Schutzmassnahmen haben sich ausgezahlt

Schutzmassnahmen haben sich ausgezahlt
Landwirt Fabian Grunder ist zufrieden mit der diesjährigen Kirschenernte. / Bild: Rebekka Schüpbach (srz)
Zäziwil: Die Kirschen-Ernte ist auch im Emmental in vollem Gang, so unter anderem bei Familie Grunder. Um perfekte Früchte zu erhalten, braucht es jedoch viel Aufwand und Wissen.

Sie sind süss, saftig und anspruchsvoller, als es auf den ersten Blick scheint. Seit Ende Juni werden die Kirschen von Grunder Obst in Zäziwil täglich geerntet, sortiert und zum Verkauf in Kartonk?

örbchen verpackt. Doch dass die von rot bis fast schwarz gefärbten Schönheiten so makellos daher kommen, ist nicht einfach nur dem Zufall geschuldet. Es steckt viel Arbeit dahinter.

Wegen des Klimawandels und der eingeschleppten Kirschessigfliege ist die Produktion von Obst und Beeren nicht einfacher geworden. In den letzten Jahren stiegen die Temperaturen bereits sehr früh im Jahr stark an,
was viele Obstbäume frühzeitig zum Blühen brachte. Weil später die Temperaturen wieder zeitweise unter den Gefrierpunkt sanken, mussten die empfindlichen Blüten nicht nur gegen das Eindringen von Pilzkrankheiten, sondern auch gegen Spätfrost geschätzt werden. Landwirt Fabian Grunder und seine Eltern stellten zu diesem Zweck kleine Holzöfen zwischen den Kirschbäumen auf. Eine Plastikfolie als Dach sorgte dafür, dass die Wärme sich etwas länger hielt (die «Wochen-Zeitung» berichtete).


Mückennetz und Regenschutz

Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? «Ja, die Kirschernte fällt in diesem Jahr zwar nicht überragend, aber zufriedenstellend aus», sagt Grunder. Er führt durch die Reihen der etwa vier Meter hohen Niederstammbäume. Im Moment ist die zweitfrüheste Sorte der Kirschen reif. «Wichtig beim Pflücken ist die Hygiene», erklärt er. So dürfe man keinesfalls Früchte am Boden liegen lassen, um den Schädlingen möglichst wenig Gelegenheit zu geben, sich zu vermehren. Eine besondere Herausforderung stellt besagte Kirschessigfliege dar, die gemäss Wikipedia 2011 ein erstes Mal in der Schweiz nachgewiesen wurde. Sie legt ihre Eier in reife Beeren und Früchte und macht diese ungeniessbar. «In diesem Jahr ist der Druck wegen des feuchten und nicht zu heissen Wetters besonders hoch», weiss Grunder. Die einzige Möglichkeit, seine Bäume und Beerensträucher vor dem Insekt zu schätzen, liegt für ihn darin, die ganze Plantage in ein Mückennetz zu hüllen. Dort hinein kommt man nur durch eine Türe, ähnlich einem Treibhaus. Dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die Plastikfolie über den Bäumen, die seit einigen Wochen als Regenschutz dient. Der junge Landwirt erläutert, weshalb Regen diesen Früchten aktuell mehr schadet als nützt: «Erntereife Kirschen platzen auf, wenn sie Regen ausgesetzt sind, und können dann bestenfalls noch als Zweitklass-Früchte verkauft werden.» Bei einigen Sorten reiche sogar eine hohe Luftfeuchtigkeit zum Platzen aus.


Zwetschgen sind erfroren

Nebst den Kirschen haben auf dem Hof die Himbeeren Saison. Im Gegensatz zu den Erdbeeren, denen das nass-kalte Wetter nicht behagte, fällt hier die Ernte zufriedenstellend aus. Dasselbe erwarten die Grunders für die kommenden Beeren-Sorten sowie für die Äpfel, Birnen und Haselnüsse. Nur auf etwas warten die Konsumenten in diesem Jahr vergebens: «Zwetschgen gibt es keine», bedauert Fabian Grunder. «Sie sind alle erfroren.» Allerdings seien diese nicht gegen die Kälte geschätzt worden, denn die Familie müsse Prioritäten setzen. «Die Wertschöpfung bei den Kirschen ist höher als bei den Zwetschgen», präzisiert er. «Ausserdem hatten wir zu wenig Zeit.» Eine kleine Ernte sei deshalb zu erwarten gewesen, doch der Totalausfall habe ihn schon etwas überrascht.

Immerhin: Fürs Geniessen von frischen Kirschen bleibt noch Zeit bis ungefähr Ende Juli. Das gilt auch ausserhalb des Emmentals. So schreibt etwa der Schweizer Obstverband (SOV) in einer Mitteilung zu dieser Saison. «Wir rechnen mit einer sehr guten Ernte von 2640 Tonnen.» Kirschen, so  der SOV weiter, seien übrigens nicht nur ein Genuss für den Gaumen, sondern auch noch sehr gesund. So enthielten sie unter anderem Melatonin, das den Schlaf verbessern soll. In dem Fall: «Guete und guet Nacht!»

18.07.2024 :: Rebekka Schüpbach (srz)