Pilotversuch für den Ausrückdienst der Emmentaler Hausärzte

Pilotversuch für den Ausrückdienst der Emmentaler Hausärzte
Es kommt immer wieder vor, dass Hausärzte ausrücken müssen - zu jeder Zeit. / Bild: zvg
Emmental: Um die Ärzteschaft etwas zu entlasten, wird für den sogenannten Ausrückdienst ein neues Modell getestet. Der «normale» Notfalldienst ist von dem Pilotprojekt nicht betroffen.

Die Medienmitteilung der kantonalen Gesundheitsdirektion liess eine grössere Reform vermuten, stand doch
im Titel geschrieben: «Hausärztlicher Notfalldienst: Zusammenarbeit mit dem Spital Emmental.» 

Matthias Scheidegger, Chefarzt am Spital Emmental und Vorstandsmitglied der Ärztegesellschaft des Kantons Bern, relativiert: Das Pilotprojekt – das per 1. Oktober begonnen hat und ein halbes Jahr dauern wird –  betreffe ausschliesslich den sogenannten Ausrückdienst, welcher auch von externen Ärztinnen und Ärzten geleis­tet werden kann. «Der diensthabende Arzt erfüllt eigenverantwortlich sämtliche Aufgaben des Hausbesuchsdienstes (Ausrückdienst)», informiert die bernische Gesundheitsdirektion. Mögliche Einsätze sind die Todesfeststellung, die Verfügung der ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung, die Beurteilung der Hafterstehungsfähigkeit sowie Hausbesuche und Besuche in Institutionen.


Matthias Scheidegger, wie oft müssen die Ärztinnen und Ärzte ausrücken?

Eine genaue Zahl haben wir nicht. Dies, weil die Hausärzte diese Einsätze bisher nicht separat erfasst haben. Nach dem Pilotversuch werden wir über detaillierte Zahlen verfügen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Es sind nicht sehr viele Einsätze.


Bringt dieses Projekt den Hausärzten überhaupt eine spürbare Entlastung?

Eine gewisse Zeiteinsparung schon. Der Ausrückdienst ist zudem nicht sehr beliebt, weil man rund um die Uhr verfügbar sein muss. Dank der finanziellen Unterstützung des Kantons wird der Bereitschaftsdienst nun mit zusätzlich 700 Franken vergütet.


Sind die Ärzte für den Ausrückdienst bereits gefunden?

Für das halbjährige Pilotprojekt konnten alle Dienste vergeben werden.


Das Spital Emmental ist ebenfalls in das Pilotprojekt involviert. Welche Rolle kommt dem Spital zu?

Zum einen wird das Spital administrativ gefordert. Zum andern wird ein Raum zur Verfügung gestellt für Ärztinnen und Ärzte, welche sonst nicht in der Region tätig sind.


Kann man beispielsweise bei einem Todesfall weiterhin mit dem Hausarzt Kontakt aufnehmen?

Ja, wenn er Kapazität hat, kann er auch selber ausrücken.


Ist später eine Ausdehnung auf andere Tätigkeitsbereiche von Hausärzten möglich?

Dieses Pilotprojekt ist ein Anfang. Grundsätzlich ist jede Entlastung der Hausärztinnen und Hausärzte willkommen. Insbesondere, weil viele in den nächsten Jahren pensioniert werden.

Das Emmental als zweite Pilotregion im Kanton Bern

Gemäss dem kantonalen Gesundheitsgesetz sind alle Ärztinnen und Ärzte mit Berufsausübungsbewilligung verpflichtet, Notfalldienste zu leisten. «Aufgrund des zunehmenden Ärztemangels in der Grundversorgung verschärfen sich die Engpässe bei der personellen Besetzung der Notfalldienste», schreibt die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern (GSI) in einer Medienmitteilung. Die GSI sowie die Ärztegesellschaft des Kantons Bern haben eine Arbeitsgruppe gebildet, um Lösungsmöglichkeiten für den herrschenden Ärztemangel zu erarbeiten.


Modell bewährt sich im Oberland

Das Pilotprojekt, das nun im Em-mental gestartet ist, bewährte sich bereits im Berner Oberland, wo der Ärztliche Bezirksverein mit der Spitäler Frutigen Meiringen Interlaken AG zusammenarbeitet. «Dieses konnte nach einer sechsmonatigen Pilotphase bereits in die normalen Strukturen überführt werden», orientiert die kantonale Gesundheitsdirektion weiter. Ein diensthabender Arzt nimmt zentral vom Spital Interlaken aus (oder, wenn er in der Region wohnt, von zu Hause), den Ausrückdienst für den Perimeter des Bezirksvereins Berner Oberland wahr. Die Ärztinnen und Ärzte rechnen die von ihnen erbrachten Leistungen im Rahmen der Wochenend- und Feiertagsdienste direkt und über die eigene Zahlstellenregister-Nummer ab. «Zusätzlich wird der Bereitschaftsdienst mit 700 Franken pro Tag vergütet», schreibt die kantonale Gesundheitsdirektion weiter.

10.10.2024 :: Bruno Zürcher (zue)