Es gab eine Zeit, da ernteten Menschen, die in den Sozialen Medien ihre glücklichsten Momente teilten, Skepsis und Spott. Beliebtester Kommentar: Wen interessierts? Und überhaupt bestehe so ein Leben doch nie bloss aus dampfendem Tee (#happymoment), vollgekritzelten Notizbüchern neben offenem Laptop im hippen Café (#writerslife), lustigen Abenden in schicken Restaurants (#goodfoodgoodfriends), strahlenden Kindern in Matschpfützen (#happyfaces), atemberaubenden Aussichten (#homewithaview) und erst recht nicht aus einem Potpourri im gedimmten Spa-Licht (#metime). Über diese Szenen sei im Minimum ein Filter geschmissen worden, denn Leute, die ein so idyllisches Leben lebten, gebe es nicht. Nicht auf DIESER Welt, moserte man und wandte sich lieber wieder dem tristen Alltag zu. Kürzlich fiel mir auf, dass ich schon lange keine derartige Nörgelei mehr hörte. Im Gegenteil: Mir scheint, man geniesse es, sich zum Runterfahren durch eine Wand der Gemütlichkeit zu scrollen, an den positiven Erlebnissen anderer selbst ein Stück zu wachsen und ganz nebenbei die eine oder andere Einrichtungsidee abzuspeichern. Wer schöne Momente zu feiern weiss, geniesst mehr und mehr den Status einer Inspirationsquelle und wird seltener der Schummelei beschuldigt. Meine Schlussfolgerung: Wir wollen daran glauben, dass ein zufriedenes Leben möglich ist. Dass sich das Vertrauen darauf und das Wahrnehmen von Krisen nicht ausschliessen. Halleluja, entfährt es mir da, das schamlose Romantisieren ist endlich salonfähig! Und ich bin nicht mehr allein damit, Genuss in trüben Zeiten und Happy Ends als plausible Form der Geschichtsbeendigung zu verteidigen. Die Welt der Lustvollen war ja schon immer mein bevorzugtes Habitat. Dass ich darin nicht selten Menschen traf, die objektiv gesehen nur wenig Grund zum Geniessen hatten, überzeugte mich auf Anhieb von diesem Konzept. Betrogene, Verlassene, Kranke, von Ängsten Geplagte - sie lehrten mich, wie elementar wichtig es ist, durchzuatmen und sich die Freude am Schönen nie, nie, nie verderben zu lassen. Ist sie doch der Sinn des Lebens und die friedlichste Form von Protest gegen destruktive Kräfte. Ich weiss, ich bin eine elende Kitschtante. Aber hey, es ist Advent, und wenn ich meinen von Zufriedenheit triefenden Instagram-Account schon nicht vor das Langnauer Amtshaus stellen kann, dann empfehle ich euch zumindest: Bleibt mal abends vor dem Tannenbaum stehen, denkt an meine Worte und romantisiert das Romantisieren.