«Diesen Beruf würde ich wieder wählen»

«Diesen Beruf würde ich wieder wählen»
Den frisch diplomierten jungen Leuten liegt der Lehrer zu Füssen. / Bild: Daniel Schweizer (sdl)
Affoltern: Sommerzeit ist Lehrabschlusszeit. Das gilt auch für die 34 jungen Leute, welche sich für die Milchwirtschaft entschieden haben. Drei von ihnen erzählen von ihrem Beruf.

«Wir produzieren Genuss.» Mit «wir» sind die Milchtechnologinnen und Milchtechnologen sowie die Milchpraktikerinnen und Milchpraktiker gemeint, die mit diesem Slogan für ihren Beruf werben. Und sie scheinen damit Erfolg zu haben. Denn seit letztem Freitag treten nach drei- respektive zweijähriger Ausbildung 34 junge Leute, ausgebildet in Betrieben der Region sowie am Bildungszentrum Emme in Langnau, in den Arbeitsmarkt ein. Alle haben das Qua­lifikationsverfahren bestanden und konnten ihre Diplome oben bei der Schaukäserei in Affoltern – wo denn sonst – in Empfang nehmen.


Brennnesselkäse vom Nesselgraben

Sie habe den Zugang zu ihrem Beruf zuhause im Bauernbetrieb ihrer Eltern gefunden, sagt Michelle Lüthi, frisch diplomierte Milchtechnologin aus der Käserei Nesselgraben. Nach der Erstausbildung als Bäuerin sei es immer ihr Ziel gewesen, die Milch vom eigenen Betrieb selber zu verarbeiten. Anfangs habe ihr der technologische Bereich der Ausbildung zwar etwas Mühe bereitet, doch sie habe sich dann schnell in diese Aspekte des Berufs eingearbeitet. «Jetzt ist es einfach schön zu wissen, wie beispielsweise ein Gärprozess im Detail abläuft.» In Erinnerung bleiben würden ihr aus ihrer Ausbildungszeit sicherlich die jährlichen Besuche «der Amerikaner». Filialleiter aus den USA hätten regelmässig Produktion und Reifeprozesse ihres Emmentalers begutachtet. «Denn 80 Prozent unseres Käses werden in die Staaten exportiert.» Künftig werde sie auf dem Bauernbetrieb arbeiten und zu 50 Prozent in der Ilfiskäserei in Langnau. «Nach meiner ersten Eigenkreation, dem Brennnesselkäse, freue ich mich aufs Tüfteln an weiteren neuen Produkten», erklärt Michelle Lüthi.


Vielseitig und befriedigend

Nach ihrer Erstausbildung als Koch habe sie ein Praktikum bei einem Käse-Lieferanten gemacht, erzählt Seraina Hirschi von der Käserei in Arni. Da sei der Funken gesprungen. Die Möglichkeit, in verschiedenste Betriebe Einblick nehmen zu kön-nen, die grosse Vielseitigkeit und Flexibilität – all das habe ihr viel Freude gemacht. «Klar, diesen Beruf würde ich wieder wählen», meint Hirschi. Darum gehe es jetzt weiter in eine gewerbliche Käserei in Obwalden.

Sie habe mal mit ihrem Grossvater einer Familie auf einer Alp oberhalb Schönried ausgeholfen. «Diese schöne Zeit war der Auslöser, diese Ausbildung anzutreten», sagt Isabel Zosso von der Emmi Ostermundigen. Und sie habe es nie bereut. «Abends sieht man, was man getan hat – einfach ein befriedigendes Gefühl!» Zwar sei es auch streng gewesen zwischendurch, mit zum Teil sehr unüblichen Arbeitszeiten, aber unter dem Strich ein erfüllender Beruf, den sie wieder wählen würde. Und sicher nie vergessen werde sie das Käsen hier im Stöckli der Schaukäserei in Affoltern. «Da haben wir Käse hergestellt auf die alte Art und Weise – ein tolles Erlebnis.»


Ausbildung mit vielen Möglichkeiten

Markus Leuenberger ist Betriebsleiter der genossenschaftlichen Käserei in Arni. An der Abschlussfeier führte er in seiner Funktion als Präsident der Fachkommission durch den Anlass. Zudem bildet er seit bald 30 Jahren Lernende aus. «Der Beruf Milchtechnologe – früher waren das Käser oder Molkeristen – ist einer der vielseitigsten», findet Leuenberger. Diese Berufsleute kämen sowohl in der Produktion wie auch in der Entwicklung neuer Produkte zum Einsatz – also eine Ausbildung mit viel Innovationspotenzial. Neben Dorf- und Grosskäsereien würden auch Nahrungsmittelkonzerne die Ausbildung anbieten. Allerdings, räumt Leuenberger ein, übersteige auch in ihrer Branche das Lehrstellenangebot die Nachfrage. Und fügt gleich weitere Vorzüge des Berufs an: «Mit dieser breiten Grundausbildung ist man selbst in Bierbrauereien oder in speziellen Sparten der Pharmaindustrie eine gesuchte Person. Mit diesem Beruf steht man wirtschaftlich auf der sicheren Seite.»

11.07.2024 :: Daniel Schweizer (sdl)