Geschichten, verwurzelt im Emmental

Geschichten, verwurzelt im Emmental
Die drei auftretenden Autoren Hans Minder, Hans Schmidiger und Peter Heiniger (v.?l.) erhielten einen Wursthobel als Dank. / Bild: Regine Gerber (reg)
Langnau: Am ersten «Vorläse-Namitag» des Herrmann Verlags gaben die Autoren Hans Minder, Hans Schmidiger und Peter Heiniger Kostroben aus ihren Texten – und machten Lust auf mehr.

«Als wir früher am Samstag noch Schule hatten, wurde in der letzten Stunde jeweils eine Geschichte vorgelesen», sagte Verlagsleiter Thomas Herrmann zum zahlreich erschienenen Publikum. Man habe zugehört und genossen – und dieses Gefühl solle auch am heutigen «Vorläse-Namitag» aufkommen. Zum ersten Mal führte der Verlag Herrmann eine Lesung mit drei seiner Autoren durch. Sie gaben im Saal des Restaurants Hirschen, musikalisch unterstützt vom Schwyzerörgeli-Quartett Zaugg aus Trubschachen, Einblick in ihr literarisches Schaffen. So unterschiedlich in Stil, Form und Inhalt, haben die Geschichten der drei Autoren eins gemeinsam: Sie sind tief verwurzelt im Emmental.


Leidenschaftlicher Lokalhistoriker

Den Anfang machte Lokalhistoriker und Familienforscher Hans Minder. Mit seiner Kurzgeschichte «Oblivisce» entführte er die Zuhörerinnen und Zuhörer ins alte, mystische Emmental. Der Text, mit dem Minder 2017 den ersten Kurzgeschichten-Wettbewerb der «Wochen-Zeitung» gewonnen hatte, dreht sich um einen Hexer aus Trub, der über wundersame Heilmittelchen verfügt. Verworren, tempo- und spannungsreich wird die Geschichte vorangetrieben, bis am Schluss ein Vergessenszauber seine Wirkung tut. In seinem Element war Hans Minder auch, als er anschliessend von seiner aktuellen Arbeit am Eggiwiler Heimatbuch erzählte, das bald erscheinen wird. Wenn der Lauperswiler Autor sein Wissen über Familiennamen und -wappen auspackt und eine historische Anekdote an die nächste reiht, könnte man ihm lange zuhören.


Packender Erzähler

Hans Schmidiger aus Oberburg las unter anderem aus seinem allerersten Büchlein «Vo Landjeger u Polizisch­te», welches vor 20 Jahren beim Ver-lag Herrmann erschienen ist. Der damals noch als Fahnder bei der Kantonspolizei tätige Autor erzählt darin Geschichten rund um den Polizeiberuf. Am «Vorläse-Namitag» hatten die humorvollen Episoden Vorrang. Wie jene, in der sich rumspricht, dass ein «Landjäger» unterwegs sei. Jeder fragt sich, zum wem der «Tschugger» wohl will. Hat er etwa die verbotene Installation am Mäher gesehen? Oder geht es doch um den Schnaps für den Onkel? In einer anderen Geschichte streitet sich ein Paar darum, ob es an die Chilbi geht – bis sich herausstellt, dass diese eigentlich bereits letztes Wochenende stattgefunden hat. Hans Schmidiger beschreibt prägnant und haucht seinen Figuren Leben ein. Nicht zuletzt, weil er ein Könner des szenischen Erzählens ist und eindrücklich zwischen verschiedenen Stimmen wechseln kann.


Jongleur der Worte

Nicht weniger lebhaft war der Auftritt des Dritten in der Runde: Peter Hei­niger aus Oberfrittenbach. Der Slam-Poet trieb Wortspiele auf die Spitze und jonglierte mit Mehrdeutigkeiten und Sprachrhythmus. In einem Text über Fern- und Heimweh geht es um mögliche Reiseziele «Mal Maledive? Mau Mauretanie?» «Aber z Ämmitau», so der Autor, «isch wine Gummizug und immer weni wot ga, spickts mi zrügg.» Der Text «Affenhaus» erzählt von Jungen, die am Turnen sind und Alten, die nur rumsitzen. Unterhaltsam war dies – vor allem, als sich herausstellte, dass Peter Heiniger eigentlich nicht von einem Tiergehege, sondern von einem Campingplatz spricht.

12.09.2024 :: Regine Gerber (reg)