Ein Unternehmen fährt Ballon

Ein Unternehmen fährt Ballon
Werbung, die Eindruck hinterlässt: Die Heissluftballone der Firma Blaser Swisslube AG. / Bild: zvg
«Acheluege» (3/5): Blaser Swisslube AG stellt Kühlschmierstoffe her. Das Unternehmen hat aber auch eine Flotte mit 35 Heissluftballonen, die weltweit unterwegs sind. Wie kommt die Firma dazu, das zu tun?

Im Emmental sind sie ein nicht seltener Anblick: blau-weisse Heissluftballone, die sanft über der Landschaft schweben. Sie gehören zur Blaser Swisslube AG, dem global tätigen Kühlschmierstoff- und Schmiermittelunternehmen mit Sitz in Hasle-Rüegsau. 1989 kaufte der damalige Firmenchef Peter Blaser einen ersten Heissluftballon und gründete gleichzeitig die firmeninterne Ballonsportgruppe. Laut Firmengeschichte habe Peter Blaser die Idee gehabt, das Unter­nehmen aus der Luft über das Emmental hinaus bekannter zu machen. «Bereits bei der ersten Fahrt hat es ihn gepackt und er wurde zum begeisterten Ballonfahrer», heisst es. Sein Sohn Marc Blaser, der seit 2010 das Familienunternehmen in dritter Generation führt, hat die Leidenschaft seines Vaters geerbt und die Ballonaktivitäten stetig ausgeweitet. Doch welche Bedeutung haben die Ballone für die Firma? Diese Frage soll ein Gespräch mit David Strasmann klären. Er ist bei Blaser Swisslube für das Ballon-Marketing verantwortlich.

Nur übers Ballonfahren zu sprechen, genügt David Strasmann aber nicht. «Man muss es erlebt haben», findet er. Und so kommt es, dass wir eines Morgens um halb sechs in der Früh, ein paar Fahrminuten vom Firmensitz entfernt, auf einem Feld einen Ballon aufbauen. Die Hülle wird ausgebreitet, der Korb aufgestellt und vier Gasflaschen werden daran montiert. Ein Ventilator füllt die Hülle mit Luft. Mit dabei sind Daniel Wehrlin als Pilotenschüler und Ernst Läderach als Nachfahrer, der den Heissluftballon mit einem Auto verfolgen wird. Das ist nötig, weil man nie ganz genau weiss, wo man schliesslich landet. Aber zuerst ist es nun Zeit, abzuheben. Daniel Wehrlin hat seine Hand am Griff des Brenners. Ab und an jagt er Flammen in die Hülle, um die Luft zu erhitzen und den Ballon zum Steigen zu bringen. Um ihn wieder sinken zu lassen, wartet er ein wenig ab oder er nutzt das Parachute-Ventil, mit dem heisse Luft abgelassen wird. «Das Lenken ist nur durch einen Wechsel in andere Luftschichten, also in eine andere Höhe, möglich», erklärt David Strasmann.


Ballonsport

Kaum spürbar gleiten wir über die Landschaft, die im Morgenlicht glitzert. Wir sehen die Dächer der Häuser, blicken auf die Emme und die noch fast leeren Strassen hinunter. Es ist noch nicht viel los an diesem Morgen. Auf einer Brücke hält eine Velofahrerin an und winkt. Die friedvolle Ruhe wird einzig vom Zischen des Brenners unterbrochen. «Beim Ballonfahren kann ich Abstand vom Trubel der Welt gewinnen», sagt David Strasmann, «es ist für mich eine Möglichkeit, den Kopf frei zu kriegen.» Der 43-jährige Deutsche fährt von Kindsbeinen an Ballon, ist seit 25 Jahren Pilot und ebenso lange erfolgreicher Ballonsportler. An den Wettkämpfen lernte er Marc Bla-ser kennen, der Mitglied der Schweizer Nationalmannschaft ist. Und so kam eins zum anderen, bis der deutsche Ballonprofi schliesslich von Deutschland nach Affoltern zog und seine jetzige Stelle übernahm. Nun fahren Blaser und Strasmann beide an Wettkämpfen auf nationaler und internationaler Ebene mit Blaser-Ballonen. Auch weitere Piloten, die im Unternehmen tätig sind, haben den Wettbewerbssport für sich entdeckt. Beim Ballonsport misst man sich in verschiedenen Disziplinen. Bei allen Aufgaben sei es das Ziel, den Ballon möglichst präzise zu einem Ziel zu bringen, so Strasmann.


Imagewerbung

Für CEO Marc Blaser und David Strasmann ist Ballonfahren Sport und Leidenschaft. Für die Firma ist es aber noch weit mehr – nämlich ein wichtiges Marketinginstrument. Die Luftwerbung, mit der Peter Blaser einst mit einem Ballon begann, hat bis heute Bestand. David Strasmann, der beruflich selbst aus dem Marketing kommt, sagt: «Es ist eine geniale Idee!» Aus seiner Sicht sei es eine charmante Art der Werbung, die bei den Betrachtern Eindruck hinterlasse, ohne aufdringlich zu sein. Und sie funktioniere generationenübergreifend. «Vom Kind bis zur Grossmutter freuen sich alle, wenn sie Heissluftballone am Himmel sehen.» Mit dieser positiven Imagewerbung würde Blaser Swisslube viel mehr erreichen als mit konventioneller Werbung, ist der Ballonverantwortliche überzeugt.

Heute hat die Firma 12 Piloten und 35 Heissluftballone, die das Blaser-Logo in die Welt hinaustragen, sei es an Wettkämpfen in aller Welt, an Fiestas, also Plauschfahrten mit mehreren Ballonteams, oder bei Fahrten im Emmental. Auch die Tochtergesellschaft in den USA hat eine Ballongruppe gegründet. Und selbst bei jener in Indien gäbe es einen Piloten, sagt Strasmann. «Er darf allerdings nicht fahren, die Genehmigung für den indischen Luftraum zu bekommen, ist bisher nicht geglückt.»


Teambildung und Beziehungspflege

Den Werbeeffekt will Blaser Swisslube auch als Arbeitgeber für sich nutzen. «Wie alle Unternehmen sind wir auf Fachkräfte angewiesen und wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein», so Strasmann. Das Ballonfahren sei etwas Einzigartiges, das Blaser Swisslube bieten könne. So hätten alle Mitarbeitende regelmässig Gelegenheit, in die Luft mitzugehen. «Im Korb kommt jeweils ein abteilungsübergreifender, bunt gemischter Haufen zusammen», sagt Strasmann. Die Firma bietet seinen Mitarbeitenden zudem die Möglichkeit, sich zu Piloten ausbilden zu lassen. Der Pilotenschüler, der heute den Ballon lenkt, arbeitet sonst im Kundenservice. Nach der Ballonfahrt wird er an seinen gewöhnlichen Arbeitsplatz zurückkehren.

Auch Kunden werden in die Höhen mitgenommen. «Es ist ein Instrument, um uns bei den Kunden zu bedanken oder die Beziehungen auf eine aussergewöhnliche Weise zu pflegen», so Strasmann. «Ein gemeinsames Erlebnis im Korb verbindet über Jahre.»


Lohnender Aufwand

Darüber, was in die Ballonaktivitäten in­vestiert wird, gibt das Unternehmen, das rund 600 Mitarbeitende beschäftigt und mit Tochtergesellschaften und Vertriebspartnern in über 60 Ländern tätig ist, keine Auskunft. Was es bringe, lasse sich monetär schwer fassen, sagt Strasmann. Kommerzielle Fahrten bietet Blaser Swisslube keine an, direkt verdient die Firma also nicht daran. Dass sich der grosse Aufwand, der für das Ballonfahren betrieben wird, insgesamt dennoch auszahlt, davon ist David Strasmann überzeugt. «Sonst würden wir es nicht tun.»

Nach rund eineinhalb Stunden sind wir ob Häusernmoos angekommen. Der Pilot landet schliesslich auf einer Strasse. Der Korb rutscht kurz über den Asphalt, bevor er sanft zum Stehen kommt. Auch der Nachfahrer ist eingetroffen. Die vorbeifahrenden Autos müssen ein wenig ausweichen, bis der Ballon verpackt ist. Niemand scheint sich gross daran zu stören. Im Gegenteil: Freundliche Blicke begegnen uns, interessiert an diesem Schauspiel. Tatsächlich scheint auch ein Heissluftballon, der den Weg versperrt, bei den Menschen positive Gefühle auszulösen.

25.07.2024 :: Regine Gerber (reg)