Dieser Speicher ist nicht auf Sand gebaut

Dieser Speicher ist nicht auf Sand gebaut
Robert Hofer mit seinem Prototyp des Sandspeichers. Dieser wird mit Solarstrom versorgt und wärmt dann das Wasser des Boilers auf. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Langnau: «Wie könnte ich viel Solarenergie für trübe Tage speichern?» Diese Frage stellte sich Robert Hofer. Statt eines klassischen Akkus baute er sich einen Wärmespeicher mit Sand.

Er sei eigentlich kein besonders guter Handwerker, meint Robert Hofer. «Aber Energiethemen interessieren mich halt schon.» Energie liefern  zwei Photovoltaikanlagen (PV), mit denen beispielsweise die Luftwärmepumpe fürs Heizen und der Boiler fürs Warmwasser betrieben werden. Wenn aber über Langnau die Sonne mal drei Tage nur wenig scheint,
liefern diese PV-Anlagen zu wenig Energie, um den Boiler aufzuheizen. «Man müsste doch diese Energie irgendwie speichern können?», hat sich Robert Hofer gesagt. Von Technik hat der 71-Jährige viel Ahnung. Einst lernte er Radio-Elektriker und bildete sich dann zum Informatiker weiter. Auf seinen Recherchen im Internet stiess er auf ein finnisches Start­­up. Dessen Mitarbeiter stellten sich dieselbe Frage und ihre Antwort lautete: Man könnte die Wärmeenergie mit Sand speichern. Das Unternehmen aus dem hohen Norden setzt bei seinem Prototyp auf ein grosses Silo, das mit Sand gefüllt ist.


Einfaches Prinzip

Hofers Prototyp ist deutlich kleiner und steht auf der Terrasse hinter dem Haus. «Ich habe ein 200-Liter-Eisenfass genommen», beginnt er zu erzählen. «Dieses ist mit feinem Sand gefüllt und in der Mitte, von oben nach unten, ist ein Widerstandsdraht verlegt, der als Heizelement funktioniert.» Mit Strom versorgt wird das Heizelement direkt von 70-Volt-Solarpanels. Scheint die Sonne, heizt der Draht den Sand auf, bis das ganze Fass warm wird. Das Fass gibt die Wärme dann an einen metallenen Wasserschlauch ab, der um das Fass gewickelt ist. «Der Sandspeicher heizt so kaltes Wasser auf, das dann in den Boiler fliesst und dort gar nicht mehr erwärmt werden muss», beschreibt Robert Hofer den Vorgang. Damit die Wärme nicht entweicht, ist der Speicher von einer dicken Schicht Glaswolle und einer Aluminiumfolie umhüllt. Dass der Prototyp funktioniert, beweist ein Blick auf die Temperaturanzeige. Aussen beim Wasserschlauch

ist es noch knapp 40 Grad warm obwohl die PV-Anlage wegen regnerischem Wetter in den letzten anderthalb Tagen kaum Strom lieferte. Im Innern ist es noch deutlich wärmer. «Der grosse Vorteil von Sand ist, dass man ihn auf mehrere 100 Grad erhitzen kann – Wasser hingegen nur bis knapp 100 Grad. Daher kann man mit Sand mehr Energie speichern», erklärt Hofer. «Und das Gute ist», fügt er an, «dieser Speicher ist sehr günstig, weil alles lowtech ist.» Das ganze Material habe nur ein paar hundert Franken gekostet und der Bau sei für ihn als nicht sehr versierter Handwerker kein Problem gewesen.


Die Temperatur stets überwachen

Robert Hofer kümmert sich regelmässig um seine Anlage. Die grosse Kunst ist es, die Temperatur im In-nern zu messen und zu regulieren. Mehrere Sensoren mit verschiedenen Abständen zum heissen Zentrum zeigen die Wärme an. Ausserhalb des Fasses, dort wo das Wasser durchfliesst, darf es nicht über 100 Grad werden, sonst beginnt das Wasser zu kochen und dehnt sich gefährlich aus. «Aber das bekomme ich schon noch in den Griff», meint der 71-Jährige. Hofer denkt schon weiter. «Mein Ziel ist es, mit diesem System nicht nur das Warmwasser aufzubereiten, sondern auch so zu heizen», sagt er und zeigt auf den Terrassenboden. Im Erdreich unter diesem Boden will er eine Sandbatterie im grösseren Stil bauen. «Mit einer Anlage, die statt 200 vielleicht 15´000 Liter Sand enthält, kann man eine Menge Wärme über eine lange Zeit speichern.» Einen Bunker für so viel Sand zu bauen, sei zwar nicht günstig, meint Hofer. «Aber eine neue Wärmepumpe anzuschaffen auch nicht.» Momentan sei er auf der Suche nach einem Heizungsmonteur, der ihn bei seinem Projekt unterstützt. «Die Technik ist nicht verbreitet – noch nicht», ist Robert Hofer überzeugt. Ebenso überzeugt ist er, dass die Sandbatterietechnik ein echter Gamechanger in der schweizerischen Energiepolitik werden kann.

«Es muss absolut narrensicher sein»

Als Pionier in Sachen Energiespeicherung darf sicher Josef Jenni aus Oberburg bezeichnet werden. Schon vor Jahrzehnten begann er mit der Entwicklung von Anlagen, mit denen Solarwärme gespeichert werden kann. Er setzt aber als Speichermedium nicht auf Sand, sondern auf Wasser. Was hält Josef Jenni von Robert Hofers Anlage? «Grundsätzlich ist auch Sand als Speichermaterial eine Möglichkeit. Es werden schon seit langem Anwendungen und Versuche mit Sand oder auch Schamottsteinen als Wärmespeicher durchgeführt. Und Hofers Anlage zeigt, dass es grundsätzlich funktioniert.» Aber? «Das System ist noch nicht massentauglich ausgereift. Um damit in Serie gehen zu können, muss es absolut narrensicher sein.» Probleme würden unter anderen zwei Punkte bereiten, meint Jenni weiter: «Wie lässt sich die Temperatur im Innern sicher regulieren?» Und dann sei es nicht einfach, einen Speicher zu bauen, welcher derart hohe Temperaturen aushalte.


Interessant für Grossanlagen

Josef Jenni betont aber, dass das System vor allem für Grossanlagen über grosses Entwicklungspotenzial verfüge. «Bei 600 Grad kann Sand bei gleichem Platzbedarf im Vergleich zu Wasser die doppelte Energiemenge speichern.»

03.10.2024 :: Bruno Zürcher (zue)