Wie der Dörfliklub zur Raubkatze wurde

Wie der Dörfliklub zur Raubkatze wurde
Damals: So sah es vor 40 Jahren aus, wenn das Unihockey-Team Zäziwil trainierte. / Bild: zvg
Unihockey: Die Tigers sind eine Grösse in der Schweizer Unihockeyszene. Nun haben sie ihr 40-Jahr-Jubiläum gefeiert und zurückgeblickt auf die Anfänge, in denen alles etwas kleiner war.

Das Foto zeigt junge Männer in grauen Turnhosen und roten Pullovern. Die Schläger, welche die Spieler in den Händen halten, sind ziemlich simpel. Und die Tore, die auf dem Turnhallenboden aufgestellt sind, bestehen aus ein paar zusammengenagelten Dachlatten.

So sahen vor 40 Jahren die Anfänge des Unihockeys im Emmental aus. 1984 gründeten zehn junge Männer das Unihockey-Team (UHT) Zäziwil. Der damalige Vorstand war praktisch identisch mit der ersten Mannschaft. Und diese war überaus erfolgreich: In der ersten Saison gewann Zäziwil sogleich den Schweizer Meistertitel, der damals noch in Turnierform auf dem Kleinfeld vergeben wurde.

Erich Kropf ist eines jener Gründungsmitglieder. Er schmunzelt, wenn er an die Anfänge zurückdenkt. Die Physis der Spieler, die Beschaffenheit des Materials, die Trainingsbedingungen – «das alles ist nicht mit heute vergleichbar», sagt er. Das zeigt schon nur der Blick auf den Goalie: Dieser stand damals noch ohne Helm im Tor, dafür hatte er einen ungebogenen Stock in der Hand. Etwas später wurden die Goaliestöcke verboten und dafür die Goaliemasken Pflicht.


Der Tiger als verbindendes Element

Das UHT Zäziwil ist mittlerweile Geschichte. Es fusionierte im Jahr 2000 mit Torpedo Gauchern, dem Nach­barverein, der ebenfalls in der NLA spielte. Zwei Teams, nur wenige Kilometer voneinander entfernt, beide in der höchsten Liga – das Oberemmental war damals zusammen mit dem Bündnerland die führende Region in der Schweizer Unihockeyszene.

Doch je rasanter sich das Unihockey entwickelte und auch in anderen Regionen Fuss fasste, desto mehr zeigte sich, «dass das Oberemmental nicht das Potenzial hat, um mit zwei Mannschaften in der NLA zu überleben», sagt Erich Kropf rückblickend. Also beschloss man, die beiden Vereine zu Unihockey Zäziwil-Gauchern zusammenzuschliessen. 2005 wurden daraus die Unihockey Tigers Langnau. Diese schrieben sich auf die Fahne, ein Verein für die ganze Region zu sein und ein Logo zu haben, mit dem sich möglichst viele identifizieren können.


450 aktive Mitglieder

Heuer begehen die Unihockey Tigers ihr 40-Jahr-Jubiläum. An der offiziellen Feier trafen sich am Samstag in Biglen Spieler, Funktionäre, Sponsoren und andere Wegbegleiter aus vier Jahrzehnten. Gemeinsam blickte man in die Vergangenheit, aber auch in die Gegenwart und die Zukunft.

Aus dem zehnköpfigen Dörfliklub ist mittlerweile ein Verein mit rund 450 aktiven Mitgliedern geworden. Sie verteilen sich auf zwei Dutzend Teams – von den Junioren bis zu den Senioren, vom Spitzen- bis zum Breitensport. Das Budget bewegt sich im mittleren sechsstelligen Bereich. Die Heimbasis ist die vor 23 Jahren eröffnete Espace Arena in Biglen. Sie steht zwar nicht ausschliesslich, aber doch grösstenteils fürs Unihockey zur Verfügung. Bekämen die Tigers in Biglen nicht so viele Trainingszeiten – «ich denke, wir wären nicht mehr in der höchsten Liga», sagt Kropf, der sich im Hintergrund immer noch für den Klub engagiert.


Viel Aufwand, praktisch kein Lohn

Für die Zukunft seien die Unihockey Tigers gut aufgestellt, sagen sowohl Erich Kropf wie auch Co-Präsident Björn Siegenthaler. Dank sinnvoller Arbeitsteilung könne man genügend Leute für den Vorstand rekrutieren, sagt Siegenthaler. «Aber ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zu finden, ist auch bei uns schwieriger geworden.» Und die Suche nach Sponsoren ist ein Kampf um jeden Franken.

«Vor ein paar Jahren sprachen in der Schweiz einige davon, dass Unihockey dereinst einen ähnlichen Stellenwert haben werde wie Fussball oder Eishockey», sagt Erich Kropf. Der Trainingsaufwand ist heute tatsächlich mit jenem im Eishockey oder Fussball vergleichbar. Aber vom Unihockey leben kann nach wie vor kein Spieler. Die meisten haben einen 80- oder 100-Prozent-Job. «Es wäre schön, wenn die Spieler die Erholungszeit bekämen, die ihnen zustehen würde», sagt Kropf. Doch um Halb- oder sogar Vollprofis finanzieren zu können, müssten Zuschauer-, Sponsoren- und Vermarktungseinnahmen um ein x-Faches gesteigert werden. «Das ist ein weiter, ein sehr weiter Weg.»

Ob es möglich ist? Ob man in 40 Jahren, beim Blick auf Unihockey­fotos aus dem Jahr 2024, ebenfalls schmunzeln wird? Die Zeit wird es zeigen.

30.05.2024 :: Markus Zahno (maz)