am Sonntag startet Thomas Sempach in seine 24. Saison als Aktiver. Der Emmentaler gibt einen Einblick, wie er mit 39 Jahren auf diesem Niveau schwingen kann.
Seit dem Rücktritt von Stefan Burkhalter ist Thomas Sempach mit 39 Jahren der älteste aktive Eidgenosse im Lande. Auf die Frage, ob er des-halb stolz sei, sagt er: «Nein, nicht stolz, vielmehr erachte ich es als Privileg, in diesem Alter noch schwingen zu können.» Blickt man zwei Jahrzehnte zurück, ist das alles andere als selbstverständlich: Kreuzbandriss links im Jahr 2002, drei Jahre später dieselbe Verletzung am rechten Knie. In den Jahren 2006 und 2007 Kniescheibenkorrektur nach Ausrenkungen. Zwischenzeitlich der Gewinn seines ersten Eidgenössischen Kranzes 2004 in Luzern. Vier Operationen innert kürzester Zeit. Ein ständiges Auf und Ab. Der Beginn seiner Karriere war turbulent. Einige Leute aus seinem Arbeitsumfeld rieten ihm sogar zum Rücktritt – soweit kam es nicht.
Martin Grab im Visier
119 Kränze, darunter 5 Eidgenössische, konnte Sempach bisher herausschwingen. Damit ist er der erfolgreichste Emmentaler Kranzsammler. Als seine grössten Erfolge nennt er die Siege bei den Bergkranzfesten
auf der Schwägalp im Jahr 2008 sowie auf dem Brünig im Jahr 2016. Insgesamt zehn Kranzfeste konnte der Routinier gewinnen. Ob noch weitere dazu kommen, ist sich Sempach nicht sicher. Ein Ziel hat er jedoch im Visier. «Die Marke von 123 Kränzen wäre schön, damit würde ich mit dem legendären Martin Grab gleichziehen.» Um dieses Ziel zu erreichen, überlässt der dreifache Familienvater nichts dem Zufall. Über all die Jahre hat sich Sempach seine eigenen Trainingsmethoden angeeignet. Seit dem Jahr 2009 kann er sogar auf die Dienste von Thomas Stauffer zählen, welcher aktuell als Cheftrainer der Schweizer Alpin-Männer amtet und an den letztjährigen Sports Awards zum Trainer des Jahres gekürt wurde. «Rückblickend war dieser Entscheid der Grundstein, dass ich heute noch schwingen kann. Das Training änderte sich komplett. Tom brachte mich in Sachen Athletik auf ein neues Niveau», sagt Sempach und ergänzt: Zuvor sei er auch regelmässig in den Kraftraum gegangen, aber nie in dieser Intensität. Zudem habe er das exzentrische Training nicht gekannt. «Weiter lernte ich viele neue Übungen, welche sich positiv auf meine Knie ausgewirkt haben.»
Nach fünf intensiven Jahren folgte eine Anpassung bei der Zusammenarbeit mit Stauffer. «Als ich Tom
erstmals traf, machte er mir unmissverständlich klar, dass er mich gerne unterstütze, jedoch nur, wenn die Trainingspläne entsprechend umgesetzt werden. Dies motivierte mich zwar, aber ich musste auch sehr viel Zeit investieren. Zeitweise hatte ich sechs Trainings zu absolvieren.»
Betonhantel als täglicher Begleiter
Nach der Hofübernahme im Januar 2014 war dieser Aufwand nicht mehr möglich. Dies auch, weil der gelernte Landwirt weiterhin mehrmals die Woche seinem zweiten Beruf als Maurer nachging. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. So richtete sich Sempach kurzerhand in der nahegelegenen Mehrzweckhalle einen eigenen Kraftraum ein, in welchem er bis heute nach den Trainingsplänen von Stauffer selbstständig trainiert. «Mit dieser Massnahme konnte ich viel Zeit für An- und Rückfahrten ins Training sparen. Zudem musste ich keine Rücksicht mehr auf die Trainingszeiten nehmen.» Zuvor fanden die Einheiten vielfach während seinen Stallzeiten statt. Apropos Stall- und Hofarbeit: Auch hier integriert er immer wieder Kraftübungen. Die selbst erstellten Betonhanteln sind inzwischen zum täglichen Begleiter geworden. Die je 37 Kilogramm schweren Gewichte werden zum Teil 200- bis 300-mal pro Tag auf jegliche Arten verschoben. Auch in diesem Winter kamen seine geliebten Trainingsgeräte viel zum Einsatz. Dennoch ist Sempach mit der Vorbereitung nicht restlos zufrieden. «Zu Beginn des Jahres kämpfte ich immer wieder mit kleineren Krankheiten. Daher konnte ich nicht immer top trainieren.»
Hallenschwinget erneut im Rohrimoos
Dennoch blickt Sempach zuversichtlich auf das bevorstehende Hallenschwinget, bei dem er als Titelverteidiger antritt. Als Vorstandsmitglied des organisierenden Schwingklubs Oberdiessbach steht auch neben dem Ring viel Arbeit an. «Wir sind ein kleiner Verein, daher ist der Vorstand für die Organisation zuständig.»
Dass das Hallenschwinget Oberdiessbach bereits zum dritten Mal in der Reithalle Rohrimoos stattfindet, begründet Sempach folgendermassen: «Klar möchten wir irgendwann wieder in Oberdiessbach schwingen, doch aktuell fehlt die passende Infrastruktur. Im Rohrimoos haben wir mehr Platz. Dies schätzen neben den Zuschauern vor allem die Schwinger.» Daher haben neben den zahlreichen Emmentaler Spitzenschwingern auch einige auswärtige Eidgenossen ihren Start am kommenden Sonntag angekündigt.