Alles begann mit fünf Kindern in einem Wohnzimmer

Alles begann mit fünf Kindern in einem Wohnzimmer
Danielle Lemann, Hane Lory, Gudrun Utzinger, Elsbeth Matti, Werner Kuhlmann und Susanne Marienfeld: Sie prägten 40 Jahre Steienrschule Langnau mit. / Bild: Regine Gerber (reg)
Langnau: Seit 40 Jahren besteht in Langnau eine Rudolf-Steiner-Schule. Fünf Personen, die eng mit deren Entwicklung verbunden sind, schauten an einer Podiumsdiskussion zurück.

Vieles hat sich in den letzten 40 Jahren verändert. Zum Beispiel die Schülerzahlen: Begonnen hat die Rudolf-Steiner-Schule Oberemmental, wie sie damals hiess, im Frühling 1984 mit fünf Kindern. Unterrichtet wurde in einem Langnauer Wohnzimmer. Ein Jahr darauf kaufte die Schule ihre heutige Liegenschaft an der Schlossstrasse. Aktuell gehen knapp 100 Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Emmental vom Kindergarten bis zur 9. Klasse hier zur Schule. 

Im Rahmen verschiedener Veranstaltungen zum 40-Jahr-Jubiläum fand im Kellertheater eine Podiumsdiskussion statt: Fünf Personen, welche die Schule mitgeprägt haben, teilten ihre Erinnerungen und Geschichten. Moderiert wurde das Gespräch von Lehrerin Susanne Marienfeld.


Hohe Ideale und Krisenzeiten

«Wir hatten hohe Ideale und haben uns damit oft überfordert», sagte Hane Lory, einer der Schulgründer.  In den Anfangszeiten seien die Diskussionen um die Steiner-Pädagogik oft dogmatisch gewesen. Lory schilderte auch den Umbau der Wohnung, in welcher die Schule eröffnet wurde. Der Schulinspektor sei ihnen wohlgesinnt gewesen und habe bei der Prüfung der Räumlichkeiten ein Auge zugedrückt. «Es war eine Pionierphase, die neun Jahre andauerte», bestätigte Danielle Lemann, die unter anderem bis vor zwei Jahren als Schulärztin engagiert war. Jedes Jahr sei die Schule um eine Klasse erweitert worden. Später hätten schwankende Schülerzahlen sowie Finanzierungsschwierigkeiten mehrmals zur Frage geführt, ob die Schule überleben könne. In einer solchen Krise wurde Elsbeth Matti an Bord geholt. Die ehemalige Langnauer Gemeinderätin und Lehrerin an der öffentlichen Schule hatte sich gerade eine berufliche Auszeit genommen, als sie angefragt wurde, ob sie mithelfen würde, für die Steinerschule Geld zu beschaffen. «Ich benötigte aber eine offizielle Funktion, also wurde ich Schulleiterin», erzählt Matti. Später sei ihr Sekretariat zum Ort des Austausches geworden. Gudrun Utzinger nahm als ehemalige Lehrerin und Schulmutter am Podium teil. Schulmütter und Schulväter werden alle Eltern genannt, deren Kinder die Steinerschule besuchen. Utzinger kam ins Schwärmen, als sie von den vielen Ereignissen und Festen erzählte, die sie mitgestaltet hatte. «Es war für mich nie ein Muss, sondern immer mit viel Lust verbunden», sagte sie über die Elternmitarbeit, die an Rudolf-Steiner-Schulen ein wichtiger Bestandteil ist. Etwas pragmatischer drückte es Werner Kuhlmann, ehemaliger Schulvater, aus. Mit mehreren Kindern sei die Familie rund 16 Jahre an der Schule aktiv gewesen. «Wir haben unzählige Kuchen gebacken, sie an Basaren verkauft und schliesslich auch noch für die eigenen Bachwahren bezahlt, erzählt er lachend und fügt an: «Wir haben uns bemüht, die Schule mitzutragen.»


Zunehmende Vernetzung

Einig war man sich, dass sich die Schule in den letzten Jahrzehnten geöffnet habe. Früher, als noch ein Bretterzaun das Gelände umgab, sei die Schule noch eher eine geschlossene Gesellschaft gewesen. «Die Verbindung gegen aussen fehlte», meinte eine Zuhörerin. Heute sei der Zaun abgerissen und die Schule durch viele Berührungspunkten ein selbstverständlicher Teil der Gemeinde geworden. «Und die Vernetzung wächst von Jahr zu Jahr», schloss die Moderatorin das Podium.

Rudolf-Steiner-Schule in Lagnau

Die Steinerschule befindet sich mitten in Langnau. Nebst dem Gebäude an der Schlossstrasse 6 gehören auch die Villa hinter dem Schulhaus sowie seit 2020 Räume im angrenzenden Gebäude der Berner Kantonalbank zur Schule.

Die Privatschule hat einen Leistungsvertrag mit dem Kanton Bern. «Wir vermitteln eine ganzheitliche Bildung, bei der Kinder und Jugendliche in ihrem Denken, in ihrer körperlichen Entwicklung und in ihrem Empfinden angeregt werden», heisst es in einer Mitteilung. Das Schulgeld wird nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Eltern berechnet. Der Mindestbeitrag beträgt 500 Franken pro Monat. Langnau ist ein Standort der Steiner-Schule Bern Ittigen Langnau. Die Fusion mit den Berner Schulen erfolgte 2009. Im Kanton Bern gibt es aktuell sechs Standorte von Steinerschulen. Kindergärten und Spielgruppen gibt es noch etliche mehr. Im Gebiet der «Wochen-Zeitung» ist Langnau der einzige Schulstandort.

24.10.2024 :: Regine Gerber (reg)