Damit alle wissen, wo es langgeht

Damit alle wissen, wo es langgeht
Eine saubere Sache: Kurt Reinhard kümmert sich um insgesamt 90 Kilometer Wanderweg mit zig Wegweisern. / Bild: Laura Fehlmann (lfc)
Sumiswald: Gelbe Wegweiser zeigen schweizweit Wander-routen, Zeiten und Meter über Meer an. Dafür, dass dies immer stimmt, sorgt im Gebiet Lüderen Kurt Reinhard. Jedes Jahr kontrolliert und wartet er die Signalisierungen auf einer Strecke von 90 Kilometern.

Beim Werkhof in Grünen parkiert Kurt Reinhard sein Auto. Er hat vor, die Signalisierungen des Wanderwegs rund um Harisberg zu kontrollieren. Reinhard öffnet den Kofferraum, dem er eine Tasche mit Werkzeugen, eine kleine Leiter und einen Stapel gelber Wegweiser sowie Rhomben entnimmt. Im Gepäck befinden sich Bürsten, Hammer, Beisszange, ein Töpfchen Farbe, ein Sack für Abfall, Klebband, Putzlappen und andere nützliche Kleinigkeiten. Der 69-Jährige ist einer von 95 Bezirksleitern der Berner Wanderwege. Nach seiner Pensionierung vor fünf Jahren übernahm er diese Tätigkeit und kennt sein Gebiet in- und auswendig. Diesmal macht er sich in Begleitung der Schreibenden auf den Weg, der sich mittels einer Treppe stotzig in die Höhe schraubt. Entsprechend oft kommt in den Flurnamen das Wort «Berg» vor. Unsere Route: Bahnhof Sumiswald Grünen – Werkhof – Harisberg – Harendegg – Jörberg – Schlossberg – Harisberg.


Gepflegt und sauber

Beim ersten Wegweiser stellt Kurt Reinhard das Leiterchen an den Pfosten, steigt hoch und entfernt mit einer Bürste Staub und Spinnweben, prüft, ob die Schrauben nicht locker sind. Dann nimmt er einen Lappen, sprüht auf alle Seiten ein Reinigungsmittel und wienert die gelbe Tafel, bis sie glänzt. «So perlt das Wasser besser ab», sagt er,
und es geht weiter. «Auf jeden Wegweiser muss nach spätestens 30 Metern ein Rhombus folgen, rechts, auf Augenhöhe, gut sichtbar», erklärt Reinhard weiter. Die Rhomben sind an Pfosten geschraubt, wo sie selten einmal gestohlen werden, oder sie sind auf Bäume gemalt. Weil Bäume in die Höhe und Breite wachsen, verziehen sich die aufgemalten Zeichen und verblassen. Auf so eines stossen wir auf unserer Runde, was für Reinhard Arbeit bedeutet: Mit einer Drahtbürste rauht er die gelbe Farbe auf, markiert den Rhombus mit Klebeband und übermalt ihn neu.


Ordnung muss sein

«Wir sind angehalten, ordentlich zu signa­lisieren», hält Kurt Reinhard fest. Als ehemaliger Mechaniker ist er ein guter, genauer Handwerker. Alles kann er auf seinen Rundgängen jedoch nicht in Ordnung bringen, weil er nicht Material für alle Eventualitäten mittragen kann. So notiert er unterwegs, was später noch gemacht werden soll. Entweder geht oder fährt er für die Aus­führung selber vorbei, bei Gröberem, etwa einer kaputten Treppenstufe oder einem gebrochenen Geländer, ist die Gemeinde zuständig. In solchen Fällen schreibt er der Gemeinde einen Instandhaltungs­antrag, in dem er genau festhält, wo es was zu tun gibt.


Selber begeisterter Wanderer

Es ist naheliegend: Kurt Reinhard wandert selber sehr gerne und ist mit seiner Ehefrau Ruth oft unterwegs, gerne auf den weiss-rot-weissen Bergwanderwegen, für die der Verein Berner Wanderwege auch zuständig ist. Für diese privaten Wanderungen ist sein Job als Bezirksleiter sozusagen das Training. Die stotzigen Emmentaler Höger beladen mit Material zu erklimmen, ist kein Zuckerschlecken. Aber Reinhard hat Spass an dieser Arbeit, und als Qualitätsleiter nimmt er es besonders genau. Um seine insgesamt 90 Kilometer Wege im Griff zu haben, trägt er auf einer Karte mit verschiedenfarbigen Pfeilen ein, wo und wann er schon war und in welcher Richtung. «Auf dem Hin- oder Rückweg sieht ein Weg völlig anders aus, deshalb muss ich jedes Jahr den Blickwinkel wechseln», sagt er. Auch das gefällt ihm. Langweilig sei dieser Job nie. Zum Schluss bringt er noch drei Wünsche an. Erstens bittet er die Wandernden, auf den Wegen zu bleiben. Zweitens hofft er auf mehr friedliche Koexistenz zwischen Velofahrern und Wanderern. Und drittens: «Es wäre toll, wenn allfällige Schäden an Schildern den Berner Wanderwegen gemeldet würden. Selber beheben kommt selten gut.» Beim Auto in Grünen angekommen, packt er das Material wieder ein. In diesem Jahr hat Kurt Reinhard bereits 85 Kilometer von 90 absolviert.

Total 65’000 Kilometer

Der Verein Berner Wanderwege wurde 1937 gegründet und ist mit 14´600 Mitgliedern die grösste Wander-Fachorganisation, die unter die Dachorganisation Schweizer Wanderwege gestellt ist. Im Kanton Bern sind die Wanderwege in vier Kreise aufgeteilt, diese wiederum in 78 Bezirke. Das Routennetz misst heute gesamtschweizerisch rund 65´000 Kilometer: gelb signalisierte Wanderwege, weiss-rot-weisse Bergwander- und blaue Alpinwanderwege sowie 50´000 Wegweiser-Standorte. Allerdings sind derzeit wegen der Schlechtwetterereignissen im Frühjahr etliche Wege gesperrt oder umgeleitet. Für Sanierungen und Reparaturen sind die Gemeinden zuständig, über deren Gebiet die Wanderwege führen.

26.09.2024 :: Laura Fehlmann (lfc)