Tamara Wüthrich mit ihren Sägemehl-Lampen. / Bild: Beatrice Keck (keb)
Langnau: Zum 9. Mal öffneten 19 Künstler und Künstlerinnen ihre Ateliers. Die Vielfalt der ausgestellten Werke und die Kreativität, mit der sie erschaffen wurden, beeindruckten.
Lampen aus Sägemehl; das macht neugierig. Tamara Wüthrich, die Erfinderin dieser Lampen, erklärt, was es damit auf sich hat. «Ich arbeite gerne mit Holz», erläutert sie. «So sind bereits Puppenhäuser, Kindermöbel und vieles mehr entstanden. Im Rahmen meiner Weiterbildung zur Gestaltungspädagogin kam ich auf die Idee, auch mit dem Abfall, dem Sägemehl, etwas herzustellen.» Das Sägemehl vermischt sie mit Mehl und Wasser und einer Geheimzutat, wie sie mit einem Schmunzeln sagt. Daraus entsteht eine Art Teig, den sie über runde oder ovale Formen pflastert. Sobald der Teig trocken ist, entfernt sie die Hilfsformen. Den so entstandenen Lampenschirm befestigt sie auf einem Sockel, den sie selber töpfert. Neben den Lampen hat Tamara Wüthrich Schmuckstücke aus Steinzeug-Ton ausgestellt. Sie sind in der Raku-Technik gefertigt, was in der Glasur eine ganz eigene Rissbildung erzeugt. Das Erstaunliche dabei ist, dass die Schmuckstücke in einem speziellen Behältnis in der Mikrowelle auf 900 Grad erhitzt werden.
Sich windende Filzobjekte
Mit Wolle arbeitet die Filzerin Violette Amendola. Sie sei Organistin, berichtet sie, und das Musizieren erfülle sie. Aber nach dem Spielen sei die Musik fort. In einem Schaufenster in der Stadt Bern habe sie zufällig zwei Ketten aus Filzbällchen gesehen; eine in Rot- und eine in Blautönen. «Ich war sofort fasziniert, und während ich mir überlegte, welche ich mir kaufen möchte, kam eine Dame hinzu. Sie betrachtete die Ketten ebenfalls und plötzlich meinte sie: ‹Je prends les deux.› In diesem Moment sagte ich mir, dass ich mir sowas selber mache.» So begann sie mit ihrer Filzkarriere, um neben dem Musizieren etwas zu gestalten, das sie am Schluss in den Händen halten kann. Sie hat sich dabei auf Objekte spezialisiert. So ahmt sie mit ihren Unikaten Formen der Natur nach oder baut tierische Elemente wie Haare des afrikanischen Stachelschweins mit ein. Ihre eigene Erfindung ist die Girotondo: Objekte, die in Spiralen und Runden sich winden, sich kehren und wiederkehren, sich umkreisen und drehen wie ein Lebenslauf. Diese wurden auch im Ausland ausgestellt.
Aus der Natur schöpfen
Die Objekte von Violette Amendola sind im Atelier der Malerin Regine Ramseier ausgestellt. Ramseier zeigt grossflächige monochrone Bilder, die Wasser oder auch Himmel darstellen könnten. Sie sagt von sich: «Ich wandere in Farben. Ich denke in Farben. Ich bin neugierig und schöpfe aus der Natur.» Ins Auge stechen ihre Insekten, die sie aus filigranen Blättern, Pflanzenteilen und feinen Ästchen gestaltet hat. Die Arbeiten der beiden Künstlerinnen harmonieren auf eine wunderbare Weise miteinander.
Verschiedene Materialien verweben
Ganz anders sieht es im Atelier von Marianne Jörg aus. Der schöne, alte Holzschober ist gefüllt mit Pflanzen, Objekten verschiedenster Art, einem alten, bemalten Schrank und den in leuchtenden Farben gehaltenen, gewobenen Stoffen. Marianne Jörg arbeitete lange als Betreuerin und Weberin im Werkatelier Bärau. Durch den Blindenverband kam sie in Kontakt mit einer blinden Dame, die bis zu ihrer Pensionierung für die Leinenweberei Sänger, Langnau, als Weberin gearbeitet hatte. Seit mehr als 20 Jahren arbeiten die beiden Frauen nun zusammen. Marianne Jörg bereitet die Webstücke, den Zettel, vor und die blinde Dame webt dann die wunderschönen Stücke zu ganzen Tüchern. Marianne Jörg kann sich dank dieser Zusammenarbeit auf ihre Leidenschaft, das gestalterische Weben mit unterschiedlichsten Materialien, konzentrieren.
«Ghüder» verarbeiten
Auch Vre Stalder arbeitet mit Naturmaterialien. «Ich verarbeite ‹Ghüder› und betreibe Naturrecycling», erklärt sie. In der Tat: Ihre aussergewöhnlichen Werke sind Collagen aus Pflanzenteilen, Wurzeln aller Art, Schneckenhäusern, Mohnkapseln, Palmenhaaren oder auch Meeresalgen. Letztere wäscht sie vorerst mehrmals in der Waschmaschine, bevor sie sie dann zu aussergewöhnlichen Objekten verwebt. Da sie auch die Sprache liebt, schenkt sie jedem ihrer Werke einen phantasievollen Titel.