Sie misst sich mit Nadel und Faden mit den besten Berufsleuten der Welt

Sie misst sich mit Nadel und Faden mit den besten Berufsleuten der Welt
Stefanie Fahrni bereitet sich in unzähligen Stunden auch in ihrer Freizeit auf die World-Skills vor. / Bild: Laura Fehlmann (lfc)
Trubschachen: Die 20-jährige Bekleidungsgestalterin Stefanie Fahrni steckt in den Vorbereitungen für die World-Skills. Wer weiss, vielleicht wird aus der Schweizer- eine Weltmeisterin?

Vor zwei Jahren schloss Stefanie Fahrni im Lehratelier Lu Couture Wil­lisau und Luzern ihre Lehre als Bekleidungsgestalterin (früher Schneiderin) ab. Jetzt arbeitet sie im Atelier Art da Moda in Weggis, macht Änderungen, Neuanfertigungen sowie Couture nach Ideen von Kundinnen und Kunden. Letzteres liebt sie besonders, weil sie gerne austüftelt, gestaltet und kreativ arbeitet. «Das Nähen ist mein Element», sagt sie am Küchentisch ihres Elternhauses im Marchzuunhüsli ob Trubschachen. Aufgewachsen ist sie in Escholzmatt. Die junge Frau liebt die vielen verschiedenen Stoffe und Materialien, obschon nicht alles gleich praktisch zum Verarbeiten sei. «Aber wir lernen es ja, mit allem umzugehen. Und sonst ist manchmal die Fähigkeit zur Improvisation gefragt.»


Plötzlich Schweizermeisterin

Stefanie Fahrni wusste schon als Oberstufenschülerin, dass sie nähen will, und ist heute überzeugt, dass sie richtig entschieden hat. Ihr ist bewusst, dass nicht nur Fachkenntnisse und perfektes Handwerk, sondern auch Ruhe und hohe Konzentrationsfähigkeit sie dahin gebracht haben, wo sie jetzt steht. Nach dem Lehrabschluss 2022 wurde sie an den Swiss-Skills Schweizermeisterin. Das hat ihr die Türe zu den World-Skills in Frankreich geöffnet. «Ich habe damals nicht mit diesem Sieg gerechnet», schaut sie zurück und erzählt, dass die Hürden zum Schweizermeistertitel sehr hoch seien. An vier Tagen mussten fünf Aufgaben gemeistert werden.
So musste sie etwa eine technische Zeichnung eines Kleidungsstücks anfertigen, eine Jeansjacke nach vor­gegebenem Schnittmuster nähen, ein Oberteil mit Stecknadeln an einer Schneiderpuppe drapieren und einen Hut nähen und dekorieren. All das hat die junge Frau in der vorgegebenen Zeit geschafft und gewonnen.


Auf zur Weltmeisterschaft

«Die Teilnahme an den World-Skills ist eine grosse Chance für mich», sagt Stefanie Fahrni. Weil sie weiss, dass allein schon das Training für die Weltmeisterschaft ihre beruflichen Fähigkeiten enorm verbessert, nimmt sie  viel auf sich, reduzierte etwa ihr Pensum auf 80 Prozent, um sich auf die Berufsweltmeisterschaften vorzubereiten. Freizeit bleibt daneben kaum. «Es ist eine Art Weiterbildung für mich», erklärt sie. Entstehende Kosten werden teilweise vom Hauptsponsor UBS übernommen. «Und da ich noch daheim lebe, geht das gut.»

Gestern Mittwoch reist das 45-köpfige Schweizer Team nach Lyon, wo sich 1500 Teilnehmende aus mehr als 65 Ländern und Regionen versammeln, um in 59 verschiedenen Berufen gegeneinander anzutreten. Auch dieser Wettkampf dauert vier Tage. «Ich lasse mich einfach darauf ein. Die Unterstützung unserer Team-Leader ist sehr gut», sagt Fahrni.


Exakt arbeiten trotz Zeitdruck

Macht sich Stefanie Fahrni im Hinblick auf die vier strengen Tage in Lyon Sorgen? Plagen sie gar Ängste? «Ich versuche, mir keine Sorgen zu machen und darauf zu vertrauen, dass ich das schaffe.» Das Schwierigste sei, unter Zeitdruck alles exakt auszuführen. Auch nur fünf Minuten länger an etwas zu arbeiten, sei unmöglich. Zeit und Arbeit müssten perfekt stimmen. Ruhig erzählt die junge Schweizermeis­terin in ihrem ländlichen Zuhause von all dem, während der Familienhund immer wieder um sie herumhüpft und sie zum Spielen auffordert. Trotzdem verliert sie den roten Faden im Gespräch nicht und man glaubt ihr, dass sie diese nächste berufliche Hürde voll innerer Ruhe ansteuert und die Nadel und den Faden fest in den Händen hält.

05.09.2024 :: Laura Fehlmann (lfc)