Ein halbes Leben am Napf-Marathon

Ein halbes Leben am Napf-Marathon
An seiner zweiten Teilnahme 1990 gewann er in seiner Kategorie. / Bild: zvg
Laufsport: Paul Blaser wird dieses Jahr zum letzten Mal am Napf-Marathon teilnehmen. In 35 Jahren hat der leidenschaftliche Läufer keine Teil­nahme verpasst.

Paul Blaser läuft auf seiner gewohnten Strecke im heimischen Sumiswald - in blauer Regenjacke und schwar-zem Stirnband – bei herbstlichen Temperaturen und leichtem Regen. Auf dem schmalen Waldweg, über Wurzeln, Stock und Stein, absolviert er eine weitere Trainingseinheit für den diesjährigen Napf-Marathon, welcher am 13. Oktober stattfinden wird. Der heute 70-Jährige ist kein Neuling. Er kennt die über 42 Kilometer lange Strecke mittlerweile wie seine Westentasche. Was kein Wunder ist, denn er gehört schliesslich zu den Pionieren. Er ist von Anfang an dabei und hat in den 35 Jahren keinen Lauf verpasst. Selbst ein gebrochenes Handgelenk nach einem Quad-Unfall vor einigen Jahren konnte ihn nicht davon abhalten, am Lauf teilzunehmen. «Ich konnte zwar nicht richtig trainieren, bin aber trotzdem an den Start gegangen. Klar, meine Zeit war sicher nicht die Beste, so hatte ich fünf statt den gewohnten drei Stunden für die gesamte Strecke», erinnert sich Blaser.


Seit Tag eins erfolgreich dabei

Im Jahr 1989 wurde der Napf-Marathon zum ersten Mal durchgeführt. «Für mich als Emmentaler war klar, dass ich dabei sein werde.» Der erste Lauf ist ihm dabei besonders in Erinnerung geblieben. «In Trubschachen regnete es in Strömen und auf dem Napf hatte es sogar geschneit», erinnert sich Blaser. Der leidenschaftliche Läufer konnte in seiner Karriere am Berg-Marathon im Napfgebiet grosse Erfolge feiern. Bereits bei seiner ersten Teilnahme erreichte er den zweiten Platz in seiner Kategorie, ein Jahr später sogar den ersten Rang. Die Teilnahme ist für Blaser eine Herzensangelegenheit, nicht nur wegen der Verbindung zur Region. «Es ist der schönste Marathon der Schweiz. Die Strecke, die Atmosphäre und vor allem die Aussicht auf die Alpen ist herrlich», schwärmt Blaser. Auch die familiäre Stimmung ist für ihn ein Grund, jedes Jahr wieder anzutreten. Man kennt sich in der Läufer-Szene, aber mittlerweile ist er auch mit vielen Helferinnen und Helfer an den Streckenposten per du. «Ich halte an jedem Posten kurz an, um mich für das Engagement zu bedanken. Sie machen einen grossartigen Job.»


Eine Ära geht zu Ende

Dieses Jahr wird Paul Blaser das letzte Mal am Lauf teilnehmen. 35 Jahre Napf-Marathon – sein halbes Leben war er immer dabei. «Ich bin immer noch topfit, habe keine Verletzungen, wofür ich dankbar bin.» Viele seiner Freunde, mit denen er trainierte oder teilnahm, sind heute alters- oder verletzungsbedingt nicht mehr dazu in der Lage. «Ich bin noch der letzte Mohikaner, der dabei ist.» Aber auch an ihm ist die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen. Trotz guter Gesundheit hatte er in den letzten Jahren immer wieder mit Krampferscheinungen zu kämpfen. «Besonders am letzten Lauf 2023 war es sehr schlimm. Ich wollte nur noch aufgeben, aber habe es dann doch durchgezogen. Dies war ein Zeichen für mich, vielleicht ein wenig kürzer zu treten.» Der letzte Napf-Marathon, das letzte Mal an den Start gehen. Paul Blaser will es noch einmal wissen, auch wenn er es dieses Jahr eher gelassen nehmen wird. Nach seiner Trainingseinheit sitzt er bei sich zu Hause am Esstisch. Viele Erinnerungen in Form von Fotos und Zeitungsausschnitten liegen vor ihm. Zufrieden und doch ein wenig wehmütig vor dem letzten Lauf am Napf-Marathon - diesen Sonntag geht eine Ära zu Ende.

10.10.2024 :: Pascal Lehmann (ple)