Christoph Metzger übt mit dem Langnauer Orchester alle neun Symphonien von Beethoven ein. / Bild: zvg
Langnau: Das Langnauer Orchester hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Am nächsten Sonntag gelangt eines der bekanntesten Klassik-Werke zur Aufführung. Wie ist so etwas möglich?
«Tatata-taa» – viele, die sich nicht gerade als Musikexperten bezeichnen, kennen von Beethovens Musik nicht viel mehr als diese vier Töne, den Anfang seiner 5. Symphonie. Das Werk steht in diesen Tagen auf dem Konzertprogramm des Langnauer Orchesters. Dessen musikalischer Leiter, Christoph Metzger, wusste die Musikerinnen und Musiker vor einigen Jahren mit einem ambitionierten Projekt zu begeistern: Lasst uns in den Jahren zwischen Beethovens 250. Geburtstag und seinem 200. Todestag, also bis 2027, alle neun Symphonien des grossen Komponisten einstudieren und aufführen. Eine Aufgabe, vor der wohl die meisten Laienorchester zurückgeschreckt wären. Warum das Langnauer Ensemble nicht?
Ein Dirigent zum Anfassen
Christoph Metzger leitet das Orchester – wie auch den Konzertchor Langnau – seit 2006. «Er hat eine seltene pädagogische Kompetenz», sagt Hans Stettler, der Präsident des Konzertvereins und seit 50 Jahren Hornist im Orchester. «Von Beginn weg wünschte Christoph Metzger, auch mit Amateurbläsern und nicht bloss mit Streichern zu arbeiten. Er gibt uns das nötige Vertrauen, damit wir auch Schwieriges bewältigen können.»
«Nie stellt er jemanden bloss», erzählen andere, oder: «Er ist ein Dirigent zum Anfassen. Mit ihm kann man auch über Alltagsthemen diskutieren. Selbst seine Fussballbegeisterung ist ansteckend.» Annalies Richard, Flötistin und Präsidentin des Orchesters sagt es so: «Christoph Metzger verlangt von uns nicht Perfektion, sondern Emotion, Freude. Wer will da nicht sein Bestes geben?» Und was meint Christoph Metzger selber? «Unsere lange Zusammenarbeit spielt sicher eine wichtige Rolle. Auch die langfristige Planung, ein genauer Probenplan. Das alles schafft Vertrauen und verhindert Leerläufe. Und das Orchester wächst von Symphonie zu Symphonie in die Musiksprache Beethovens hinein. Wir hätten nicht mit der neunten beginnen können!»
Ein Komponist für unsere Zeit?
Hat Beethoven einem heutigen Konzertpublikum noch etwas zu sagen? «Und ob!», erwidert der Dirigent, «Die Ideale, die er vertreten hat und musikalisch ausdrückt, allen voran sein Streben nach Freiheit und Brüderlichkeit, sind aktueller denn je. Lange hat man Beethovens Musik als pathetisch und ernst bezeichnet und dabei übersehen, welch musikalischer Witz hinter manchen Passagen hervorblitzt.»
Es fällt auf, wie viele junge Leute im Orchester mitspielen. «Das ist sicher – neben persönlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen – eine Frucht unserer Zusammenarbeit mit der Musikschule. Unser Konzertmeister Klaus Schild unterrichtet dort, und alle zwei Jahre machen wir gemeinsam mit der Musikschule Solistenkonzerte. Bereits Klaus Schilds Vorgänger, Jürg Egger, hat in dieser Hinsicht Wichtiges geleistet.» Annalies Richard ergänzt: «Wer mal schnuppern kommt, bleibt meist hängen. Dass Christoph seine Begeisterung für die Musik auf andere übertragen kann, ist wohl der Hauptgrund dafür. Sicher hilft auch die gute Stimmung im Orchester. Es wird viel gelacht. Manchmal zwingen halt Wegzug oder berufliche Neuorientierung die jungen Leute wieder zum Aussteigen.»
Vielfältiges Konzertprogramm
Mit der Aufführung der 5. Sinfonie ist der Beethoven-Zyklus in der Mitte angelangt. Am Konzert werden vorgängig noch zwei weitere musikalische Leckerbissen erklingen: eine Ouvertüre der französischen Komponistin Louise Farrenc und das Violinkonzert A-Dur von W.A. Mozart, komponiert vom 19-Jährigen, gespielt von der nicht viel älteren Geigerin Klara Kirchner als Solistin. Dann aber Beethoven: «Tatata-taa»!